Ein Cowboy zum Verlieben: In einer zärtlichen Winternacht (German Edition)
Füße, das einzige, große Fenster war mit Eisblumen bedeckt. Das silberne Leuchten deutete darauf hin, dass der Mond sich hinter den schneebeladenen Wolken hervorgekämpft hatte – vielleicht war der Sturm schon vorbei.
Juliana schlich lautlos auf und ab, bis der Raum sich allmählich erwärmte, dann angelte sie Clays zerknitterten Brief aus der Tasche ihres Morgenmantels. In dem Lebensmittelladen war sie zu verzweifelt gewesen, um das Schreiben zu Ende zu lesen. Jetzt, hellwach im Haus dieses wohltätigen Fremden, glättete sie das Papier mit der flachen Hand.
Da sie keine Lampe anzünden wollte, um die Kinder nicht zu wecken, die so friedlich in ihren Federbetten schliefen, kniete Juliana sich neben das Feuer, öffnete die Ofentür wieder einen Spalt und las im Licht der flackernden Flammen den Rest des Briefs.
Bald wirst du sechsundzwanzig, Juliana, und bist noch immer unverheiratet. Nora und ich machen uns natürlich große Sorgen um dein Wohlergehen, ganz zu schweigen von deinem guten Ruf …
Juliana musste sich mit aller Macht zwingen, den Brief nicht wieder zu zerknüllen und direkt ins Feuer zu werfen.
Clay fuhr in seiner typischen direkten Art fort, zu erklären, dass sie sich für ein Leben in Einsamkeit und Altjungfernschaft entschieden hätte und für einen Skandal sorgen würde, wenn sie weiterhin fernab ihrer Familie lebte. Er fragte sich, welches Beispiel sie damit für ihre kleine Nichte Clara abgab.
Der Brief schloss mit dem unmissverständlichen Befehl, nach Denver zurückzukehren und im Haus ihres Bruders ein Leben „in Bescheidenheit und Ehrfurcht“ zu führen.
Kein zärtliches Wort. Unterschrieben hatte er mit:
Es grüßt C. Mitchell
.
„C. Mitchell“, wisperte Juliana. „Nicht Clay. Nicht dein Bruder. Nein, C. Mitchell.“
Sie faltete den Briefbogen sorgfältig zusammen, hielt ihn einen Moment in der Hand und schleuderte ihn dann in den Ofen. Ausdruckslos starrte sie die orangenen Flammen an, die das Papier wellten und die Ecken schwärzten. Ihre Augen wurden durch die heiße Luft trocken und brannten. Zwischen ihr und Clay konnte es keine Versöhnung geben.
Sosehr sie ihren Bruder noch immer liebte – denn irgendwo hinter dieser harten Fassade musste der Junge von früher stecken –,
konnte
sie einfach nicht nach Hause fahren. Natürlich würde sie die kleine Clara und deren Bruder Simon gern einmal kennenlernen. Und Nora hatte sie immer gemocht, diese gutherzige Frau, die niemals die absolute Autorität ihres Ehemannes anzweifelte. Doch Clay würde Juliana wie eine arme Verwandte behandeln, ihr ein paar Pennys abzählen, damit sie sich ein Paket Haarnadeln kaufen konnte, jede ihrer Handlungen beobachten und kritisieren und sie am Abendbrottisch mit den Blicken niederzwingen, wenn sie es wagte, eine eigene Meinung zu äußern.
Nein! Unter diesen Umständen konnte sie keinesfalls nach Hause zurückkehren. Damit würde sie sich endgültig und vollkommen geschlagen geben, und all ihre Lebenslust würde langsam verdorren.
„Missy?“ Das kam von Daisy. Das Kind konnte Julianas Namen nicht aussprechen und nannte sie immer so. „Missy, bist du da?“
„Ich bin hier, Liebling“, versicherte Juliana ihr leise, schloss die Ofentür und stand wieder auf. „Ich bin hier.“
Das allein reichte dem Mädchen, es drehte sich mit einem leisen Murmeln zur Seite und fiel wieder in tiefen Schlaf.
Trotz des Feuers war es noch immer kalt im Raum. Schnell kletterte Juliana zurück ins Bett und zog zitternd die Bettdecke und die ausgebleichten Quilts bis ans Kinn.
Billy-Moses bewegte sich unruhig und verkrallte sich wieder in ihrem Nachthemd.
Daisy kuschelte sich ebenfalls fest an sie.
Juliana starrte zur Decke hinauf, betrachtete den Tanz der Schatten und dachte weiter über die Kinder nach. Irgendwann würde es ihr gelingen, Joseph und Theresa mit dem Zug zu ihrer Familie in North Dakota zu schicken.
Aber was war mit Billy-Moses und Daisy? Sie konnten nirgendwohin gehen außer in ein Waisenhaus oder eine sogenannte „Schule“.
In optimistischeren Momenten glaubte Juliana manchmal daran, ein freundliches Paar zu finden, das diese klugen, schönen Kinder mit Begeisterung adoptieren würde.
Aber dies war kein optimistischer Moment.
Die Armut grassierte unter den Indianern, viele konnten ihre eigenen Kinder nicht ernähren und schon gar nicht die verlorenen Schafe, die „Herumtreiber“, wie Clay und andere sie gern nannten.
Eine Träne lief über Julianas Wange und kitzelte
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