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Ein delikater Liebesbrief

Ein delikater Liebesbrief

Titel: Ein delikater Liebesbrief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eloisa James
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gegründet hatte. Jedes gestandene Mannsbild im Dorf und in der Umgebung wusste ganz genau, dass dieser Verein nichts anderes als Ärger bedeutete.
    Slope nahm seiner Herrin die Pelisse ab und reichte ihr gleichzeitig ein frisch gewaschenes Taschentuch.
    »Danke, Slope«, sagte sie zerstreut.
    »Soll der Tee im Salon serviert werden, Madam?«
    »Ich glaube, ich möchte jetzt in die Kinderstube gehen, Slope.«
    »Vielleicht finden Sie Lady Henrietta dort vor«, sagte der Butler ein wenig steif. Seiner Ansicht nach verstieß es gegen die guten Sitten, wenn erwachsene Menschen sich ständig in der Kinderstube aufhielten. Kinder gehörten in die Kinderstube und Erwachsene in den Salon. Mr Darby war ihm bei seiner Ankunft im Hause als Inbegriff von Sitte und Anstand vorgekommen. Doch mittlerweile hatte er die irritierende Angewohnheit entwickelt, zu allen möglichen und unmöglichen Zeiten die Kinderstube aufzusuchen.
    »Soll ich anfragen lassen, ob die Kinder Ihnen beim Tee im Salon Gesellschaft leisten, Madam?« Diese Lösung schien ihm die weitaus bessere zu sein.
    »Ich werde sie selbst fragen, Slope.«
    Kopfschüttelnd sah er Lady Rawlings nach, die sich die Treppe hinaufmühte. Neumodische Sitten sagten ihm durchaus nicht zu. Und ständig die Kinderstube aufzusuchen – wenn das nicht neumodisch war, was dann?
    Abgesehen natürlich von Mrs Slope, die tatkräftig an ihrem persönlichen Fortschritt arbeiten würde, wenn er selbst sie nicht daran hinderte.

19
    Mein Bruder Simon
    »Ich bin gekommen, um mich bei dir zu entschuldigen, Josie.«
    Das kleine Mädchen schaute auf – sprachlos. Es war noch niemals vorgekommen, dass sich jemand bei ihr entschuldigte, es war immer genau umgekehrt gewesen.
    Doch da stand Lady Henrietta, rang die Hände und schaute sie mit schuldbewusster Miene an. Hätte Josie sich je einmal in einer solchen Situation gesehen, dann hätte sie nun erkannt, dass Lady Henriettas Gesichtsausdruck ihrem eigenen nicht unähnlich war.
    »Es war sehr unrecht von mir, dir ein Glas Wasser über den Kopf zu schütten. Ich habe einfach die Geduld verloren.«
    Mit dieser Gefühlsregung kannte sich Josie bestens aus. Ihrem ehemaligen Kindermädchen Miss Peeves war oft genug der Geduldsfaden gerissen, wofür sie stets Josie die Schuld gegeben hatte. Ohnehin pflegte Miss Peeves zu behaupten, dass Josie ein teuflisches Temperament besäße und den entsprechenden Charakter dazu. Sie wich also vorsichtshalber einen Schritt zurück, falls Lady Henrietta sie wegen ihrer Ungezogenheit schlagen wollte.
    Doch es breitete sich lediglichSchweigen aus. Josie sagte nichts, einfach aus dem Grund, weil sie nicht wusste, was sie in einer solch ungewohnten Situation erwidern sollte.
    Lady Henrietta beugte sich zu dem Mädchen herab und sagte sanft: »Ich weiß, dass ich dich schrecklich gekränkt habe, Josie. Ob du mir wohl verzeihen kannst?«
    Josie überlegte kurz. »Ich bin eigentlich auch schrecklich aufbrausend«, erwiderte sie und fügte ein unsicheres »Mylady« hinzu.
    Lady Henriettas Lächeln wärmte Josies Herz. »Wie großzügig von dir, mir so etwas zu gestehen. Magst du nicht Henrietta zu mir sagen? Menschen, die ein aufbrausendes Gemüt besitzen, sollten sich mit Vornamen anreden, finde ich.« Sie sah sich im Zimmer um, dessen Wände mit kunterbunten Entchen dekoriert waren. Esme hatte es offenkundig für die Geburt ihres Babys renovieren lassen. »Das ist aber eine hübsche Kinderstube, findest du nicht? Gefällt es dir hier?«
    Josie nickte heftig. Das Leben von Miss Josephine Darby hatte eine erhebliche Wendung zum Besseren erfahren, seit sie bei Tante Esme wohnten.
    »Tante Esmes Kindermädchen ist auch sehr lieb.« Die Kinderfrau roch meistens nach Zimttoast, Josies Lieblingsduft. »Und Anabels Spucken macht ihr gar nichts aus.«
    »Das ist doch ein Zeichen wahrer Vornehmheit, meinst du nicht auch?«
    »Und mein Bruder Simon kommt mich auch besuchen. Als wir früher auf dem Land gewohnt haben, hat er mich nie besucht. Heute Morgen haben wir sogar mit Zinnsoldaten gespielt!«
    Simon ? dachte Henrietta. Ich habe glatt vergessen, dass Darbys Vorname Simon lautet.
    Lady Henrietta machte ein sehr merkwürdiges Gesicht und Josie dachte, dass sie ihr vielleicht nicht glaubte. »Er hat genau da gekniet«, sagte sie mit Nachdruck und zeigte mit dem Finger auf die Stelle, »und mir gezeigt, wie man Bataillone bildet und die Soldaten aufstellt. Dann ist er ein bisschen brummig geworden – so hat es die Kinderfrau

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