Ein delikater Liebesbrief
der Dorfschenke gehört. Soll ich dir noch eine Strophe vorsingen?« Und ohne ihre Antwort abzuwarten, fuhr er fort: » Meine Herrin ist der strahl’nde Mond. Ach, könnt’ ich sie gewinnen! «
Esme hielt sich die Ohren zu. »Ich will’s gar nicht wissen«, stöhnte sie.
» Nie wandelt sie, außer in der Nacht …« Er löste sich vom Baumstamm und trat nahe an sie heran. »… da birgt sie ein’ Mann herinnen .«
»Das ist widerwärtig!«
»Welcher Teil?«, fragte er unschuldig. »Die Stelle, wo er wünscht, er könnte seine Herrin für sich gewinnen, oder ihre nächtliche Beschäftigung?«
»Die ganze Strophe! Hast du nichts Besseres zu tun, als derbe Zoten zu singen, die du im Dorfkrug gelernt hast? So etwas hättest du niemals gesungen, bevor du Gärtner wurdest!«
Selbst seine Augen lachten. »Wohl wahr. Und Sie haben recht, Mylady. Ich muss mich jetzt wieder an die Arbeit machen.« Er zog kurz die Mütze und kehrte ihr den Rücken zu, um sich dem nächsten Zweig zu widmen.
»Wer hat dir eigentlich aufgetragen, mitten im Winter Obstbäume zu beschneiden?«, fragte sie argwöhnisch.
Er zuckte die Achseln. »Niemand, aber diese Bäume sind so lange nicht beschnitten worden, dass es wohl kaum viel ausmacht.« Er reckte die Arme, um an einen Ast hoch über seinem Kopf zu gelangen.
Esme schaute einen Moment schweigend zu, doch dann ertappte sie sich dabei, dass sie in Wahrheit in den Anblick seines Oberkörpers vertieft war, der sich von den Schultern zur Taille hin verjüngte. Die derben Gamaschen, die er trug, brachten seine kräftigen Schenkel bestens zur Geltung.
Ihre Wangen brannten, als sie sich ihrer Wünsche bewusst wurde. Rasch schlug sie die Kapuze hoch, doch in diesem Augenblick fiel ein weiterer abgeschnittener Ast zu Boden, und Sebastian drehte sich zu ihr um.
Er hatte immer schon in ihr lesen können wie in einem offenen Buch. Langsam, aber mit der Sicherheit, die all seine Bewegungen auszeichnete, kam er auf sie zu. Er streckte die Arme aus, legte seine Hände auf ihre Taille und zog sie langsam zu sich heran.
Sebastian hielt inne, als die Schwellung ihres Leibes seinen Bauch berührte. Esme sah ihm unverwandt in die Augen. Sie wusste, wenn sie wegschaute, würde sie wieder daran denken, wie … und das wollte sie nicht denken.
Er senkte den Kopf und sein Mund berührte ihren ganz sanft. Seine Lippen waren warm und weich. Nicht fordernd.
Eine Hand berührte federleicht ihren Bauch. »Ich wünschte, dies wäre unser Kind, Esme«, sagte er an ihrem Mund.
»Ist es aber nicht!«, stieß sie hervor.
Dennoch wich sie nicht zurück. Dann spürte sie wieder seinen Mund, und wie immer bewirkte diese leichte Liebkosung ihrer Lippen, dass sie schwach wurde, dass ihre Entschlossenheit ins Wanken geriet.
Sie wollte zurückweichen, sie wollte es wirklich! Doch sie tat es nicht. Ihr Mund öffnete sich, nicht weil er es verlangte, sondern weil sie sich erinnerte. Sie erinnerte sich noch genau daran … Ihn zu schmecken war wie der Himmel auf Erden.
Ihre Zungen fanden einander und mit einem Mal wurden Esmes Träume lebendig. Sie hatte so viele Spielarten dieser einzigen Liebesnacht mit Sebastian geträumt, dass sie nun das Gefühl hatte, ihn schon jahrelang zu kennen. So einfach war das. Sie küssten sich mit tiefer Vertrautheit und dem heftigen Verlangen Liebender, die eine monatelange Trennung durchlitten hatten. Sebastian streichelte sie, als würde er jede Faser ihres Körpers kennen, als hätte er jahrelang geübt, um sich auf ihre Gelüste einzustimmen.
Esme zitterte an seiner harten Brust. Eine seiner großen Hände schlüpfte in ihre Pelisse und schloss sich um ihre Brust. Sie bog sich ihm entgegen.
Sebastian sagte nichts weiter als ihren Namen, doch seine Stimme, die sonst so beherrscht und kultiviert war, klang rau und belegt. Mit jenen zwei hervorgestoßenen Silben offenbarte sich eine wertvolle Erkenntnis. Plötzlich begriff Esme, dass es gar nicht so schlimm war, an Gewicht zugenommen zu haben. Natürlich wurde man in der Schwangerschaft rundlicher und auch ihr Busen war fülliger geworden. Doch erst jetzt, als sie spürte, wie sehr Sebastian die Berührung ihrer üppigen Brust erregte, konnte sie diesem Umstand auch etwas Positives abgewinnen.
Sie schmolz in seiner Umarmung dahin, als gäbe es kein Kind in ihrem Bauch, als küssten sie einander im Schlafgemach. Er küsste sie nun hart und fordernd, seine Hände strichen über ihre Brüste und sandten Flammen durch ihren ganzen
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