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Ein Dicker Hund.

Ein Dicker Hund.

Titel: Ein Dicker Hund. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Fortbewegungsmittel in London.« Es wurde ein höllischer Abend. Timothy betrank sich, half nach dem Essen nicht beim Spülen und redete die ganze Zeit von der City, Aktien und Wertpapieren, über Themen also, die die anderen nicht im mindesten interessierten. Am schlimmsten war, daß er Henry daran hinderte, von seinem Sabbatjahr zu erzählen.
    »Lieber Gott, du siehst doch, was er für ein Ekel ist«, sagte Victor auf der Treppe, als er sich endlich ins Bett rettete. »Ich ertrag die Vorstellung einfach nicht, daß er noch einen Tag bleibt. Dann laß ich mich zu einer Verzweiflungstat hinreißen.«
    »Keine sehr angenehme Kreatur«, pflichtete ihm Henry bei und ging nachdenklich auf sein Zimmer im ersten Stock. Der arme alte Onkel Victor wurde auch nicht jünger, und es war schrecklich, daß er um des lieben Friedens willen diesen grauenhaften Yuppie in seinem Haus ertragen mußte. Unten hatte Timothy den Fernseher aufgedreht. »Das ist zuviel«, murmelte Henry und ging wieder nach unten, um das Gerät etwas leiser zu stellen. Er ertappte Timothy dabei, wie er sich aus einer Dose von Victors geliebtem Perth- Tabak bediente.
    »Den hat er übrigens speziell für sich herstellen lassen«, sagte Henry.
    »Schon, aber er merkt es gar nicht. Er ist zu alt dafür. Ehrlich, er tut mir leid«, behauptete Timothy. »Er war mal ein lustiger Zeitgenosse, jedenfalls sagen das manche Leute, aber jetzt kommt er mir verflucht griesgrämig und alt vor. Willst du auch was haben?«
    »Ich glaube nicht«, sagte Henry, nahm die Dose aber trotzdem an sich. Und dann sah er eine Stunde lang fern und lauschte Timothys Geschwätz. Als Henry Gould schließlich auf sein Zimmer ging, hatte er ein paar feste Ansichten entwickelt, von denen er selbst die wohlwollendste nur ungern in Worte gefaßt hätte. Als er morgens nach unten kam, war sein Onkel schon auf und machte sich etwas Toast und Kaffee. »Ich dachte mir, ich bin besser früh auf den Beinen, bevor er sich herabläßt, uns mit seiner Gegenwart zu beglücken«, sagte Victor. »Ich muß schon sagen, er hat in dem anderen Zimmer eine ziemliche Sauerei hinterlassen, und es sieht so aus, als hätte er den Whisky weitgehend niedergemacht. Hoffentlich ist er dadurch eine Weile aus dem Verkehr gezogen. Wir könnten auf dem Küstenweg Spazierengehen und im Riverside Inn zu Mittag essen.«
    Henry schaute aus dem Fenster auf den frischen Sommertag. Er und Onkel Victor würden sich nun trotz allem amüsieren. Nach dem Frühstück zogen sie los, und kurz bevor sie aufbrachen, ging Henry nach oben in sein Zimmer, nahm die Dose Old Perth Special Mixture mit runter und stellte sie neben das Fernsehgerät. Vielleicht funktionierte sein Plan nicht, aber falls doch, wäre Timothy Bright selber schuld daran.

4
    Als sie zum Tee nach Pud End zurückkamen, war es später Nachmittag. Timothy Bright flegelte sich vor dem Fernseher herum. Auf dem Küchentisch lagen noch die Reste seines Brunchs, und er hatte sich offenbar eine Dose echten Belugakaviar genehmigt, die er in der Speisekammer entdeckt hatte. Allerdings schien er es nicht zu bereuen, war nicht einmal dankbar.
    »Wo seid ihr gewesen?« fragte er beinahe ungehalten. »Ich war den ganzen Tag allein hier.«
    Henry griff ein, bevor sein Onkel explodierte. »Wir haben einen sehr ausgedehnten Spaziergang unternommen. An der Steilküste entlang«, sagte er. Timothy entging die Anspielung.
    »Warum habt ihr mich nicht geweckt? Ein Spaziergang hätte mir gutgetan«, nörgelte er.
    »Als ich heute morgen bei dir reingeschaut habe, warst du noch weggetreten, deshalb«, erklärte Henry. »Außerdem hätte es dir nicht besonders gefallen. Sehr windig und böig.« Victor räumte in der Küche auf.
    »Danke für dein Taktgefühl«, sagte er, als Henry sich zu ihm gesellte. »Hat mich mit ziemlicher Sicherheit vor einem Verfahren wegen Mordes bewahrt. Ich weiß, ich bin in dem Alter, wo man sich über nachlassende Umgangsformen und dergleichen beschwert, aber dieser junge Mann überzeugt mich wirklich davon, daß so manches nicht mehr so ist wie früher. Ein kurzer – oder noch besser: ein langer – Einsatz als Zwangsarbeiter würde bei ihm zweifellos Wunder wirken. Allerdings wäre es wohl auch ein Wunder, wenn das bei ihm wirkt.«
    »Würde mich nicht überraschen, wenn ihm so etwas bevorsteht, Onkel Victor«, sagte Henry ruhig, während er sich an den Abwasch machte. »Er hat ganz sicher irgendein krummes Ding vor.«
    »Ach ja?« sagte Victor mit einem Hauch

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