Ein diplomatischer Zwischenfall
Auto holte, informierte Sarah Mrs Lacey: »Wir fahren nach Market Ledbury. Wir möchten gern im ›White Hart‹ etwas trinken.«
Ein Anflug von Trotz lag in ihrer Stimme, aber Mrs Lacey bemerkte es scheinbar nicht.
»Gut, Liebling«, sagte sie. »Das wird sicherlich nett werden. David und Diana sind, soviel ich weiß, spazieren gegangen. Ich bin recht froh darüber. Ich glaube, das war ein Geistesblitz, als ich auf die Idee kam, Diana einzuladen. Wie traurig, dass sie schon mit einundzwanzig Witwe geworden ist. Hoffentlich heiratet sie bald wieder.«
Sarah sah sie mit einem durchdringenden Blick an.
»Was ist los, Em?«
»Ich habe einen kleinen Plan«, antwortete Mrs Lacey fröhlich. »Ich glaube, sie passt genau zu David. Ich weiß natürlich, dass er fürchterlich in dich verliebt gewesen ist, liebe Sarah, aber du kannst ja nichts mehr mit ihm anfangen, weil er nun einmal nicht dein Typ ist. Ich möchte ihn gern wieder glücklich sehen, und ich glaube, Diana passt gut zu ihm.«
»Was bist du für eine Kupplerin, Em!«
»Ich weiß. Alte Frauen sind das immer. Mir scheint, Diana hat schon ein Auge auf ihn geworfen. Glaubst du nicht auch, dass sie genau die Richtige für ihn ist?«
»Ich würde das nicht behaupten. Diana ist viel zu – nun ja, zu exaltiert, viel zu humorlos. Wenn er mit ihr verheiratet ist, wird er sich meiner Meinung nach schrecklich langweilen.«
»Na ja, wir werden es ja sehen. Du willst ihn doch auf keinen Fall mehr, Liebling, oder?«
»Nein, wirklich nicht«, gab Sarah schnell zur Antwort. Dann fragte sie plötzlich unvermittelt: »Desmond gefällt dir doch, nicht wahr, Em?«
»Er ist charmant, ja, ja«, antwortete Mrs Lacey.
»Großvater mag ihn nicht.«
»Nein, das kannst du wohl kaum von ihm erwarten. Aber er wird sich ändern, wenn er sich erst einmal an die Tatsache gewöhnt hat. Du darfst ihn nur nicht drängen, meine liebe Sarah. Alte Leute ändern ihre Meinung nur langsam, und dein Großvater ist dazu noch halsstarrig.«
»Was Großvater denkt oder sagt, ist mir egal. Ich heirate Desmond, wenn es mir gefällt.«
»Ich weiß, Liebes, ich weiß… Aber sei doch einmal realistisch! Dein Großvater könnte dir viele Steine aus dem Weg räumen, das weißt du ja wohl. Außerdem bist du noch nicht volljährig. In einem Jahr kannst du erst tun und lassen, was du willst. Dann hat auch Horace nichts mehr dagegen.«
»Du bist auf meiner Seite, nicht wahr?«, fragte Sarah.
»Ich möchte, dass du glücklich wirst«, entgegnete Mrs Lacey. »Ah, da kommt ja der junge Mann mit dem Auto. Weißt du, ich mag diese engen Hosen, die die Männer heutzutage tragen. Sie sehen sehr schick aus – aber sie betonen natürlich auch X-Beine.«
Ja, erschrak Sarah, Desmond hat ja X-Beine. Sie hatte es bisher noch nicht bemerkt.
»Geh nun, Liebling, und amüsiere dich gut!«
Mrs Lacey blickte Sarah nach, wie sie zum Auto ging. Dann erinnerte sie sich an ihren Gast aus dem Ausland und ging in die Bibliothek. Als sie zur Tür hineinschaute, sah sie allerdings, dass Hercule Poirot eingeschlummert war. Sie lächelte vor sich hin, während sie durch die Halle in die Küche ging, um noch einiges mit Mrs Ross zu besprechen.
»Komm, Süße!«, sagte Desmond. »Macht deine Familie Theater, weil du mit mir in ein Lokal gehen willst? Die sind hier Jahre zurück, was?«
»Nein, sie machen kein Theater«, antwortete Sarah gereizt, während sie ins Auto stieg.
»Was will dieser Ausländer hier? Er ist Detektiv, nicht wahr? Was will ein Detektiv hier?«
»Er ist nicht beruflich hier. Edwina Morecombe, meine Patentante, hat uns gebeten, ihn aufzunehmen. Ich glaube, er hat sich schon lange von seinem Beruf zurückgezogen.«
»Klingt, als ob er ein ausgedienter alter Droschkengaul wäre.«
»Ich glaube, er möchte ein altenglisches Weihnachtsfest miterleben«, erklärte Sarah nicht gerade überzeugend.
Desmond lachte verächtlich. »So ein Quatsch! Ich frage mich nur, wie du so ein Weihnachten aushalten kannst.«
Sarah warf ihr rotes Haar zurück, und ihr energisches Kinn schob sich vor.
»Mir gefällt es!« Trotzig stieß sie die Worte hervor.
»Nein, Baby, es kann dir nicht gefallen. Morgen machen wir Schluss. Wir fahren nach Scarborough oder sonst wohin.«
»Unmöglich.«
»Warum denn?«
»Ich würde sie verletzen.«
»Fauler Zauber! Dir macht doch dieser kindische, sentimentale Blödsinn im Grunde auch keinen Spaß.«
»Nun ja, im Grunde vielleicht nicht, aber…«
Sie fühlte sich schuldig,
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