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Ein endloser Albtraum (German Edition)

Ein endloser Albtraum (German Edition)

Titel: Ein endloser Albtraum (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Marsden
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Arm. »Dadrinnen ist jemand«, sagte er.
    »Woher weißt du das?«
    »Ich habe an einem der Fenster eine Bewegung gesehen.«
    Wir beobachteten das Haus eine Weile, sahen jedoch nichts.
    »Könnte es eine Katze gewesen sein?«, schlug ich vor.
    »Es könnte ein Schnabeltier gewesen sein, aber das glaube ich nicht.«
    Ich begann mich vorwärtszubewegen, aus keinem bestimmten Grund, nur weil ich fühlte, dass wir nicht ewig hier stehen bleiben konnten. Homer folgte mir. Ich blieb erst dicht vor der Hintertür stehen; hätte ich den Arm ausgestreckt, hätte ich sie berühren können. Ich wusste noch immer nicht genau, warum wir das taten. Meine größte Angst war, dass wir in einen Hinterhalt gerieten. Aber es war denkbar, dass Robyn und Lee im Haus waren, und solange das möglich war, konnten wir kaum fortgehen. Ich wollte die Tür öffnen, wusste aber nicht, wie ich es tun konnte, ohne dabei ein Geräusch zu machen. Ich versuchte mir einige Szenen aus Filmen ins Gedächtnis zu rufen, in denen die Helden sich in solchen Situationen befanden, aber mir fielen keine ein. Meist traten sie in den Filmen die Tür ein und stürzten mit gezogener Pistole in den Raum. Das konnten wir aus mindestens zwei Gründen nicht tun. Erstens machte es Lärm; zweitens hatten wir keine Pistolen.
    Ich schob mich näher an die Tür heran und nahm eine unbequeme Stellung ein: Rücklings an die Wand gedrückt, versuchte ich mit der linken Hand die Tür zu öffnen. Doch ich konnte nicht genügend Hebelkraft einsetzen, also drehte ich mich um, hockte mich hin und griff mit der rechten Hand nach oben, um den Knauf zu packen. Er drehte sich geräuschlos, aber meine Nerven versagten für einen Augenblick und ich wartete, wobei ich den Knauf in seiner Stellung festhielt.
    Dann zog ich die Tür zu mir, etwas zu kräftig, weil ich halb erwartet hatte, dass sie versperrt war. Sie ging etwa dreißig Zentimeter auf und kreischte dabei wie eine gequälte Seele. Homer stand hinter mir. Ich konnte ihn nicht mehr sehen, aber ich hörte und fühlte seinen Atem und sein Körper richtete sich ein wenig auf. Wie sehr ich mich nach einer Ölkanne sehnte! Ich wartete, dann fand ich, dass es keinen Sinn mehr hatte, und zog die Tür einen weiteren Meter auf. Sie krächzte über jeden Zentimeter. Mir war schlecht, aber ich erhob mich und machte drei langsame, vorsichtige Schritte in die Dunkelheit hinein. Dann wartete ich, weil ich hoffte, dass sich meine Augen anpassen und ich im Stande sein würde, die dunklen Formen zu erkennen, die sich vor mir befanden. Hinter mir bewegte sich die Luft, weil Homer hereinkam; ich hoffte jedenfalls, dass es Homer war. Bei der Vorstellung, es wäre jemand anderer, ergriff mich solche Panik, dass ich mir einen ernsten Vortrag über Selbstbeherrschung halten musste. Aber meine Nerven trieben mich noch einige Schritte vorwärts, bis mein Knie gegen einen weich gepolsterten Stuhl stieß. In diesem Augenblick hörte ich aus dem nächsten Zimmer ein scharrendes Geräusch, als hätte jemand einen Holzstuhl auf einem Holzboden zurückgeschoben. Ich versuchte verzweifelt mich daran zu erinnern, was es im nächsten Zimmer gab und wie es aussah, aber mein Gehirn war für diese Arbeit zu müde. Stattdessen versuchte ich mir einzureden, dass da kein scharrender Stuhl gewesen war, dass niemand dort war, dass ich mir das nur eingebildet hatte. Aber dann kam die schreckliche Bestätigung, das Geräusch eines knarrenden Bretts und ein leiser Schritt.
    Ich ging instinktiv zu Boden, glitt leise nach rechts und schlängelte mich an dem weich gepolsterten Stuhl vorbei, den ich gerade berührt hatte. Ich spürte, wie Homer hinter mir das Gleiche tat. Ich lag auf dem Teppich. Er roch wie Stroh, sauberes, trockenes Stroh. Ich hörte Homer scharren wie einen alten Hund, der es sich bequem macht. Ich war entsetzt darüber, wie viel Lärm er machte. Begriff er denn nicht? Aber vor mir war ein weiteres Geräusch: das unverkennbare Geräusch, wenn ein Bolzen in den Verschluss gezogen wird und dann vorwärtsgleitet, so dass der Gewehrhahn gespannt ist.
    »Robyn!«, kreischte ich.
    Nachher behauptete Homer, ich sei verrückt. Und sogar als ich es ihm erklärte, behauptete er, dass ich all das unmöglich in einem Sekundenbruchteil hatte berechnen können. Aber ich konnte es und ich hatte es getan. Ich wusste, dass die Soldaten, die uns gejagt hatten, moderne automatische Waffen besaßen. Und die Waffe, die da gespannt wurde, war ein typisches einschüssiges Gewehr.

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