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Ein fabelhafter Lügner: Roman (German Edition)

Ein fabelhafter Lügner: Roman (German Edition)

Titel: Ein fabelhafter Lügner: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susann Pásztor
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plötzlich. »Mir wird immer so feierlich zumute, wenn eine Trennung bevorsteht.«
    Gabor griff reflexartig nach seinen Zigaretten in der Jackentasche, zuckte dann bedauernd die Schultern und lehnte sich mit gefasster Miene zurück.
    »Ich werde es kurz machen, Gabor«, sagte Hannah. Sie bückte sich und zog aus ihrer Handtasche eine Lilienblüte, der man deutlich ansah, dass sie die Nacht an einer Windschutzscheibe verbracht hatte. »Aber ein bisschen Ambiente muss schon sein.« Sie stellte die Blüte in Gabors Wasserglas, wo sie sofort zur Seite kippte.
    »Macht nichts. Also, ihr Lieben, und vor allem lieber Joschi«, begann Hannah. »Als Erstes muss ich euch gestehen, dass ich mit ziemlich großen Erwartungen hierher gekommen bin. Ich hatte gehofft, dass sich endlich mal ein paar Informationslücken schließen würden. Dass ich meine Vaterbeziehung klären könnte und daneben noch genügend Zeit zum Telefonieren mit Edgar bliebe. Irgendwie hat das alles nicht geklappt. Stattdessen habe ich jetzt die Staatsanwaltschaft am Hals.«
    Ich sah die Staubsaugerfrau lässig an der Wand hinter dem Frühstücksbüfett lehnen. Sie lauschte aufmerksam Hannahs Worten. Die Schwingtür zur Küche neben ihr öffnete sich, und Robbie steckte seinen Kopf in den Raum. Die Staubsaugerfrau flüsterte ihm etwas zu. Robbie verschwand wieder.
    »Aber dafür bin ich etwas anderes losgeworden«, sagte Hannah, und auf einmal sah ihr Gesicht verändert aus, viel weicher und verletzlicher als sonst. »Nämlich die ganzen Geister, die ich mein Leben lang mit mir herumgetragen habe. Ich hab sie heute Nacht davonfliegen sehen, einen nach dem anderen. Es waren mehr als zehn, das könnt ihr mir glauben. Es waren Hunderte, vielleicht waren es sogar ein paar Millionen. Es waren nicht nur die Geister aus meinem privaten Familienalbum, sondern auch die Geister aus meinen Fotobänden und die Geister aus meinem Kopf. Ich hab mich von ihnen verabschiedet und sie ziehen lassen. Und es war ganz einfach! Lily, für deine Idee mit den Himmelslaternen würde ich mich jederzeit wieder festnehmen lassen, wirklich.«
    Ich merkte, dass ich kurz davor war, loszuheulen.
    »Und jetzt noch etwas für dich, Joschi. Ich weiß, dass du unseren Müttern mehr hinterlassen hast als nur einen Haufen trostloser Erinnerungen. Und du hast deinen Kindern auch mehr hinterlassen als ein paar verwischte Spuren und offene Fragen. Wir sind gerade dabei, das zu entdecken. Danke für deine Geschichten. Danke für diese Familie. Yom Huledet Same’ach, Joschi.«
    Für einen Augenblick blieb es ganz still. Dann begannen Gabor, meine Mutter und ich wie wild zu applaudieren, während es Robbie zeitgleich gelang, mit großem Getöse und einem Tablett die Schwingtür zu durchbrechen. Auf dem Tablett standen eine Flasche Sekt und vier Gläser. Die Staubsaugerfrau hatte offenbar das Ganze aus dem Hintergrund organisiert und zum Glück auch Robbies Timing im Griff gehabt. Meine Mutter und Hannah lagen sich in den Armen, dann warf Gabor sich dazwischen, und ich war ein bisschen außen vor, aber das war in Ordnung so. Hannahs Handy hustete unbeachtet vor sich hin, und ich erlebte die Überraschung des Tages, als Robbie mir ein randvolles Glas Sekt überreichte, das natürlich aufs Haus ging, wie er beteuerte. Als Hannah, Gabor und meine Mutter endlich voneinander abließen, kam Joschi schließlich noch zu einem Toast bei Tageslicht. Und wir alle zu einem Abschied, der nicht hektischer hätte sein können, nachdem meiner Mutter plötzlich eingefallen war, dass unser Zug in fünfzehn Minuten abfahren würde.

18
    AUF DER RÜCKFAHRT IM ZUG fiel mir eine alte Joschi-Geschichte wieder ein.
    Als sie passierte, muss meine Mutter etwa sieben Jahre alt gewesen sein. Sie kam mittags von der Schule nach Hause und hatte Bauchweh. Es war echtes Bauchweh, nicht so eins, das einen manchmal spontan befällt, wenn etwas Unerfreuliches wie beispielsweise Eintopf auf dem Tisch steht. Leider kam an diesem Tag alles zusammen: echtes Bauchweh, Eintopf und dazu noch ein ungewöhnlich unerbittlicher Joschi, der auf falsches Bauchweh getippt hatte. Im Eintopf schwammen zwischen glänzenden Fettaugen Unmengen von Buchstabennudeln; ein schnöder Bestechungsversuch, der leider nicht aufging: Etwa nach der Hälfte erbrach meine Mutter alles, was sie bis dahin unter Joschis strengem Blick in sich aufgenommen hatte, auf den Küchenfußboden.
    Joschi reagierte mit großer Betroffenheit und steckte meine Mutter ins Bett, bevor

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