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Ein Fall für Perry Clifton

Ein Fall für Perry Clifton

Titel: Ein Fall für Perry Clifton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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macht.
    Orvilles Kollege, Polizist Ted Lasher, dagegen, genießt laut und deutlich sein Abendbrot. Heißen Tee und Schinkenbrote. Mit unnachahmlicher Routine zieht er mit seinen Zähnen den Schinken zwischen den Broten heraus.
    Und um ein Haar wäre er eben an dem letzten Stück erstickt — vor Schreck. Ja, vor Schreck.
    Mit einem Heidenspektakel wird die Tür zum Revier aufgerissen und ein Mann stürzt herein. Seine Schirmmütze sitzt verwegen auf dem linken Ohr. Die Haare sind auf der Stirn festgeklebt, und aus der Tasche guckt sein Schnupftuch.
    Er fuchtelt wild mit den Armen in der Luft herum. Stoßweise ruft er jetzt den beiden Polizisten zu:
    „Was — ich — gesehen — habe...“
    Orville tritt an den Chauffeur heran, denn ohne Zweifel handelt es sich um einen, und hebt schnuppernd die Nase.
    „Drei Promille“, ruft ihm Ted Lasher zu und packt die Reste seiner Abendmahlzeit zusammen.
    „Sie müssen eingreifen...“
    „Mann, Sie sind ja ganz außer sich. Ist Ihnen der Teufel begegnet?“ Für Sekunden starrt der Chauffeur Sergeant Orville an, als müsse er zuerst über dessen Frage nachdenken. Doch dann sprudelt es aus ihm heraus: „Schlimmer... es war furchtbar... ich bin vor Schreck bald gestorben... Ich fahre nämlich Taxi...“
    „Das haben wir bereits festgestellt“, registriert Orville trocken. „Wie wär’s, wenn Sie jetzt zu Einzelheiten kämen. Wir haben nämlich keine Lust, uns mit hysterischen Leuten zu unterhalten.“
    „Ein Fahrgast“, beginnt der Chauffeur, dabei wandern seine Blicke zu der noch immer offenstehenden Tür. Sergeant Orville schließt sie und schiebt dem Besucher einen Stuhl hin... „Ich dachte, er sei verrückt“, fährt der Chauffeur fort... „dann dachte ich, ich bin verrückt... hahahahahihihihihi... es war mörderisch.“
    Das schrille Lachen fährt den beiden Polizisten in die Glieder. Doch dann richtet sich Sergeant Orville auf.
    „Wenn Sie nicht sofort ordentlich reden, werfe ich Sie hinaus. Jetzt der Reihe nach!“
    „Also — ich hatte einen Fahrgast ..
    „Sie hatten einen Fahrgast — weiter!“
    „Er stieg am Hydepark ein. Blaues Jackett, graue... oh, ich kann’s nicht sagen...“
    Der Chauffeur hat die Hände vors Gesicht geschlagen. Orville wirft Ted Lasher einen Blick zu, der so viel besagen soll: Ein Verrückter.
    „Wo sollten Sie ihn denn hinbringen“, fragt Orville jetzt behutsam.
    „Ecke Wood- und Marvelstreet... ich halte dort... entsetzlich...“
    „Sie haben gehalten — was dann?“
    Der Chauffeur hebt den Kopf. Es scheint, als habe er sich wieder besser in der Gewalt.
    „Ich drehe mich um und sage: Wir sind da, Sir... Ja, und dann bin ich vor Schreck erstarrt... mein Fahrgast war zur Hälfte verschwunden.“
    Man sieht es Paul Orville an, daß er langsam in Zorn kommt. Auch Ted Lasher ist zu den beiden getreten. Orvilles Stimme ist nicht mehr freundlich, als er fragt:
    „Was soll das heißen, er war nur noch zur Hälfte da?“
    „Er will uns auf den Arm nehmen, Paul“, stellt Ted fest. Doch der Chauffeur beteuert:
    „Nicht doch. Es war so... wie von Geisterhand öffnete sich die hintere Tür, und ein Paar hellgraue, glänzende Hosen stiegen aus...“
    Ted Lashers Kinnlade klappt nach unten, während der Sergeant tonlos nachspricht:
    „Ein Paar graue, glänzende Hosen stiegen aus?“
    „Ja, stiegen aus und gingen Richtung Kitchener-Denkmal davon. Klipp — klapp — klipp — klapp...“
    Der Chauffeur ist erschrocken zusammengefahren. Sergeant Orville hatte nur ein einziges Wort gebrüllt: „Raus!!“
    „Raus!“ wiederholt er noch einmal, „oder ich sperre Sie auf der Stelle ein, Sie... Sie... Sie Hosenseher!“ Verzweifelt sucht der Chauffeur nach überzeugenderen Worten. Doch dann zuckt er ergeben die Schultern. Leise kommt es von seinen Lippen:
    „Ich habe Ihnen nur die Wahrheit erzählt. Die reine Wahrheit. Der Mann war mir schon vom ersten Augenblick an unheimlich. Er hat mir weismachen wollen, daß die Wintermäntel ihre... nein, daß die Äpfel ihre Wintermäntel ausziehen... und daß es grünes Glatteis gibt, daß das Korn weint und die Hühner rechteckige Eier legen... Herr Inspektor, was wollen Sie denn... warum sehen Sie mich denn so an...?“ Sergeant Orville hat sich dem Chauffeur bis auf einen Schritt genähert.
    „Seine Lordschaft bekommt Zelle drei, Ted“, ruft er Ted Lasher zu, der bereits mit den Schlüsseln klappert. Und zu dem Wagenlenker gewandt, flötet er: „Eure Lordschaft bekommen jetzt ein

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