Ein Fall für Perry Clifton
alle Täterinnen gemeinsam: eine tiefe, fast männliche Stimme. Diese Tatsache erhärtet auch die Vermutung, daß es sich in allen Fällen um ein und dieselbe Person handelt. Ihr Alter ist durch die mannigfaltigen Verkleidungen schwer zu bestimmen. Es dürfte jedoch zwischen fünfunddreißig und fünfzig Jahren liegen. Weiterhin wurde einigemal zum Zeitpunkt der Ereignisse ein herrenloser Dackel in der Nähe der Schmuckabteilungen beobachtet’.“
„Das dürfte doch wohl mehr der Phantasie der erschrockenen Verkäufer entsprungen sein!“ lacht O’Brien.
„Ich finde, daß wir keinerlei Grund zur Heiterkeit haben, Mister O’Brien!“ weist Sir Adam Walker den kleinen Iren zurecht.
„Entschuldigung, Sir“, murmelt O’Brien und versucht krampfhaft, ein ernstes Gesicht zu zeigen.
„Ich habe vorhin den Verkauf in der Schmuckabteilung einstellen lassen. Veranlassen Sie, Conolly, daß ab sofort weiterverkauft wird. Postieren Sie zwei Leute in die Nähe.“
„Jawohl, Sir“, nickt Bob Conolly, „wir werden auf tiefe Damenstimmen und herrenlose Dackel achten.“
Überraschung in Greenwich
Perry Clifton merkt, obgleich er nicht zur Beobachtung in der Schmuckabteilung eingeteilt wurde, wie seine Gedanken immer wieder zu der Unterredung bei Sir Walker zurückkehren.
Irgendwas ist in seinem Unterbewußtsein, das er mit den Ereignissen in Zusammenhang bringen möchte, ohne daß es ihm gelingt.
So ist er auch noch ziemlich nachdenklich, als ihm am Abend sein Freund Dicki wie üblich einen Besuch macht. Und Dicki, der fühlt, daß etwas in der Luft liegt, bohrt so lange, bis ihm Perry die Geschichte mit den Schmuckdiebstählen erzählt.
Und Dicki ist ein aufmerksamer Zuhörer.
„Das einzige, was man mit Bestimmtheit sagen kann, ist, daß die Frau eine tiefe männliche Stimme hatte“, schließt Perry Clifton seinen Bericht.
„Die hat meine Tante Millie auch“, stellte Dicki trocken fest.
„Ach, noch etwas...“ erinnert sich Perry, „bei einigen Fällen will man sogar einen Dackel in der Nähe der Tatorte gesehen haben... Als ob ein Dackel die Schmuckstücke wegtragen könnte...“
„Das könnte nur ein Dackel“, wirft Dicki seelenruhig ein.
„Wieso? Wie meinst du das, Dicki?“ stutzt Perry und spürt, wie in ihm ein seltsames Kribbeln auf steigt.
„Der Dackel aus dem Zirkus, der könnte das... Wissen Sie noch, damals in Mitcham... was ist, Mister Clifton?“
Perry Clifton ist aufgesprungen. In seinen Augen lodert es, als er Dicki am Arm packt.
„Du bist doch wahr und wahrhaftig ein Teufelskerl, Dicki... Das ist es... das ist es, wonach ich den ganzen Tag in meinem Gedächtnis gekramt habe... Das sind die Zusammenhänge. “
Langsam beginnt es auch in Dicki zu dämmern.
„Wie hieß sie doch, Dicki? Madame... Madame...?“
„Madame Porelli! Und der Dackel hieß Jocky... Und sie hat auch eine so tiefe Stimme gehabt.“
Perry schlägt sich mehrere Male vor die Stirn. „Und ich bin nicht draufgekommen. Dicki, was würde ich ohne dich anfangen...“
Dicki richtet sich geschmeichelt auf. Doch plötzlich fällt ein Schatten über sein Gesicht.
„Es geht doch nicht, Mister Clifton“, sagt er enttäuscht.
„Wieso?“
„Madame Porellis Dackel ist doch damals verschwunden. Erinnern Sie sich nicht mehr an die Anzeige mit der Belohnung?“
Perrys Überzeugung und Sicherheit sind durch nichts mehr zu erschüttern. Mit einer heftigen Bewegung wischt er Dickis Einwand weg.
„Seitdem sind Monate vergangen, Dicki. Und wer sagt uns, daß sie ihren Dackel nicht schon lange wieder hat? Und wenn nicht, daß alles nur ein klug eingefädeltes Manöver war? Vielleicht hält sie den Dackel irgendwo versteckt?“
Perry beginnt im Zimmer auf und ab zu gehen. In seinem Kopf purzeln die abenteuerlichsten Gedanken durcheinander.
„Werden Sie jetzt Scotland Yard Bescheid sagen?“
„Wozu bin ich Detektiv, Dicki? Das werde ich allein machen.“
„Und ich?“ entfährt es Dicki enttäuscht. „Bin nicht ich auf den Gedanken gekommen?“
Über Perrys Lippen huscht ein flüchtiges Lächeln.
„Na schön: Wir werden es allein machen.“
Dicki strahlt, und voller Zuversicht schlägt er vor:
„Und wenn wir alles genau wissen, holen wir Scotland Yard. Wie damals bei den Kandarsky-Diamanten,“
„Genauso machen wir es“, stimmt Perry zu.
„Endlich ist wieder was los“, seufzt Dicki geräuschvoll und altklug. Dazu zieht er ein Gesicht, als müßte er den schwierigsten aller Schlachtpläne
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