Ein Fall für Perry Clifton
Bebs“, bellt er seine erschrockene Sekretärin an, „verständigen Sie sofort Mister Conolly, Mister Clifton, Mister O’Brien und die drei Damen von der Detektivabteilung. Sie sollen sofort in mein Büro kommen.“
„Jawohl, Sir“, stottert Miß Bebs, die ihren Chef noch nie in solcher Verfassung gesehen hat.
„Sollen sie alle auf einmal kommen?“
Sir Walker, der sich wieder abgewandt hatte, fährt wie von der Tarantel gestochen herum.
„Zum Teufel, Miß Bebs, natürlich alle auf einmal. Bin ich eine Schallplatte, die beliebig oft dasselbe wiederholt?“
„Sehr wohl, Sir“, muffelt Miß Bebs tief gekränkt und wendet sich dem Telefon zu.
„Noch etwas“, schnauft Walker, „die Schmuckabteilung soll sofort bis auf weiteres den Verkauf einstellen.“
Mit lautem Knall fällt die Tür hinter ihm ins Schloß.
Knapp zehn Minuten später sind alle versammelt. Die drei männlichen Hausdetektive Conolly, Clifton und O’Brien und deren zwei weibliche Kolleginnen.
Keiner von ihnen hat die leiseste Ahnung, weshalb man sie in das Aller heiligste beordert hat.
Direktor Walker läßt seinen Blick über die versammelte Mannschaft gleiten. Kein Muskel zuckt dabei in seinem Gesicht. Doch plötzlich stutzt er. Seine Augenbrauen ziehen sich finster zusammen. „Wo ist Mistreß Melby, Conolly?“ fragt er den Chef der Detektivabteilung.
„Sie ist seit vierzehn Tagen krank, Sir. Grippe.“
Sir Walker geht um den Schreibtisch herum und läßt sich schwer in den Sessel fallen.
Während seine Fingerspitzen ein hartes Stakkato auf ein Schriftstück trommeln, beginnt er zu sprechen:
„Zur Sache: Ich habe heute ein Schreiben von einem Inspektor Skiffer von Scotland Yard erhalten.“
„Kenne ich gut“, entfährt es Perry Clifton unvorsichtigerweise, und er muß einen strafenden Blick Walkers einstecken.
„Ich habe Sie hierhergebeten, um Sie über den Inhalt dieses Briefes zu informieren.“
Um seinen folgenden Worten größere Bedeutung zu geben, macht Direktor Walker eine Pause. Dann fährt er mit erhobener Stimme fort:
„Die Londoner Warenhäuser werden zur Zeit von einem Phänomen heimgesucht. Hören Sie zu: Am 11. November wollte eine dunkel gekleidete, sehr elegant und sicher auftretende Dame bei Cook & Small eine Brillantbrosche kaufen. Während des Betrachtens fiel die Brosche herunter und war verschwunden. Am 15. November, also vier Tage später, erscheint bei ,Exquisit’ eine ältliche Krankenschwester und verlangt einen Brillantring. Man legt ihr mehrere Stücke zur Auswahl vor. Und dabei passierte es...“
Walker holt tief Luft und fährt sich mit dem Taschentuch über die Stirn...
„Ja, dabei passierte es...“ wiederholt er. „Ein Ring fiel angeblich durch Ungeschicklichkeit zu Boden und blieb von da an verschwunden. Wert der Brosche: Hundertfünfundsechzig Pfund, der des Ringes hundertachtzig Pfund.“
Wieder macht er eine kleine Pause.
„Am 16. erscheint bei ,Beverly’ eine Gelähmte, das heißt, sie ging an zwei Stöcken, und versucht wiederum einen Brillantring zu kaufen. Der gleiche Vorgang. Ring fällt herunter und ist unauffindbar. Wert diesmal zweihundertsechsundsiebzig Pf und. Ähnliche Fälle wiederholen sich am 17. zweimal und noch einmal am 18. November.“
Sir Adam Walker ist aufgesprungen und auf seine Mitarbeiter zugegangen. Vor Conolly bleibt er stehen.
„Na, Conolly“, fragt er mit vor Erregung heiserer Stimme, „was sagen Sie dazu?“
Als Conolly nicht gleich antwortet, wendet er sich an Perry Clifton: „Und Sie — haben Sie dazu eine Meinung?“
„Hat man die angeblichen Käuferinnen keiner Leibesvisitation unterzogen?“
„Sehr schlau, unser Meisterdetektiv“, entfährt es Walker spöttisch. „Natürlich hat man. Nur gefunden hat man nichts. Es gibt aller Wahrscheinlichkeit nach auch keine Komplizen, denn in den drei Fällen waren die Gänge an den Verkaufstischen der Schmuckabteilungen leer.“
„Ich nehme an, daß Scotland Yard inzwischen die Adressen der Damen aufgesucht hat?“ meldet sich Conolly zu Wort.
„Ja. Wie erwartet waren sie allesamt falsch. Nicht eine existierte. Scotland Yard ist der Ansicht, daß es sich um die raffiniertesten Trickdiebstähle der letzten fünfundzwanzig Jahre handelt.“
„Gibt es denn keine Anhaltspunkte, Sir? Irgendwelche Körpermerkmale?“ will Perry wissen.
„Doch, die gibt es.“ Walker tritt an seinen Schreibtisch und fischt nach dem Schreiben von Scotland Yard.
„Hier, man schreibt ... ,eines haben
Weitere Kostenlose Bücher