Ein Fall für Perry Clifton
alten Klamotten angezogen...“
„Wer schön sein will, muß
leiden“, orakelt Perry.
„Ich will ja gar nicht schön
sein“, protestiert sein kleiner Freund und fragt verschmitzt:
„Ob ich mir nicht den Schlips
und die Jacke ausziehe?“
„Du bleibst, wie du bist.
Schließlich ist heute Sonntag, und wir haben einen Ausflug vor.“
„Nach Hertford, hat Mutter
gesagt. Stimmt das?“
„Ja. Wir werden mit dem Zug
fahren.“
„Hurra“, jubelt Dicki. „Ich
fahre so gern Zug, Mister Clifton. Seit Paps das Auto hat, fahren wir überhaupt
nicht mehr mit der Eisenbahn.“
„Dann wollen wir gehen, Dicki.“
Dicki genießt die
Eisenbahnfahrt, als habe er jahrelang auf einer einsamen Insel gelebt. Nichts
entgeht ihm — alles sieht er.
Perry überlegt indessen, wie er
Dicki beibringen soll, was er vorhat. Plötzlich ist er diese Sorge los. Dicki
fragt nämlich:
„Wollen wir wirklich nur in
Hertford Spazierengehen, Mister Clifton?“
Perry sieht sich noch einmal im
Abteil um. Aber sie sind allein. Trotzdem senkt er die Stimme:
„Hör zu, Dicki. Ich glaube, daß
ich einer dicken Sache auf der Spur bin.“
„Hängt es mit den Diamanten zusammen?“
will Dicki wissen.
„Ja. Und ich habe dich
mitgenommen, damit alles ein wenig familiärer aussieht.“
Dicki ist erstaunt. „Aber Sie
können sich doch un...“
„Pssst!“ Perry hat den Finger
auf den Mund gelegt, man kann schließlich nie wissen.
„... unsichtbar machen“,
flüstert Dicki seinen Satz so leise zu Ende, daß ihn Perry kaum versteht.
„Du hast schon recht. Aber in
diesem Fall hätte ich nur eine Hand frei und — wenn ich mich nicht irre, werde
ich dringend beide Hände gebrauchen.“
„Und was habe ich zu tun?“
fragt Dicki aufgeregt.
„Du paßt auf, daß niemand
kommt. Und wenn jemand kommt, hier...“
Perry hat bei diesen Worten in
die Tasche gegriffen und hält Dicki jetzt etwas hin, das wie eine kleine Pfeife
aussieht.
„Was ist denn das? — Sieht wie
eine kleine Flöte aus.“
„Wenn du hineinbläst und mit
dem Finger abwechselnd das Loch zuhältst, kommt ein weithin hörbares
,Kuckuck’ heraus. Das ist dann das Zeichen für mich.“
„Fein“, erklärt sich Dicki
einverstanden, „und wo sind Sie?“
„Ich? — Ich interessiere mich
für eine Jagdhütte. Übrigens: Sie gehört dem Baron Kandarsky.“
Obgleich Dicki keinen direkten
Zusammenhang mit den verschwundenen Diamanten und der Jagdhütte finden kann,
spürt er das Prickeln des kommenden Abenteuers. Außerdem ist er mächtig stolz. So
stolz, daß es ihm minutenlang den Mund verschließt.
Er, Dicki Miller aus Norwood,
ist bei der Aufklärung eines aufsehenerregenden Kriminalfalles dabei.
Er, Dicki Miller, hat einen
Freund, der sich unsichtbar machen kann... Unfaßbar! Nur schade, daß er all
diese Sensationen für sich behalten muß.
In diesem Augenblick ziehen die
Bremsen an. Ein Ruck geht durch den Zug.
„Wir sind da, Dicki, komm!“
Schon wenige Minuten nach ihrer
Ankunft in Hertford wissen sie, in welcher Richtung die Jagdhütte zu suchen ist.
Um jedes Aufsehen zu vermeiden, verzichtet Perry auf einen Mietwagen. Munter
marschieren sie drauflos, und bald haben sie den Wald erreicht. Tiefe Stille
umgibt sie. Nur das gelegentliche Geräusch der Waldtiere unterbricht die Ruhe.
Nach zwanzig Minuten zieht
Perry seine Jacke aus und hängt sie sich über die Schultern.
Eine Dreiviertelstunde vergeht,
bis sie an einem Baum ein winziges Täfelchen entdecken: „Zur Jagdhütte
Kandarsky — Privatweg.“
„Endlich“, stöhnt Dicki.
„Eisenbahnfahren ist besser!“
„Ich werde dir nicht
widersprechen, Dicki“, brummt Perry und wischt sich den Schweiß von der Stirn.
Zirka hundertfünfzig Meter
müssen sie gehen, bis sie hinter einer leichten Biegung des Weges das Haus
entdecken.
„Hütte ist gut...“ staunt
Dicki, „das ist ja ein richtiges Haus.“
„Das haben Jagdhütten so an
sich“, erklärt Perry, „es scheint niemand da zu sein.“
„Alle Fensterläden sind zu.
Jetzt haben wir den weiten Weg umsonst gemacht.“
„Scheint so, daß ich ein paar
Fensterläden aufstoßen muß... so, Dicki, jetzt kommt deine große Stunde. Du
mußt mir sozusagen den Rücken freihalten. Hier — nimm die Kuckuckspfeife...“
Dickis Augen sind ganz groß,
und seiner Stimme hört man das Erschrecken an:
„Aber Mister Clifton — Sie
können doch nicht einfach in das Haus... das ist doch Einbruch...“
Perry streicht Dicki leise
übers
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