Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Fall für Perry Clifton

Ein Fall für Perry Clifton

Titel: Ein Fall für Perry Clifton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
Vom Netzwerk:
Haar.
    „Du hast recht, Dicki... ich
muß es trotzdem tun.“
    Aber Dicki ist keineswegs
beruhigt. Im Gegenteil:
    „Ich würde es nicht tun, Mister
Clifton... wenn die Polizei käme... oder... oder...“ Dicki fällt kein stärkeres
Argument ein, und so sieht er Perry nur beschwörend an.
    „Dicki — ich mache dir einen
Vorschlag: Sollte sich mein Verdacht nicht als richtig erweisen, gehe ich
morgen zu Baron Kandarsky und beichte ihm, daß ich in seine Jagdhütte
eingebrochen bin. Ist das ein Vorschlag?“
    Es dauert eine ganze Weile, bis
Dicki zustimmend nickt. Dabei ist ihm tatsächlich nicht wohl in seiner Haut...
    „Also dann — und denk an den
Kuckucksruf, wenn jemand kommt. Bis nachher...“
    Dicki hockt sich an einen
Baumstamm, während seine Augen Perry Clifton verfolgen. Um ihn sind nur noch
die Geräusche des Waldes.
    Es dauert Minuten, dann sieht
Dicki, wie Perry zwei Fensterläden aufstößt. Das Quietschen muß meilenweit zu
hören sein, denkt er und blickt sich unwillkürlich ängstlich um. Dicki sieht,
wie ihm Perry aufmunternd zuwinkt... dann ist er wieder sich selbst
überlassen...
    Perry dagegen durchstöbert ohne
Rücksicht auf Spuren das Haus, das unten aus vier großen Räumen und einer Küche
und oben aus zwei Kammern und einem Badezimmer besteht. Alles ist peinlich
genau aufgeräumt, und nur der fingerdicke Staub auf den Möbeln zeigt an, daß
das Haus seit längerer Zeit nicht bewohnt wird.
    Die Dielen knistern und
knacken, und manchmal fährt Perry erschrocken zusammen... Während er unterm
Dach beginnt, hört er noch einmal des Barons Worte...
    „…und vergiß nicht, daß die Uhr
sowieso nicht geht...“
    Ja, die Uhr. Schon die erste
Uhr, die Perry in die Hände fällt, geht nicht. Es ist ein kleiner blau-weißer
Wecker. Als ihn Perry aufzieht, tickt er brav und zuverlässig...
    Nach zehn Minuten hat Perry die
oberen Räume systematisch von unten nach oben gedreht. Aber außer dem Wecker
entdeckt er keine weitere Uhr...
    „…Und vergiß nicht, daß die Uhr
sowieso nicht geht…“ Oder hatte der Baron „nie“ gesagt?
    Er sucht weiter.
    Diesmal im Erdgeschoß. Im
ersten Zimmer, einem Rauchsalon, gibt es drei Uhren. Perry zieht sie der Reihe
nach auf. Eine Kaminuhr, eine kleine venezianische Tischuhr und eine Pendeluhr
an der Wand... und alle ticken sie wieder... alle drei... in das nächste
Zimmer.
    Perry wird von einer seltsamen
Unruhe ergriffen. Sein Hals ist ausgetrocknet, und bevor er im zweiten Zimmer
beginnt, trinkt er in der Küche einen Schluck Wasser. Es ist lauwarm und es
schmeckt nach Eisen...
    Da, er zuckt erschrocken
zusammen... eine Uhr beginnt zu schlagen... einmal — zweimal... Wieso nur
zweimal, überlegt Perry krampfhaft, es muß mindestens vier Uhr sein... er
blickt auf seine Armbanduhr — sieben vor vier... Da fällt ihm ein, daß er die
Uhren zwar aufgezogen, jedoch nicht gestellt hat. Erleichtert atmet er auf.
    Im zweiten Zimmer findet er
nicht eine einzige Uhr... aber damit gibt er sich nicht zufrieden. Es kann ja
auch so ein Ding versteckt sein. Behutsam tastet er in Schränken und Behältern
nach einem verdächtigen Zeichen... Nicht den kleinsten Winkel läßt er außer
acht... Er hebt jeden Deckel, jedes Brett und jede Zeitung hoch...
     
    Dicki ist die Zeit lang
geworden. Er hockt längst nicht mehr an seinem Baumstamm,
    Ihm ist die ganze Angelegenheit
mit einem Male recht unheimlich geworden. Bei jedem Knacken, bei jedem Rascheln
fährt er erschrocken zusammen... Immer wieder sieht er in Richtung des
Hauses... von Perry keine Spur.
    Einmal war er nah daran,
einfach ins Haus zu gehen und zu sagen: Hier bin ich — ich habe ein wenig
Angst. Aber würde ihn Perry nicht auslachen und einen Feigling schimpfen? Er,
Dicki Miller, ein Feigling? Dem konnte er sich unmöglich aussetzen. Überhaupt,
Perry... Wie oft schon hatte ihm Perry Vorträge über Recht und Unrecht
gehalten. Hatte ihm erklärt, warum selbst ein einziger gefundener Penny nur
geliehen sei. Geliehen sozusagen beim Verlierer. Er hatte ihn gelehrt, daß die
gute Tat viel schwerer wiege, wenn sie persönliche Opfer verlange. Und jetzt?
Jetzt dringt er so einfach in ein fremdes Haus ein?
    Vor lauter Nachdenken hat Dicki
ganz die ihm zugedachte Aufgabe vergessen.
    Doch nun hört er es.
Siedendheiß überkommt es ihn.
    War es zuerst nur ein entferntes
undeutliches Summen, so ist es jetzt ein dumpfes, gleichmäßig stärker werdendes
Brummen...
    Es muß ein Auto sein. Dicki
schluckt

Weitere Kostenlose Bücher