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Götter des Meeres

Götter des Meeres

Titel: Götter des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hubert Haensel
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1.
    Düsternis erfüllte die Welt der Tiefe-Schatten, die unruhig über die Wände huschten, verharrten und sich dann vereinten, um kurz darauf flackernd aufzuglühen. Es war ein seltsames Licht, das den Augen schmerzte, unstet, ein Gleißen im einen Moment, doch im nächsten schon dunkel ersterbend wie der abgebrannte Docht einer Kerze.
    Von irgendwoher drangen dumpfe Geräusche. Mal fern, dann wieder aus unmittelbarer Nähe kommend - das Murmeln vieler Stimmen, verhallten eben, schließlich lauter werdend gleich dem Tosen der Brandung an sturmgepeitschter Küste…
    Alles schien nur ein Traum.
    Und doch war dies Wirklichkeit. Mythor sträubte sich gegen den Zwang der lautlosen Stimme, die ihm den Weg wies. Vor ihm stolperte Gerrek durch den gewundenen Gang. Der Mandaler schimpfte verhalten. Niemand achtete jedoch darauf.
    Wie tief mochten sie mittlerweile unter der Meeresoberfläche sein?
    Zehn Schritte…?
    Zwanzig…?
    Die Luft war stickig. Sie roch nach Tang und Salzwasser.
    Feuchtigkeit sickerte durch das Gestein. Flechten und Algen wucherten hier; sie boten Nahrung für viele Arten von Lebewesen. Kleine Krebse huschten auf flinken Beinen davon, wenn die Menschen sich ihnen näherten.
    Die Schwarze Mutter lebt - Zaems schlimmste Feindin!
    Noch immer hallte Sosonas entsetzter Ausruf in Mythor nach. Selbst die fremde Stimme vermochte ihn nicht aus seinen Gedanken zu verdrängen. Der Kämpfer der Lichtwelt glaubte, die Gefahr fast körperlich zu spüren, die in der Tiefe lauerte.
    Nicht weit vor Mythor und seinen Begleitern zeichnete sich Bewegung ab. Ein schemenloses Wallen…
    Instinktiv griff der Gorganer zum Schwert. Aber Alton schien sich aus seiner Faust zu winden, als wohne plötzlich gespenstisches Leben in ihm. Geht weiter! Armdicke Stangen versperrten den Weg. In Abständen von kaum einer Handbreite zueinander wuchsen sie aus der Wand, sich zum Mittelpunkt des Ganges hin überlappend. Der Blick reichte keine zwei Schritte weit in dieses Dickicht hinein, das sich heftiger zu bewegen begann, je näher die Menschen kamen.
    Noch sprach niemand ein Wort. Selbst Gerrek schwieg.
    Kalisse verschwand zwischen den Stangen, dann Gudun. Der Mandaler folgte ihnen auf dem Fuß. Nur Mythor zögerte. Geh! brannte sich der Befehl in seine Gedanken ein. Warte nicht lä nger!
    Er riß die Arme hoch, hielt sie schützend vor sein Gesicht. Schon verspürte er die ersten heftigen Schläge gegen seinen Körper, aber sie waren nicht stark genug, um Schmerzen hervorzurufen. Völlige Finsternis umfing ihn. Mühsam zwängte er sich zwischen den harten und doch gleichzeitig nachgiebigen Gebilden hindurch.
    Was stellen sie dar? Pflanzen…? Tiere…?
    Scheinbar eine kleine Ewigkeit verging, bis Mythor das Hindernis überwunden hatte. Ein Regenbogen erwartete ihn, von zarten, ineinander übergehenden Farben gebildet. Aber da war nicht nur Licht - da gab es auch Finsternis; Schwärze, die jede Helligkeit verdrängte.
*
    In Wirklichkeit hatte sich nur wenig verändert. Der Tunnel, in dem Mythor sich wiederfand, war unregelmäßig gewachsen und bestand nicht aus rauhem Gestein, sondern schien von einer weichen Haut überzogen zu sein, unter der es leicht pulsierte. Das schwache Leuchten stieg aus dem Innern herauf und verblaßte in schnell wachsenden Schlieren.
    »Wo sind wir?«
    Es dauerte eine Weile, bis Mythor Gerreks Worte verstand. Der Schein des Gläsernen Schwertes vertrieb den Rest der Finsternis.
    Erstaunt stellte der Sohn des Kometen fest, daß der Bann von ihm gewichen war. Nichts hinderte ihn mehr daran, die Waffe zu gebrauchen.
    Gerrek wiederholte seine Frage und fügte hinzu: »Bestimmt nicht im Tempel.«
    »Auf dem Grund des Meeres«, bemerkte Scida. »In der versunkenen Stadt vielleicht.«
    »Sieht so eine Stadt aus?« brauste der Beuteldrache gereizt auf. »Und wie sind wir hierher gelangt? Ich - ich erinnere mich an fast gar nichts.«
    Die alte Amazone sah ihn spöttisch von der Seite her an.
    »Bei dir wundert mich das nicht…«
    »Weib!« Gerrek traf Anstalten, sich auf Scida zu stürzen. Seine Barthaare zitterten vor Wut.
    »Du bist so unbesonnen, wie nur ein Mann es sein kann.« Während die Amazone blitzschnell zurückwich, riß sie gleichzeitig ihre Schwerter aus den Scheiden.
    Der Mandaler stürmte ins Leere. Aber er fuhr sofort herum, entblößte die Fangzähne und schwang sein Kurzschwert mit weitausholender Bewegung über den Kopf.
    »Hört auf!« brüllte Mythor. »Benehmt euch wie Krieger, nicht wie

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