Ein Fall für Perry Clifton
wilden Rhythmus
bis zum Hals. Am liebsten würde er seinen Jubel hinausschreien...
Da zuckt Perry zusammen — war
das nicht ein Ruf?
Das unheimliche Gefühl, wie
vorhin schon einmal, überfällt ihn wieder. Wird Zeit, daß ich hier verschwinde,
überlegt er und versucht seine strapazierten Nerven durch tiefes Luftholen zu
besänftigen. Doch es ist zu spät. Ähnlich der Stimme des Jüngsten Gerichts hört
er es in seinem Rücken:
„Keine Bewegung, Mister! Wer
sind Sie? Und was machen Sie da an der Uhr?“
Perry fühlt tausend prickelnde
Schauer über seinen Rücken laufen. Für Bruchteile überkommt ihn die Erinnerung
an Dicki. Warum hat er nicht gepfiffen?
Hat er sich vielleicht gar aus
dem Staub gemacht?
Hatte er Dicki zuviel
zugemutet? Drei Fragen — ohne Antworten. Seine Erstarrung währt genau fünfzehn
Se-künden. Steif verharrt er in der gleichen Stellung — er holt tief Luft, dann
gleitet seine Hand vorsichtig in die Tasche, während er sich auf richtet...
Da kläfft es heiser hinter ihm:
„Ich habe gesagt, Sie sollen
keine Bewegung machen, Mister... Nehmen Sie die Hand aus der Tasche... Hören
Sie, Mister, Sie sollen die Hand...“
Perry hat sich jetzt vollends
auf gerichtet. Als er sich umwendet, stößt Kathrin Gillan einen gellenden
Schrei aus, und Perry muß einen gewaltigen Satz machen, damit er sie noch
auffangen kann.
Vorsichtig bettet er die
Ohnmächtige auf die Bank neben dem Kamin. Vom Obergeschoß holt er eine
Wolldecke und breitet sie behutsam über Kathrin aus. Mit flinken Händen bringt
er dann die Uhr in ihren alten Zustand zurück - ein letzter, um Entschuldigung
bittender Blick zu Kathrin — und Perry verläßt ohne Hast das Kandarskysche
Jagdhaus.
Von Dicki Miller ist nichts zu
sehen, als er ins Freie tritt. Also doch aus dem Staub gemacht, denkt Perry und
setzt sich in Marsch.
Nach zehn Metern fährt er
erschrocken zusammen.
Dicki ist hinter einem Baum
hervorgetreten.
Seine Augen blicken angstvoll
auf seinen großen Freund Perry... „Was haben Sie mit Miß Kathrin gemacht,
Mister Clifton?“
Als Perry Dickis furchtsamen
Blick sieht, lächelt er. Er hat ihren Schrei gehört und glaubt, daß ich ihr
etwas getan habe, denkt er und versucht Dicki zu beruhigen.
„Sie kam ,
sah mich und fiel in Ohnmacht, Dicki. Ich habe ihr ein Lager auf der Ofenbank
gemacht. Was hast du denn gedacht?“
Dicki sieht an Perry vorbei. Soll
er ihm glauben? Doch plötzlich weiß er, daß Perry die Wahrheit sagt. Perry
würde niemals einem Menschen etwas zuleide tun.
„Ich war so durcheinander,
Mister Clifton“, antwortet er ein wenig zerknirscht.
Und da ist schon die Frage, die
Dicki insgeheim befürchtet hat: „Warum hast du die Kuckuckspfeife nicht
gebraucht, Dicki. Du hättest Miß Kathrin die Ohnmacht ersparen können.“
„Ich habe sie vor Aufregung
zerbrochen“, gesteht er leise und ist froh, daß Perry der Sache weiter keine Bedeutung beimißt. Überhaupt macht er einen so
zufriedenen Eindruck. Ob er gefunden hat, was er suchte?
„Haben Sie etwas gefunden,
Mister Clifton?“
„Ja, Dicki, ich habe etwas
gefunden. Unser Ausflug nach Hertford hat sich gelohnt.“
Sie gehen nebeneinanderher. Wie
zwei Spaziergänger ohne bestimmtes Ziel. Bald liegt die Jagdhütte, die mehr ein
Haus ist, weit hinter ihnen. Und Dicki erinnert sich einer Äußerung, die Perry
gemacht hatte.
„Brauchen Sie sich jetzt nicht
beim Baron Kandarsky zu entschuldigen?“
„Nein, das brauche ich weiß
Gott nicht. Doch ab sofort wollen wir nicht mehr von der Sache sprechen. Wenn
wir zu Hause sind, werde ich dir etwas zeigen.“
Still gehen sie weiter. Perry
Clifton, glücklich und zufrieden; Dicki Miller, nachdenklich, weil er nicht
weiß, was ihm Perry zu Hause zeigen will.
Um achtzehn Uhr und vier
Minuten verläßt der planmäßige Zug die Station Hertford in Richtung London.
Zur gleichen Minute schrillt
das Telefon Nr. 223941 im Londoner Stadtteil Kensington.
„Hier Kandarsky“, meldet sich
der Baron mit ungnädiger Stimme. Er hat gerade Patience gelegt und haßt es,
wenn man ihn bei dieser Beschäftigung stört.
„Hallo, Sir“, tönt es ihm aus
der Muschel aufgeregt entgegen, „hier spricht Kathrin...“
„Nanu, Kathrin“, wundert sich
der Baron, „schon aus dem Krankenhaus entlassen?“
„Heute, Sir — auf eigenen
Wunsch. Habe es nicht mehr ausgehalten... aber es ist etwas Furchtbares
geschehen...“
Kandarsky kann sich eines
unheimlichen Gefühls nicht erwehren. Es ist das
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