Ein Fall für Perry Clifton
langsam und gemessen.
„Ich
erhielt heute ein Schreiben von Scotland Yard. Man bescheinigt Ihnen darin
außerordentliche Verdienste, speziell in einem Fall.“
„Nicht
der Rede wert, Sir“, wehrt Perry bescheiden ab und kann es nicht verhindern,
daß ihm die Röte ins Gesicht steigt.
Walker
beugt sich interessiert nach vorn.
„Was
war das eigentlich für ein Fall? Oder dürfen Sie darüber nicht sprechen, Mister
Clifton?“
Perry
zuckt bedauernd mit den Schultern.
„Verzeihung,
Sir, über die Einzelheiten zu sprechen ist mir untersagt. Ich kann Ihnen
lediglich verraten, und auch in diesem Fall bitte ich um Ihre Diskretion, daß
es sich um die Kandarsky-Diamanten handelte.“
Sofort
erinnert sich Direktor Walker. Die Geschichte hatte ja damals eine Menge Staub
aufgewirbelt. Und als er jetzt fortfährt, hört man die Anerkennung heraus, die
er der unbekannten Tätigkeit Perry Cliftons bei diesem Fall zukommen läßt.
„In
diesem Schreiben werde ich unter anderem auch gebeten, festzustellen, inwieweit
die Möglichkeit einer Versetzung Ihrerseits in die Detektivabteilung gegeben
ist…“
Er
macht eine Atempause.....Nun, die Möglichkeiten
sind
da, und ich möchte Sie, lieber Mister Clifton, davon in Kenntnis setzen, daß
Sie ab sofort dieser Abteilung angehören. Am besten wird es wohl sein, wenn Sie
sich gleich mit Mister Conolly in Verbindung setzen. Wie Sie wissen, ist er
Chef der Detektivabteilung... Im übrigen weiß er schon
Bescheid...“
Perry
Clifton hat sich erhoben. Man sieht es ihm an, wie diese Nachricht auf ihn
wirkt. Fast bringt er mit seinen strahlenden Augen den alten Walker in
Verlegenheit. Und als er ihm die Hand hinstreckt, schlägt Adam Walker sofort
ein.
„Ich
danke Ihnen, Sir. Ich werde versuchen, mich Ihres Vertrauens würdig zu
erweisen.“
Zirkusbesuch
Das
Haus Starplace Nr. 14 befindet sich im Stadtteil Norwood. Es ist ein alter,
grauer Steinklotz mit vier Etagen. Eine Menge dunkler Stellen zeigt, wo der
Außenputz schon abgebröckelt ist. Es ist alles andere als ein schönes Haus. Und
doch hat es auch seine Vorteile.
Sieht
man vom obersten Stock in südlicher Richtung, fällt der Blick bis auf die
breite Asphaltstraße, die nach Croydon zum Flugplatz führt. Der vierte Stock
umfaßt drei Wohnungen. Die kleinste davon bewohnt der Junggeselle Perry
Clifton.
Perry
mißt vom Fuß bis zum Scheitel stattliche einhundertzweiundachtzig Zentimeter.
Er ist schlank, immer gut rasiert und wirft den Schlagball einhundertundzwölf
Meter weit. Eine Tatsache, die bei Dicki Miller allergrößte Bewunderung findet.
Aber nicht nur das allein ist es, was ihm Begeisterung abnötigt. Für ihn ist
Perry Clifton der größte aller Detektive.
Eine
Überzeugung, die Dicki bei jeder passenden Gelegenheit mit Nachdruck zum besten gibt. Und er muß es schließlich wissen.
Ist
er nicht Perrys bester Freund? Jawohl, das ist er. Trotz seiner zwölf Jahre und
der neunundzwanzig Sommersprossen über der Stupsnase.
Da
Dicki mit seinen Eltern sozusagen Tür an Tür mit Perry Clifton wohnt, vergeht
wohl kaum ein Tag, an dem er nicht seinem Freund einen Besuch abstattet.
So
auch an diesem Freitag.
Es
ist kurz nach sieben Uhr abends, als Dicki an Perrys Tür klopft.
„Herein,
Dicki!“ hört er Perry mit fröhlicher Stimme rufen, und überrascht schiebt er
sich ins Zimmer.
„Woher
wußten Sie denn, daß ich es bin?“ fragt Dicki und mustert seinen Freund, der
gerade beim Schälen von Pellkartoffeln ist.
Perry
Clifton zeigt eine gemacht vorwurfsvolle Grimasse, als er antwortet:
„Hast
du vergessen, daß ich Londons größter Detektiv bin?“
Dicki
versucht den Gekränkten zu spielen, doch es mißlingt. Zufrieden stellt er fest,
daß Perry anscheinend eine besonders gute Laune hat. Ohne viel Umstände zu machen, zieht er sich einen Stuhl heran und setzt sich darauf.
„Wissen
Sie, wo ich heute nachmittag gewesen bin, Mister
Clifton?“
Perry
legt einen Augenblick Messer und Kartoffel beiseite und tut, als müsse er
angestrengt nachdenken. Dabei starrt er mit gefurchter Stirn die Decke an.
„Hm,
ich weiß es“, brummt er dann zufrieden und beißt in die eben geschälte
Kartoffel. „Du warst zum Geburtstag bei Tante Millie in Chelsea.“
Sekundenlang
blickt Dicki fassungslos auf seinen Freund, doch dann überzieht ein
verständnisvolles Grinsen sein Gesicht, und fast ein wenig erleichtert stellt
er fest:
„Sie
haben es von Mutter!“
„Stimmt,
Dicki!“ gibt Clifton zu.
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