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Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss

Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss

Titel: Ein feiner dunkler Riss - Lansdale, J: Ein feiner dunkler Riss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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Glauben an den Weihnachtsmann verloren und war sehr wütend darüber. Meine Kumpels an der Schule hatten mir, sechs Monate, bevor wir nach Dewmont zogen, die Wahrheit gesagt, und ich hatte mir deswegen einen erbitterten Kampf mit Ricky Vanderdeer geliefert. Ich kam mit einer zerschundenen Wange und einem blauen Auge nach Hause, hinkend und alles in allem windelweich geprügelt.
    Meine Mutter, die wegen der Schlägerei sauer war und einigermaßen peinlich berührt, weil ein Kind in meinem Alter immer noch an den Weihnachtsmann glaubte, setzte sich mit mir hin und hielt mir einen Vortrag darüber, dass es den Weihnachtsmann vielleicht nicht wirklich gäbe, aber dass er in den Herzen derjenigen wohnte, die an ihn glaubten. Ich war wie gelähmt. Man hätte mich mit einem nassen Hundehaar vom Stuhl fegen können. Ich wollte keinen Weihnachtsmann, der in meinem Herzen wohnte. Ich wollte einen dicken, bärtigen Mann ganz in Rot, der zu Weihnachten die Geschenke brachte und sich durch Schornsteine und Schlüssellöcher quetschen konnte – denn so, hatte meine Mutter mir erklärt, kam der Weihnachtsmann in unser Haus. Kein wesenloses Nichts in meinem Herz.
    Diese Erkenntnis führte mich zu der unmittelbaren Schlussfolgerung, dass es, wenn es keinen dicken, fröhlichen Elf im roten Anzug gab, der in einem magischen Schlitten fuhr, auch keinen Osterhasen gab, der mit bunten Eiern umherhoppelte. Ganz zu schweigen von der Zahnfee – eines der wenigen übernatürlichen Wesen, an denen ich ernsthaft zweifelte, nachdem ich einen Zahn, den sie für einen Vierteldollar hätte an sich nehmen sollen, unter meinem Bett gefunden hatte, wo ihn wahrscheinlich meine Mutter, die eigentliche Zahnfee, hatte fallen lassen.
    Ich war aufgeklärt worden, und das gefiel mir nicht. Ich kam mir vor wie der letzte Volltrottel.
    Meine Unwissenheit beschränkte sich nicht auf den Weihnachtsmann und andere Fabelwesen. In der Schule war ich auch keine große Leuchte. Obwohl ich klüger und belesener war als die meisten Kinder, war ich in Mathe so schlecht, dass man mich eigentlich hätte erschießen müssen.
    Für jemanden aus No Enterprise, einer Stadt mit drei Straßen, zwei Geschäften, zwei Gässchen, einer Tankstelle, einem gemütlichen Café und einem Säufer, den wir mit Namen kannten und dem aufgrund der Hingabe, mit der er sich seiner Berufung widmete, ein gewisser Respekt entgegengebracht wurde – für jemanden aus so einem Kaff wirkte Dewmont wie eine Weltstadt.
    Wenn man eine Weile dort wohnte, machte Dewmont allerdings einen eher verschlafenen Eindruck. Zumindest an der Oberfläche. Besonders während des langen heißen Sommers.
    Die Turbulenzen der 1960er standen noch aus, und Dewmont hinkte sowieso allem hinterher. Die Menschen kleideten und benahmen sich, als wären noch die 30er Jahre, allerhöchstens die 40er. Sonntags trugen die Männer schmale schwarze Schlipse, schwere schwarze Anzüge und warme wollene Hüte. Wenn sie ein Haus betraten, nahmen sie den Hut ab, und wenn sie einer Dame begegneten, tippten sie sich kurz an die Krempe.
    Weil Klimaanlagen selten waren, auch in Geschäften, war es damals immer schwül und heiß, drinnen wie draußen, als steckte man in einem dünnen Überzug aus warmem klebrigen Sirup. Im Sommer lasteten diese Anzüge schwer auf den armen Männern, die sie tragen mussten. Die dünnen Schlipse klebten matt auf schweißfleckigen Hemden; die Baumwolle in den Schultern der Jacketts verrutschte ständig und klumpte, das Material hielt den Schweiß wie ein Schwamm das Wasser, und die Krempen der Wollhüte hingen schlaff herab.
    Am späten Nachmittag saßen die Leute hemdsärmelig oder sogar im Unterhemd auf Veranden oder Gartenstühlen und unterhielten sich noch lange, während die Glühwürmchen ausschwärmten. Drinnen hockte man vor den Ventilatoren.
    Im Sommer wurde es erst spät dunkel, und die Sonne, die nicht von hohen Häusern oder Wohnsiedlungen verstellt wurde, tauchte wie ein Feuerball in die Wälder von East Texas ein. Wenn sie tiefer sank, sah es aus, als würde sie die Bäume in Brand setzen.
    Bestimmte Wörter, die heute mit größter Selbstverständlichkeit ausgesprochen werden, fielen damals in anständiger Gesellschaft äußerst selten. Selbst die Worte »verdammt« und »Scheiße« konnten, wenn Frauen anwesend waren, eine Unterhaltung so gewiss zum Verstummen bringen wie ein Schlachthammer eine Kuh.
    Die Weltwirtschaftskrise war lange vorbei, teilweise auch schon vergessen von all jenen, die

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