Ein Fest der Liebe - Nacht der Wunder
gesagt hat.”
“Ich weiß, dass er nicht zuerst an sich selbst gedacht hat, als der Zug von der Lawine erfasst wurde”, widersprach Lizzie.
Whitleys Wangen färbten sich rot. “Willst du etwa andeuten, dass ich ein Feigling bin?”
Der Vertreter, Ellen und Jack sahen von ihrem Spiel auf.
Woodrow, der wieder in seinem Käfig saß, krächzte: “Feigling!”
“Nein”, entgegnete Lizzie nachdenklich. “Ich habe gesehen, wie du Polo spielst, und da kannst du recht mutig sein. Vielleicht ist ‘rücksichtslos’ der passendere Ausdruck. Du bist egoistisch, Whitley, und das ist eine Eigenschaft, mit der ich nicht umgehen will.”
Wütend packte er sie an den Schultern und schüttelte sie leicht. “So, jetzt willst du also auf einmal nicht mehr damit ‘umgehen’“, knurrte er. “Warum? Weil du eine großartige McKettrick bist?”
Ein deutliches Klicken ertönte in ihrer Nähe.
Lizzie sah an Whitley vorbei und entdeckte den Vertreter, der mit einer kleinen Pistole in ihre Richtung zielte.
“Wären Sie so nett, die Lady loszulassen”, sagte er leise.
Ellen und Jack starrten sie mit aufgerissenen Augen an.
“Nicht schießen”, bat Lizzie ruhig.
Der Vertreter ließ die Pistole sinken.
“Ich nehme den ersten Zug aus dieser gottverlassenen Gegend.” Whitley fuchtelte mit einem Finger unter Lizzies Nase herum. “Ich hätte wissen müssen, dass du dich als … als
ungezügelt
herausstellst.”
“Ungezügelt? Wenn du mich beleidigen willst, Whitley, musst du dir schon etwas Besseres einfallen lassen.” Sie stieß ihm mit dem Zeigefinger gegen die Brust. “Und sei so gut und droh mir nicht mit dem Finger.”
“Ich verschwinde!”, stieß Whitley zwischen den Zähnen hervor.
“Das könnte schwierig werden”, bemerkte Lizzie trocken. “Schließlich sitzen wir fest.”
“Ich werde nicht hierbleiben und mich beleidigen lassen!”
“Lieber gehst du nach draußen und erfrierst?”
“Du denkst, dass ich ein Feigling bin? Dass ich egoistisch bin? Nun, ich werde es dir zeigen, Lizzie McKettrick. Ich folge den Gleisen, bis ich zu einer Ortschaft gelange – da deine ach so tolle Familie sich nicht blicken lässt!”
“Das werden Sie nicht tun”, erklang Morgans verärgerte Stimme. “Sie würden nicht mal eine Meile weit kommen, egal, ob Sie den Gleisen folgen oder nicht. Und für den Fall, dass Sie nicht zugehört haben, die Gleise sind unter Bergen von Schnee begraben.”
“Sie haben vielleicht Angst, Dr. Shane, aber ich nicht!” Whitley sah sich um und betrachtete zuerst den Vertreter und dann John Brennan. “Ich denke, wir alle sollten gehen. Das ist immer noch besser, als in dieser Kombüse herumzuhocken und darauf zu warten, in den Abgrund zu stürzen!”
Ellen hob eine kleine Hand, als ob sie sich im Unterricht melden würde. “Werden wir in den Abgrund stürzen?”, fragte sie. Jack schmiegte sich fest an seine Schwester, er sah blass aus und steckte einen Daumen in den Mund.
“Du machst den Kindern Angst!”, rief Lizzie wütend.
Morgan hob beschwichtigend beide Hände. “Wir werden nicht in den Abgrund stürzen”, erklärte er dem kleinen Mädchen und Jack mit freundlicher Stimme. Doch als er sich zu Whitley umwandte, loderte sein Blick vor Wut. “Wenn Sie sich wie ein verdammter Idiot aufführen wollen, Mr. Carson, dann ist das Ihre Sache. Aber erwarten Sie nicht von uns, dass wir mit Ihnen gehen.”
Der kleine Jack begann lautlos zu weinen.
“Hör auf”, schimpfte Ellen und versuchte erfolglos, ihm den Daumen aus dem Mund zu ziehen. “Du bist doch kein Baby mehr.”
Ohne ein weiteres Wort nahm Whitley seine Decke, stürmte durch den Wagen und warf sie auf Ellen und Jack. Dann stampfte er aus der Kombüse und ließ die Tür hinter sich weit offen stehen.
Lizzie machte einen Schritt hinter ihm her.
Morgan schloss die Tür. “Er wird nicht weit kommen”, sagte er leise.
“Komm zu mir, Jack”, rief Mrs. Halifax. Sie war mit dem Stillen fertig und legte das Baby nun sanft auf den Sitz neben sich. Nellie Anne schlief bereits und erinnerte Lizzie an ein Engelchen, das auf einer flauschigen Wolke schlummerte.
Jack tapste zu seiner Mutter und kletterte auf ihren Schoß.
Bei diesem Anblick spürte Lizzie ein kleines Ziehen im Herz. Sie hatte ihren jüngsten Bruder Doss so im Arm gehalten, als er noch klein war und sich vor einem Gewitter oder einem schlechten Traum gefürchtet hatte.
“Ich habe ein paar Sachen im Frachtwaggon”, erklärte der Vertreter, während
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