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Ein fliehendes Pferd

Ein fliehendes Pferd

Titel: Ein fliehendes Pferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Walser , Helmuth Kiesel
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Kino gegangen mit denen. Gelacht hatten die. Da schau. Und sie auch. Schau. Die morschen Nasen in Blumen gesteckt. Da schau. Entzücken daraus gesogen. Schau. Wohlgefühl auf Wohlgefühl war erlebt worden. Das ist das Schönste, was es gibt. Und das Allerschönste ist, daß es bis zum Tod überhaupt nicht aufhört, schön zu sein.
    Helmut sagte, er danke den Buchs für diesen Abend mehr als für alles andere. So gestärkt habe ihn, soweit er sich erinnern könne, noch niemand. So aufgerichtet. So beschenkt.
    Er merkte, daß ihm Tränen aus den Augen traten. Er tat so, als sei es ihm peinlich. Er trat rasch hinaus. Tatsächlich war ihm zum Heulen zumute.
Er war betrunken.
    Morgen mache Hel ihre Dorftour, also könnten Halms mit Klaus eine Segelpartie machen. Hel würde Sabine so gern mitnehmen auf ihre Dorftour, aber aus Erfahrung wisse sie, daß die Großmütterchen bei zwei Besuchern doppelt so unzugänglich seien als bei einem. Ach, haben sie Halms noch gar nichts erzählt von Hels neuem Buch? Klaus erklärt: Es wird heißen Großmutters Mund. Hel fährt in die Dörfer im Hinterland, erfragt beim Bürgermeister die fünf ältesten Frauen, von denen läßt sie sich die drei Gesprächigsten nennen, zu denen fährt sie hin und nimmt auf Tonband, was die noch an gutem Rat im Kopfe haben. Sie hat schon siebenunddreißig Bänder voller Großmütter. Hel sagt, sie hoffe nur, dieses Buch, das wieder Klausens Idee sei, werde besser gehen als ihre Kräuter-Fibel. Ich weiß nicht, was du willst, Schatz, rief Klaus Buch, deine Fibel ist ein Dauerbrenner, die wird uns nähren auf den Bahamas bis ins neunzigste Jahr. Also, morgen ablegen 14 Uhr 30. Sabine entschuldigte sich. Sie habe sich für morgen beim Friseur angemeldet in Meersburg. Zu dem gehe sie jedes Jahr am gleichen Tag. Das sei ein wahrhaft unverschiebbarer Termin. Dann also Helmut allein. Klaus Buch freut sich. Das wird eine Erinnerungsorgie reifer Männer. Ciau.
    Helmut und Sabine, schwer vom Wein, trotteten heimzu. Helmut sagte, du bist fein heraus. Also aktiv sind die, sagte Sabine. Zum Glück können sie uns mehr als den Urlaub nicht verderben, sagte Helmut. Starnberg ist zu weit. Sabine hängte sich bei Helmut ein und sagte: Sei nicht so negativ. Ich bin’s doch gern, sagte Helmut. Kommt heute nacht wieder ein Gewitter, Herr Negativ, fragte sie anzüglich. Frag Klaus Buch, Frau Positiv, sagte er. Böser, sagte sie, ich frag dich, ich frag überhaupt nur noch dich, ich red’ nur noch mit dir, ich verlerne alle anderen Sprachen der Welt außer der deinen, so! Ich hoffte, das sei alles schon so, seufzte er. Er sei, sagte er, also doch schon weiter als sie, da er schon lang keinen Menschen mehr verstehe außer ihr. Er legte seinen Arm um Sabine, quetschte sie, bis sie ein bißchen quiekste. Da fiel ihm Helene Buch ein. Dagegen konnte er momentan nichts tun. Ich bin betrunken, sagte er. Wir, sagte sie, sind. Ich, sagte er. Wir, sagte sie. Geht mich nichts an, sagte er und rannte ihr davon. Aber sie hatte ihn rasch eingeholt und ließ ihn, bis zur Wohnung, nicht mehr aus ihrem Griff.
    Er beschwerte sich noch einmal darüber, daß sie sich morgen vorm Segeln drücke. Er verstehe das nicht. Sie spreche von diesem Klaus Buch wie die Blume vom Wind, und dann drücke sie sich. Morgen sei doch gar nicht ihr Friseurtag. Sie habe Angst, sich in Klaus, den Helmut, wortbrüchig, wieder dieser genannt habe, zu verlieben, sagte sie und kicherte unschön. Helmut überlegte sich, ob er sie vergewaltigen und dann ins Wasser werfen und nicht mehr ans Land lassen sollte. Ich verzeihe dir diesen Ausrutscher und den nächsten, sagte er, erst den übernächsten nehm ich dir übel, der nächste danach ist dann tödlich, absolut tödlich. Mich friert’s, wenn du so redest, sagte sie. Dann ist es gut, sagte er, mir wird warm, wenn’s dich friert, wenn ich rede. Dann gibt’s doch ein Gewitter, sagte sie. Oh du Naturalistin, sagte er, wir bewegen uns am Rand der Katastrophe und du redest wie der Wettermann. Wir sind beide ein bißchen verführt momentan, sagte er, laß uns aufpassen. Wir sind doch schon weiter als die, sagte er. Du vielleicht, sagte sie. Eine, sagte er, ich weiß, du nicht. Ich auch nicht. Bine. Wehr dich doch gegen diese Verführung durch die Familie Buch, Mensch. Auch wenn das, was die tun, das Richtige ist. Laß uns beim Falschen bleiben. Warum, fragte sie. Ich weiß es nicht, sagte er. Aber, sagte er, es sei noch nie so notwendig gewesen, beim Falschen zu bleiben wie

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