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Ein Freund aus alten Tagen

Ein Freund aus alten Tagen

Titel: Ein Freund aus alten Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magnus Montelius
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das haben würde.«
    Meijtens lehnte sich vor und senkte die Stimme. In den folgenden Tagen würde er sich selbst bescheinigen, dass es nur ein spontaner Einfall gewesen war.
    »Und ob ihr auch leidet um Gerechtigkeit willen, so seid ihr doch selig. Fürchtet euch aber vor ihrem Trotzen nicht und erschrecket nicht.«
    Sjöhage blickte erstaunt auf. Jeder Muskel in seinem Gesicht schien sich zu entspannen, als gäbe endlich alle Willenskraft nach.
    Meijtens schaltete den Kassettenrekorder ein.
    Es dauerte sicher eine halbe Minute, bis Sjöhage etwas sagte. Dann erzählte er mit eintöniger Stimme, wie er selbst – und er ganz allein – das Projekt Schärenstadt durchgesetzt hatte. Meijtens warf Fragen ein, erhob Einwände und wies auf Widersprüche hin, aber es war sinnlos. Sjöhage hatte sich entschieden. Meijtens wunderte sich vor allem über den Detailreichtum im Bericht des jungen Dezernenten. Er musste diese Enthüllung sorgsam vorbereitet haben, als einen letzten Ausweg für den Fall, dass ihm kein anderer Weg mehr offenstehen würde.
    Als Sjöhage fertig war, stand er auf und gab Meijtens die Hand. Förmlich wie ein Trauergast auf einer Beerdigung. Meijtens machte einen letzten Versuch, ihn umzustimmen. Er hielt Sjöhages Hand fest, legte ihm seine andere Hand auf die Schulter und erklärte, das sei doch idiotisch. Niemand werde ihm das danken. Aber Sjöhage befreite sich aus seinem Griff und verschwand in der herbstlichen Dunkelheit.
    Als Meijtens einige Minuten später das Café verließ, regnete es, und er lief mit seiner Tasche über dem Kopf zur nächstgelegenen Telefonzelle, um in der Redaktion anzurufen. Monica teilte ihm mit, Bertil Andersson, der stellvertretende Chefredakteur, telefoniere gerade. Meijtens wartete. Wochenlang hatte er sich darauf vorbereitet, Sjöhage zur Rede zu stellen, und dabei verschiedene Szenarien durchgespielt und wie er auf sie reagieren würde. Nichts hätte ihn jedoch darauf vorbereiten können, was gerade passiert war. Nach einigen Minuten hörte er am anderen Ende der Leitung ein Röcheln.
    »Ja?«
    »Hier spricht Meijtens.«
    »Das weiß ich. Hast du die Bestätigung?«
    Meijtens erinnerte sich an Sjöhages tonlose Stimme, die so klang, als wäre jede Lebenskraft aus ihm gesogen worden. Er brauchte Zeit, er musste nachdenken.
    »Ich habe die Story.«
    »Und die Verbindung zu den entscheidenden Köpfen im Stadtrat? Konnte er sie bestätigen?«
    Der Regen trommelte auf die Telefonzelle. Ihm fiel etwas ein, was sein alter Doktorvater Jakub einmal gesagt hatte. Etwas über die Wahrheit, die die hässliche Schwester der Lüge sei. Auf Tschechisch klang das vermutlich besser.
    »Hallo, Meijtens?«
    »Es gibt eine Verbindung.« Er hörte noch die nächste Frage des stellvertretenden Chefredakteurs, während er einhängte.
    Meijtens wischte mit seinem Jackettärmel die beschlagene Windschutzscheibe frei und stellte die Scheibenwischer auf die höchste Stufe. Natürlich hatte er mehrfach versucht, ein längeres Interview mit dem Bürgermeister zu bekommen, herausgekommen waren allerdings nur zwei müde Minuten zwischen zwei Sitzungen. Leider keine einzige Lücke im Terminkalender mehr frei, verstehen Sie? Eine reine Verwaltungsangelegenheit, sprechen Sie mit Sjöhage . In Wahrheit fand er wohl, dass Meijtens zu unbedeutend und seine Beweise zu dünn waren.
    Der Stadtrat hatte sich den Rücken freigehalten. Wie, sagten Sie, heißt Ihr Wochenmagazin, 7Plus? Ist das nicht eines dieser Boulevardblätter?
    Bertil Andersson war an die Decke gegangen. »Finde den verdammten Zusammenhang, den du mir versprochen hast, dann nehmen wir diese Typen in die Mangel. Sonst lassen wir die Sache fallen.«
    Als er das sagte, hatte keiner von ihnen damit gerechnet, dass Sjöhage aus Gründen, die Meijtens nur teilweise nachvollziehen konnte, die ganze Schuld auf sich nehmen würde. Seine Geschichte war außerdem so genial formuliert, dass man problemlos Fakten finden würde, die sie untermauerten. Wenn man das wollte. In Gedanken ging Meijtens schwammige Entscheidungsprotokolle, seltsame Zufälle und ängstliche Aussagen niederer Beamter durch, die nicht zitiert werden wollten. Zusammenhänge, die in eine ganz andere Richtung wiesen. Zu selbstherrlichen Politikern, die sich ihrer Sache ein wenig zu sicher gewesen waren und sich zu große Freiheiten herausgenommen hatten.
    Gereizt trommelte er aufs Lenkrad. Bertil Andersson würde bestimmt noch zwei Stunden in der Redaktion bleiben. Wenn er sich

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