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Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom

Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom

Titel: Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tony Attwood
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achten, dass die anderen Kinder sich nicht über mögliche Ungeschicklichkeit lustig machen. Er sollte selbst die Mannschaftsaufteilung vornehmen, damit das Kind nicht als Letzter auf der Bank sitzen bleibt.
    Dem Sportlehrer muss auch bewusst sein, dass eine Turnhalle für ein solches Kind keine ideale Umgebung ist. Es kann ihm dort zu laut sein, wenn der Lärm der Kinder von den Wänden widerhallt. Die schnellen, hektischen Bewegungen können das Kind irritieren. Außerdem wird es engen Körperkontakt mit anderen Kindern unangenehm finden. Der Sportlehrer sollte auch darauf achten, dass sich der Stress oder mögliche Überreaktionen in Grenzen halten, wenn das Kind einen Fehler macht oder seine Mannschaft verliert.
    Man kann einen Mentor einsetzen, der das Kind im Sportunterricht vor Hänseleien schützt; oder der Sportlehrer bezieht die Stärken des Kindes mit ein und ernennt es zu seinem Schiedsrichterassistenten, weil es sich mit den Regeln sehr gut auskennt und ihm kein Verstoß entgeht. Oder falls das Kind ein besonders gutes Zahlengedächtnis hat, gibt es immer den Spielstand bekannt und führt bei Wettbewerben darüber Buch.

Unwillkürliche Bewegungen und Tics
    Bei Menschen mit Asperger-Syndrom kommen gelegentlich unwillkürliche Bewegungen und Tics vor. Zwischen 20 und 60 Prozent der Kinder mit Asperger-Syndrom entwickeln solche Tics. 31 Sie können von einfachen Zuckungen bis hin zu komplexen Bewegungsmustern reichen. Manchmal werden auch unwillkürliche Geräusche oder Sätze produziert.
    Die unwillkürlichen Bewegungen und Geräusche sind unerwartet und dienen keinem Zweck. Die ersten Anzeichen lassen sich bereits in der frühen Kindheit beobachten. Später nimmt die Häufigkeit und Komplexität langsam zu und erreicht zwischen 10 und 12 Jahren ein Maximum. Bei Jugendlichen gehen die Tics dann meist wieder zurück. Mit 18 Jahren haben 40 Prozent ihren Tic wieder abgelegt. 32
    Das »Repertoire« an Tics kann mit der Zeit wechseln. Zwischendurch kann das Kind auch frei von Tics sein. Sie können verschwinden, wenn es sich auf etwas konzentriert und stärker werden, wenn es zum Beispiel Fragen beantworten soll. 33 Unwillkürliche Bewegungen treten auch häufiger auf, wenn das Kind entspannt ist, etwa, wenn es fernsieht. Stress löst zwar die Tics meist nicht direkt aus, doch ist die Häufigkeit der Tics unter Stress oft höher.
Emotionale und Gedanken-Tics
    Zu den Tics können nicht nur unwillkürliche Bewegungen und Geräusche gehören,sondern auch Gedanken und Gefühle. Ein Jugendlicher beschreibt, wie er »irrationale Gedanken, die in meinem Kopf auftauchen«, unwillkürlich ausspricht. Ich nenne das Gedanken- und Emotions-Tics. Solche Gedanken und Handlungen sind oft völlig vom aktuellen Kontext losgelöst. Manchmal besteht der Gedanke daraus, etwas Unangemessenes oder Peinliches tun zu müssen. Oder der Emotions-Tic besteht aus einem plötzlichen Gefühl der Traurigkeit, Wut oder Angst. Solche Gefühle dauern nur wenige Sekunden, können aber Anlass zur Sorge sein, wenn sie mehrmals täglich wiederkehren.
Einfache und komplexe motorische Tics
einfache motorische Tics
komplexe motorische Tics
Augenzwinkern
Grimassen
Zucken der Nase
Schmollmund
Schulterzucken
Zucken der Arme
Kopfnicken
Herausstrecken der Zunge
Räuspern
Schnüffeln
Grunzen
Pfeifen
Hüsteln
Schnauben
Bellen
Schluckgeräusche
Hüpfen
sich drehen
Berühren von Gegenständen
sich auf die Lippen beißen
Lecken
Kneifen (sich selbst und andere)
mit den gebeugten Armen wie mit Flügeln wedeln
vor sich hinmurmeln
Tiergeräusche
Wiederholung von gerade gehörten Wörtern und Sätzen
komplexe Atemmuster
Medikamentöse Behandlung
    Tics entstehen aufgrund gestörter Verbindungen zwischen dem Kortexbereich, der für die Bewegungsplanung zuständig ist, und den motorischen Zentren des Gehirns und aufgrund einer gestörten Aktivität der Neurotransmit ter Dopamin und Noradrenalin. 34 Bei einer medikamentösen Behandlung gegen Tic-Störungen wird die Dopaminkonzentration im Gehirn reduziert.
Eltern sollten wissen, dass bestimmte Medikamente, wie sie etwa bei ADHS verwendet werden, den Dopaminspiegel erhöhen und so zu vermehrten Tics führen können.
Tics ignorieren
    Da die Bewegungen oder Geräusche unwillkürlich erfolgen, weiß das Kind nicht, wann sie bevorstehen und kann sie nur schwer unterdrücken. Einige Tics sind für die Mitmenschen sehr störend oder wirken lächerlich. Es ist trotzdem wichtig, den Tic weder zu kritisieren noch sich darüber

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