Ein Garten im Winter
wäre mit ihr zur Apfelplantage gegangen und hätte ihr gesagt, was sie hören musste. »Er hätte mir gesagt, was ich tun soll.«
»Du weißt doch, was du tun musst«, erwiderte ihre Mutter, riss ein Stück Brot ab und steckte es sich in die Tasche. »Sag ihnen, dass du sie liebst. Allein das zählt. Und gib ihnen den Schmetterling.«
Dies war vielleicht der einsamste Augenblick in Merediths Leben. »Stimmt, Mom. Danke.«
Sie machte sich in der Küche zu schaffen, während ihre Mutter aß. Danach half sie ihr die Treppe hinauf ins Schlafzimmer und putzte ihr die Zähne, genau wie ihren Töchtern, als sie noch klein waren. Ihre Mutter war fügsam, bis Meredith anfing, sie auszuziehen. Dann begann der übliche Kampf.
»Ach, Mom, du musst dich bettfertig machen. Diese Nachthemden sind schmutzig. Zieh dir doch etwas Sauberes an.«
»Nein.«
Dieses eine Mal war Meredith zu müde zum Kämpfen – es war ihr einfach zu viel –, daher kapitulierte sie und ließ ihre Mutter mit einem schmutzigen Nachthemd ins Bett gehen.
Vor der Schlafzimmertür wartete sie, bis ihre Mutter eingeschlafen war und leise zu schnarchen begann, dann ging sie nach unten und schloss alle Fenster und Türen.
Erst als sie wieder im Wagen saß und nach Hause fuhr, wurde ihr bewusst, was ihre Mutter zu ihr gesagt hatte.
Du weißt doch, was du tun musst.
Sag ihnen, dass du sie liebst.
Es war verrückt, dies ausgerechnet aus dem Mund ihrer Mutter zu hören. Dennoch war es ein guter Rat.
Wann hatte sie dies zum letzten Mal zu Jeff gesagt? Früher waren diese kostbaren Worte alltägliche Tauschware bei ihnen gewesen. Aber in letzter Zeit nicht mehr.
Wenn ihre Aussprache angegangen und ihre Ehe in Ordnung gebracht werden sollte, dann mussten diese Worte der Auftakt dazu sein.
Zu Hause angekommen, rief sie nach Jeff, bekam aber keine Antwort.
Er war noch nicht da. Sie hatte Zeit, sich vorzubereiten.
Bei dieser Vorstellung musste sie lächeln. Sie ging hinauf ins Bad, und erst als sie unter der Dusche nach dem Rasierer griff, fiel ihr auf, wie lange sie den schon nicht mehr benutzt hatte. Wie hatte sie sich nur so gehenlassen können?
Sie föhnte ihr Haar, drehte es auf, schminkte sich und schlüpfte in einen Seidenpyjama, den sie schon seit Jahren nicht mehr angezogen hatte. Barfuß und nach Gardenienlotion duftend, öffnete sie eine Flasche Champagner. Sie goss sich ein Glas ein und ging damit ins Wohnzimmer, wo sie Feuer im Kamin anzündete und es sich dann gemütlich machte, um auf ihren Mann zu warten.
Sie lehnte sich gegen die weichen Sofakissen, legte die Füße auf den Couchtisch und schloss die Augen, um nachzudenken, was sie ihm noch sagen wollte, welche Worte er hören musste.
Das Bellen der Hunde weckte sie. Sie stürmten wild durcheinander den Flur hinunter, um so schnell wie möglich an der Haustür zu sein.
Als Jeff das Haus betrat, bedrängten ihn die Hunde und wedelten begeistert mit den Schwänzen, um ihn zu begrüßen, ohne an ihm hochzuspringen.
»Hey«, sagte Meredith, als er ins Wohnzimmer kam.
»Hey, Mere«, erwiderte er, ohne aufzublicken, und kraulte Leia weiterhin die Ohren.
»Möchtest du was trinken?«, fragte sie. »Wir könnten vielleicht … reden.«
»Ich hab irre Kopfschmerzen. Da gehe ich lieber unter die Dusche und leg mich hin.«
Sie wusste, wenn sie darauf beharrte, mit ihm zu reden, würde er seine Meinung ändern. Er würde sich zu ihr setzen und sich der Sache stellen, die ihr solche Angst bereitete.
Wahrscheinlich hätte sie darauf bestehen sollen, doch war sie sich nicht sicher, dass sie hören wollte, was er ihr zu sagen hatte. Außerdem machte es doch keinen Unterschied, ob sie heute oder morgen redeten. Er war offensichtlich erschöpft, und damit kannte sie sich aus. Sie konnte ihm später zeigen, wie sehr sie ihn liebte. »Ist gut«, meinte sie. »Ich bin ehrlich gesagt auch schon müde.«
Als sie zusammen zu Bett gingen, schmiegte sie sich an ihn. Und dann schlief sie zum ersten Mal seit Monaten tief und traumlos.
Um Viertel vor sechs weckte sie das Telefon. Sofort dachte sie, Es ist was Schlimmes passiert , und fuhr mit wild klopfendem Herzen auf.
Sie griff nach dem Telefon und sagte: »Hallo?«
»Meredith, hier ist Ed. Tut mir leid, dass ich Sie so früh stören muss.«
Sie machte die Nachttischlampe an. Dann flüsterte sie Arbeit zu Jeff und lehnte sich an das Kopfende des Betts. »Was ist denn, Ed?«
»Es geht um Ihre Mutter. Sie ist hinten in der Apfelplantage. Auf Feld A.
Weitere Kostenlose Bücher