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Ein Gebet für die Verdammten

Ein Gebet für die Verdammten

Titel: Ein Gebet für die Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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geschlafen?«
    »Ich leide oft an Schlaflosigkeit«, wehrte Schwester Sétach ab.
    »Wir haben hier einen Apotheker, Bruder Conchobhar, der kennt sich in Kräutern gut aus und könnte dir helfen.«
    »Ich habe meine eigene Medizin«, fertigte die Schwester sie kurzerhand ab. »Sicher hast du gemeldet, daß ich gestern abend in die Kammer des Abts eingestiegen bin.«
    Fidelma ließ sich nicht beeindrucken. »Das ist etwas, das du mit deinem Oberen, dem Bruder Drón, ausmachen magst. Gegenwärtig bin ich mit dem Tod des Abts beschäftigt und nicht damit, was aus seinen persönlichen Sachen wird.« Sie blickte sich um. »Ich suche auch deine Gefährtin, Schwester Marga. Wo ist sie?«
    Schwester Sétach wurde unsicher. »Das weiß ich nicht. Weshalb suchst du sie?«
    »Ich muß mit ihr sprechen, ebenso wie ich mit dir sprechen muß. Was meinst du, warum haben so viele Leute deinen Abt gehaßt, wo doch Bruder Drón und du ihn nur lobpreisen?«
    Gereizt zischte das Mädchen. »Die sind alle eifersüchtig, engstirnig, haben kein Verständnis für seine Größe.«
    »Manche von denen würden vielleicht Horaz zitieren.
Naturam expelles furca tamen usque recurret.
Du weißt doch, was das heißt?«
    Schwester Sétach schüttelte den Kopf. »Ich weiß, was eswortwörtlich bedeutet, bin mir aber nicht sicher, wie du es auslegst.«
    »Treibst du Natur mit dem Knüppel auch aus, sie kehrt doch zurück stets«, übersetzte Fidelma etwas freier. »Es gibt Leute, die meinen, wenn Abt Ultán vormals ein Dieb und Mörder und Weiberheld war, dann ist er das vielleicht auch immer geblieben. Was glaubst du, könnte da etwas dran sein?«
    »Das ist nicht wahr«, fauchte die junge Nonne.
    »Sie werden auf ihrer Meinung beharren und die ›Episteln‹ des Horaz anführen, wie ich es getan habe, daß der Charakter eines Menschen sich nicht ändern läßt. Wer einmal Dieb und Mörder war, bleibt es für immer.«
    Das Mädchen wurde feuerrot. Trotzig starrte es Fidelma an.
    »Das ist ganz und gar unwahr. Hat sich Paulus nicht gewandelt nach seinem Erlebnis auf der Straße vor Damaskus? Sagen wir etwa, er konnte nicht anderen Sinnes werden, weil er einer derjenigen war, die für die Hinrichtung des heiligen Stephanus stimmten, des ersten, der für unseren Glauben den Märtyrertod starb? Und meinen wir etwa, seine Bekehrung und sein Wirken für den Glauben an Jesus Christus seien nichts als Lug und Trug gewesen, nur weil er zugeschaut und die Kleider derjenigen bewacht hatte, die den Heiligen steinigten?«
    Der Ausbruch der Schwester überraschte Fidelma, aber ebenso erstaunte sie ihre Logik.
    »Du trägst deine Ansicht gut vor, Sétach, und verfügst über großes Wissen. Das muß ich anerkennen. Was weißt du über Bruder Berrihert?«
    Das Mädchen schwieg einen Augenblick. »Ich weiß nichts.«
    »Du hast doch gestern nacht am Grab erlebt, wie sehr ihnZorn und Erbitterung gepackt hatten. Wie hat dich der Fluch berührt, den er Bruder Drón ins Gesicht geschleudert hat? Willst du mir weismachen, du wüßtest nichts über das, was einen derartigen Gefühlsausbruch in geheiligter Stunde verursacht hat?«
    »Ich kann dir nicht mehr sagen, als ich weiß.«
    »Und doch bist du willens, Ultán zu verteidigen, ohne jenen Grund zu kennen.«
    »Ich weiß nichts von dem, dessen der Angelsachse ihn beschuldigte. Ich kann lediglich sagen, daß für mich Ultán ein guter und gottesfürchtiger Mann war, und das über all die Zeit, in der ich ihm in Cill Ria gedient habe. Wenn du erfahren willst, woher der Haß dieses angelsächsischen Bruders Berrihert stammt, mußt du mit Bruder Drón sprechen. Er begleitete damals Ultán bei dessen Besuch auf Abt Colmans Insel.«
    Fidelma schwieg eine Weile und überraschte Sétach mit einer anderen Frage. »Was weißt du über Bruder Senach?«
    Das Mädchen zuckte zusammen. »Das war, bevor ich nach Cill Ria kam.«
    »Aha, doch du hast sicher von der Geschichte gehört, nicht wahr?«
    »Im Einklang mit den Weisungen aus Rom hatte der Abt für die Ordnung in der Abtei Regeln zur rechten Einhaltung des Glaubens aufgestellt. Bruder Senach wollte sich darüber hinwegsetzen. Deshalb wurde er in die Fremde nach Gallien geschickt, doch auf der Überfahrt dorthin ist er gestorben.« Schwester Sétach erklärte das ganz teilnahmslos, als ob sie etwas auswendig Gelerntes aufsagte. »Mehr weiß ich davon nicht und habe auch nichts anderes gehört.«
    »Und wie war das mit der Dichterin Searc?«
    »Von der Geschichte weiß ich

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