Ein Glas voll Mord
Gott weiß, was sie getan hätte, wenn Du nicht gekommen wärst und sie gestoppt hättest! Ich weiß wirklich nicht, wie ich Dir jemals dafür danken kann, dass Du uns alle gerettet hast!«
Rhys hatte zu diesem Punkt ein paar Vorschläge, die in Reih und Glied auf eine passende Gelegenheit warteten.
»Wie auch immer – Pitcherville hat jetzt eine neue Grande Dame. Die stolze Besitzerin des Herrenhauses sendet Dir ihre wärmsten Empfehlungen. Sie war am Boden zerstört, als sie herausfand, dass Du tatsächlich Junggeselle bist und außerdem mit der Rhys-Brown-Familie verwandt bist, der früher all diese Kupferminen gehört haben (ach, ach!). Nicht, dass es ihr an Gesellschaft fehlen würde: Sam Neddick wohnt immer noch in ihrer Scheune … und Jason Bain ist kürzlich bei ihr vorbeigekommen, mit einem Riesenstrauß leicht welker Blumen (wahrscheinlich hat er sie deshalb billiger bekommen). Offensichtlich glaubt er, wenn er das Grundstück nicht auf die eine Art kriegen kann, muss er’s eben auf die andere versuchen.
Nach dem friedlichen Sommer, den ich hier verlebt habe, freue ich mich jetzt auf das erholsame Saint John … die Mädchen, mit denen ich früher zusammengewohnt habe, haben eine neue Mitbewohnerin, deswegen werde ich bei einem von Annabelles Vettern wohnen, bis ich eine eigene Wohnung gefunden habe. Hier ist die Adresse, falls Du zufällig mal in der Gegend bist und mich besuchen möchtest. Meinen Blinddarm habe ich ja schon verloren – deshalb kann ich Dir versprechen, dass ich Dich nicht in der Öffentlichkeit in Verlegenheit bringen werde!«
Als Rhys den Brief zusammenfaltete und vorsichtig zurück in seine Brusttasche steckte, zusammen mit anderen lebenswichtigen Dokumenten, geriet das kleine Flugzeug in ein Luftloch und fiel ungefähr zweihundert Meter tief hinunter. So war es nun mal bei der Royal Canadian Mounted Police. Man ließ sein Herz an einem Ort und seinen Magen an einem anderen. Er lächelte zärtlich hinunter auf den nunmehr mit Rosen bestreuten Sumpf und summte Oh Rose Marie, I love you .
»Das hört sich gut an«, bemerkte der Pilot. »Was ist das? Eins von diesen alten walisischen Volksliedern?«
Rhys hörte auf zu summen und blickte weiterhin hinunter. Sie würden bald landen. Irgendwo da unten auf dem scheinbar dürren Ödland wartete ein Bösewicht, den er von Fredericton bis hierher gejagt hatte. Er hatte nicht vor, viel Zeit mit diesem Fall zu verschwenden. Sobald er den Mann gefasst und den Bericht für das Hauptquartier geschrieben hatte, würde er eine echte Herausforderung in Angriff nehmen: Er müsste einen Weg finden, nach Saint John zu gelangen und seine Frau zu holen.
Nachwort
Obwohl Charlotte MacLeod nach eigenem Bekunden Schriftstellerin werden wollte, seit sie als Kind herausgefunden hatte, dass Bücher von Menschen geschrieben werden, wagte sie sich ans hauptberufliche Schreiben erst weit jenseits der Lebensmitte: Nach dreißig Jahren in der Werbung, in denen sie es bis zum Vice President einer renommierten Bostoner Agentur brachte, und etlichen Versuchen mit Büchern in den verschiedensten Gattungen und aus den unterschiedlichsten Bereichen fand sie 1978 zu ihrem Erfolgsrezept, dem Detektivroman in der klassischen Tradition, mit einem originellen Detektiv, einem überzeugenden Milieu und sehr viel Humor bis hin zu Slapstick-Gags. Peter Shandy, der Sherlock Holmes vom Rübenacker und Pflanzenzuchtexperte der renommierten Landwirtschaftlichen Hochschule von Balaclava in Massachusetts, betrat 1978 die literarische Bühne (»Schlaf in himmlischer Ruh’«), gefolgt 1979 von Sarah Kelling und ihrem Zukünftigen, Max Bittersohn (»Die Familiengruft«,). Beide Serien wurden in den USA die meistverkaufte Taschenbuchserie des renommierten Genre-Verlages Mysterious Press, ein Erfolg, der sich in Deutschland mit der Entdeckung Charlotte MacLeods durch DuMonts Kriminal-Bibliothek in bescheidenerem Maße wiederholte.
In beiden Serien wählt die Autorin unter ihrem wirklichen Namen ihre Wahlheimat Boston, Massachusetts, zum Schauplatz, einmal die Stadt selber und speziell ihr Nobelviertel Beacon Hill, wo die Kellings seit vielen Generationen ihr Stadthaus haben, im andern Fall den ländlichen Norden des Staates mit dem fiktiven Balaclava County. War es die nostalgische Liebe zu Kanadas Atlantischen Provinzen, aus denen ihre Eltern stammten und wo sie selbst in Bath, New Brunswick, nahe der Grenze zum US -Staat Maine geboren worden war, oder war es die
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