Ein glücklicher Tag im Jahr 2381
Spielzeug auf und gibt es Mattern, der es seinem jüngeren Sohn Marx überreicht. Sie alle wenden sich jetzt dem Gast zu, und Mattern sagt zu Gortman: »Was mein ist, gehört auch Ihnen, teurer Freund.« Er stellt vor: seine Frau, die Kinder. Die vorangegangene Auseinandersetzung hat ihn ein wenig nervös gemacht, aber er ist wieder sehr erleichtert, als Gortman vier kleine Schachteln hervorholt und unter die Kinder verteilt. Spielzeug. Eine segensvolle Geste. Mattern deutet auf die abgelassene Schlafplattform. »Hier schlafen wir«, erklärt er. »Es ist mehr als genug Raum für drei. Wir waschen uns bei dem Reiniger dort. Wünschen Sie private Abgeschlossenheit, wenn Sie sich von Abfallprodukten entleeren?«
»Bitte, ja.«
»Dann drücken Sie diesen Knopf für die Abschirmung. Wir entleeren uns hier. Das ist für Urin, Fäkalien daneben. Sie verstehen, es wird alles aufbereitet und wiederverwendet. Wir sind ein sparsames Völkchen in den Urbmons.«
»Natürlich«, sagt Gortman.
»Ziehen Sie es vor, daß wir ebenfalls die Abschirmung benützen, wenn wir absondern?« erkundigt sich Prinzipessa. »Soviel ich weiß, ist das bei Leuten außerhalb der Urbmons manchmal üblich.«
»Ich möchte Ihnen keineswegs meine eigenen Gewohnheiten aufzwingen«, sagt Gortman.
Lächelnd sagt Mattern: »Wir sind natürlich eine nur wenig auf Privatsphäre bedachte Kultur. Aber es würde uns nichts ausmachen, den Knopf zu drücken, sofern…« Er kommt ins Stocken, als ihm ein weiteres Problem bewußt wird. »Es gibt doch nicht etwa ein allgemeines Nacktheitstabu auf der Venus? Ich meine, wir haben nur diesen einen Raum, und…«
»Ich kann mich anpassen«, bekräftigt Gortman. »Ein ausgebildeter Soziocomputator muß natürlich kulturelle Dinge relativieren können!«
»Natürlich«, stimmt Mattern zu und lacht nervös.
Prinzipessa entschuldigt sich und wendet sich von dem Gespräch ab, um die Kinder, die sich noch immer mit ihren neuen Spielzeugen beschäftigen, zur Schule zu schicken.
»Vergeben Sie mir, wenn ich solche Dinge anspreche«, sagt Mattern, »aber ich muß die Frage ihrer sexuellen Vorrechte berühren. Wir drei werden zusammen eine einzige Plattform teilen. Meine Frau steht zu Ihrer Verfügung, ich selbstverständlich auch, sollten Sie es wünschen. Innerhalb des Urbmons gilt es als ungehörig, jedwelches vernünftige Verlangen zurückzuweisen, solange es nicht mit Körperverletzung verbunden ist. Vermeidung von Frustrationen, verstehen Sie, ist die erste Regel in einer Gesellschaft wie der unseren, in der selbst geringste Reibungen zu unkontrollierbaren Schwingungen, zu Disharmonie führen könnten. Und kennen Sie eigentlich schon unseren Gebrauch des Nachtwandeins?«
»Ich fürchte, daß ich…«
»Es gibt keine verschlossenen Türen in Urbmon 116. Wir haben kein persönliches Eigentum, das des Schutzes bedarf, und wir sind alle sozial angepaßt. Nachts ist es erlaubt und üblich, andere Wohnungen zu betreten. Auf diese Weise tauschen wir laufend die Partner; üblicherweise bleiben die Ehefrauen zu Hause, während ihre Männer ausgehen, obwohl das nicht unbedingt so sein muß. Jeder von uns hat grundsätzlich zu jeder Zeit Zutritt zu jedem erwachsenen Mitglied unserer Gemeinschaft.«
»Seltsam«, sagt Gortman. »Ich hätte angenommen, daß in einer Gesellschaft, in der so viele Menschen auf so engem Raum zusammenleben, ein übertriebener Respekt für private Abgeschlossenheit sich entwickeln würde, nicht aber so weitgehende Freiheit.«
»Anfangs hatten wir starke Tendenzen zu privater Isolierung. Gott segne, sie konnten allmählich abgebaut werden. Völlige Vermeidung von Frustrationen muß unser Ziel sein, weil sich sonst untragbare Spannungen entwickeln würden. Und Privatheit bedeutet Frustration.«
»So können Sie also in jeden Raum in diesem gigantischen Gebäude gehen und schlafen, mit wem…«
»Nicht das ganze Gebäude«, unterbricht ihn Mattern. »Nur Schanghai. Nachtwandeln jenseits unserer eigenen Stadt lehnen wir ab.« Er kichert. »Wir legen uns selbst ein paar kleine Beschränkungen auf, verstehen Sie, damit unsere Freiheiten nicht ihren Reiz verlieren.«
Gortman wendet sich Prinzipessa zu. Sie trägt einen Lendenstreifen und einen Metallkorb über der linken Brust. Sie ist schlank, hat aber ausladende Hüften, und obwohl sie keine Kinder mehr tragen kann, hat sie nicht die sinnliche Ausstrahlung junger Weiblichkeit verloren. Mattern ist stolz auf sie, trotz allem.
»Beginnen wir mit
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