Ein Gott der keiner war (German Edition)
Chamberlains. Für viele wurde allerdings dieser Konflikt bald durch den Stalin-Hitler-Pakt gelöst.
Richard Wrights Geschichte ist von besonderem Interesse, weil sie in eine amerikanische Form des Problems „Imperialismus" und Rasse einführt. Als Neger, der in den Slums von Chicago lebte, empfand er, wie kein westlicher Intellektueller es je empfinden konnte, die zwingende Kraft eines Glaubens, der eine vollständige und endgültige Antwort auf die Probleme sozialer wie rassischer Ungerechtigkeit zu geben schien. Alle anderen Mitarbeiter brachten ein bewußtes Opfer in ihrer persönlichen Stellung und an persönlicher Freiheit, als sie die kommunistische Disziplin akzeptierten; für Wright war diese Disziplin eine großartige Auslösung niedergehaltener Kräfte. Er brachte sein Opfer, als er aus der Partei austrat.
„Denn ich wußte in meinem Herzen, daß ich nie wieder imstande sein würde, in der Art zu schreiben, und nie wieder in jener einfachen Schärfe das Leben empfinden würde, nie wieder eine derartig leidenschaftliche Hoffnung zum Ausdruck bringen und niemals wieder ein so totales Glaubensbekenntnis ablegen würde."
Dieses tragische Eingeständnis ist eine Mahnung, daß der Kommunismus ungeachtet aller seiner Fehlschläge im Westen immer noch als Befreier zu den Farbigen kommt, die die überwiegende Mehrheit der Menschheit ausmachen. Als amerikanischer Neger gehört Wright sowohl zur westlichen Demokratie, wie er andererseits nicht dazu gehört. In seiner Eigenschaft als amerikanischer Schriftsteller, erfüllt von einer westlichen Auffassung von menschlicher Würde und künstlerischen Werten, griff er das kommunistische System an. Aber als Neger äußert er den tragischen Satz, nachdem er die Partei verlassen hat: „Ich werde für sie sein, auch wenn sie nicht für mich sein werden." Millionen farbiger Menschen werden nicht dem schwierigen Konflikt unterworfen, den Richard Wright durchmachen mußte. Für sie bedeutet die westliche Demokratie noch immer nur „Vorherrschaft der Weißen". Außerhalb Indiens, einem Lande, das groß genug ist, um ein Kontinent zu sein, und wo durch eine einzigartige Tat westlicher Staatskunst eine Gleichheit erreicht worden ist, ist der Kommunismus immer noch unter den farbigen Völkern ein Evangelium der Freiheit, und der chinesische oder afrikanische Intellektuelle kann ihn als ein solches hinnehmen, ohne damit die eine Hälfte seiner Persönlichkeit zu vernichten.
Vielleicht erklärt dies die Gleichgültigkeit, die die Russen und der Parteiapparat der westlichen Intelligenz gegenüber zeigen. Vielleicht ist der Kreml letzten Endes der Auffassung, daß der Einfluß dieser durch ihre Gewissenhaftigkeit so unzuverlässigen Intelligenz deshalb ohne Belang ist, weil die kommende Welt-Auseinandersetzung nicht zwischen den Klassen innerhalb einer Nation ausgefochten werden wird, sondern zwischen proletarischen Nationen und ihren Gegnern. Dies mag sein, wie dem wolle, die brutale Behandlung der westlichen Intellektuellen ist unbestreitbar. Wenn die Komintern nur ein gelegentliches Zeichen von Achtung zu irgendwelcher Zeit während der letzten dreißig Jahre gezeigt hätte, dann hätte sie die Unterstützung des größten Teiles fortschrittlichen Denkens in der gesamten westlichen Welt für sich gewinnen können. Anstatt dessen scheint sie von Anfang an diese Unterstützung nur widerwillig angenommen und alles getan zu haben, um sie wieder loszuwerden. Nicht einer der Mitarbeiter dieses Buches zum Beispiel verließ den Kommunismus mit Absicht und mit einem reinen Gewissen. Keiner von ihnen würde gezögert haben, dorthin zu irgendeinem Zeitpunkt des sich langsam hinziehenden Vorgangs seines Ausscheidens, das ein jeder beschreibt, zurückzukehren, wenn die Partei einen Funken von Verständnis für seinen Glauben an menschliche Freiheit und menschliche Würde gezeigt hätte. Aber nein! Mit unnachsichtiger Trennschärfe hat die kommunistische Maschine das Korn ausgeschieden und nur die Spreu westlicher Kultur beibehalten.
Was geschieht dem kommunistischen Konvertiten, wenn er dem Glauben abschwört? Louis Fischer, Stephen Spender und André Gide arbeiteten niemals mit der inneren Hierarchie; ja Louis Fischer trat zu keiner Zeit der Partei bei. Alle drei waren im wesentlichen „fellowtravellers", deren Persönlichkeiten nicht in das Leben der Partei gepreßt wurden. Ihr Ausscheiden, so qualvoll es war, entstellte daher nicht auf die Dauer ihr Wesen. Silone, Koestler und
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