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Ein grüner Junge: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Ein grüner Junge: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Ein grüner Junge: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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gesetzt hatte, und goß mir sofort wieder nach.
    »Aber du hast doch Angst vor ihnen?« stichelte ich weiter (und war damals gewiß noch abscheulicher als er). »Andrejew hat dir den Hut vom Kopf heruntergeschlagen, und du hast ihm dafür fünfundzwanzig Rubel gegeben.«
    »Ja, das hab ich, aber er wird schwer dafür büßen. Sie rebellieren, aber ich werde sie schon kirre machen …«
    »Der Pockennarbige macht dir sehr zu schaffen. Und, weißt du, es kommt mir so vor, als wäre ich der einzige, der dir geblieben ist. Alle deine Hoffnungen sind jetzt nur in mir beschlossen, stimmt’s?«
    »Stimmt, Arkascha, so ist es: Du bist der einzige Freund, der mir geblieben ist; das hast du gut gesagt!« Und er klopfte mir auf die Schulter.
    Was sollte ich nur mit einem so plumpen Menschen anfangen? Er war völlig primitiv und hatte meinen Hohn für Lob gehalten.
    »Du könntest mich aus einem üblen Schlamassel retten, wenn du ein guter Freund wärest, Arkadij«, fuhr er fort und sah mich einschmeichelnd an.
    »Und wie könnte ich dich retten?«
    »Du weißt doch selbst, wie. Ohne mich bleibst du ein Esel und wirst dich ganz bestimmt dumm anstellen, ich aber würde dir dreißigtausend geben, wir würden halbe-halbe machen, und du weißt doch selbst – wie. Ja, wer bist du eigentlich? Guck dich doch mal an: Ein Habenichts, ohne Namen, ohne Familie und auf einen Schlag ein Vermögen; und mit Geld in der Tasche steht dir wer weiß was für eine Karriere offen!«
    Ich konnte nur staunen über sein Vorgehen. Ich hatte mit Gewißheit angenommen, daß er alles darauf anlegen würde, mich zu überlisten; er aber begann direkt, einfach schulbubenmäßig direkt. Ich entschloß mich, ihm zuzuhören, aus Weitherzigkeit und … einer entsetzlichen Neugier.
    »Siehst du, Lambert, du wirst es nicht kapieren, aber ich bin bereit, dir zuzuhören, weil ich weitherzig bin«, erklärte ich fest und nahm abermals einen Schluck aus dem Kelch. Lambert goß sogleich nach.
    »Also, Arkadij: Wenn irgendeiner wie Bjoring sich erdreistet hätte, mich zu beschimpfen und zu verprügeln, in Gegenwart einer Dame, die ich vergöttere – ich weiß nicht, was ich getan hätte! Du aber hast es dir gefallen lassen, und ich verachte dich: Du bist ein Waschlappen!«
    »Wie kannst du es wagen zu behaupten, Bjoring hätte mich geschlagen?« rief ich errötend aus. »Vielmehr habe ich ihn geschlagen, und nicht er mich.«
    »Nein, er war es, der dich geschlagen hat, und nicht du ihn.«
    »Schwindel! Ich habe ihn auch noch auf den Fuß getreten!«
    »Er aber hat dich mit der Hand zurückgestoßen und den Lakaien befohlen, dich auf die Seite zu schleppen … Und sie hat in der Kutsche gesessen und dich beobachtet und ausgelacht – sie weiß nämlich, daß du keinen Vater hast und daß man dich ungestraft beleidigen darf.«
    »Ich weiß nicht, Lambert, wir unterhalten uns wie die Schulbuben, und ich finde das peinlich. Du tust es, um mich zu reizen, und zwar so grob und so offen wie einen Sechzehnjährigen. Das hast du mit Anna Andrejewna abgesprochen!« schrie ich, zitternd vor Wut, und nahm wieder mechanisch einen Schluck.
    »Anna Andrejewna – die ist mit allen Wassern gewaschen! Die wird mich und dich und die ganze Welt hinters Licht führen! Ich habe auf dich gewartet, weil du mit der anderen besser zurechtkommen kannst.«
    »Mit welcher anderen?«
    »Mit Madame Achmakowa. Ich weiß alles. Du hast mir selbst gesagt, daß sie den Brief fürchtet, der in deinen Händen ist …«
    »Welchen Brief? … Unsinn … Du hast sie gesehen?« murmelte ich verwirrt.
    »Ich habe sie gesehen. Sehr schön. Très belle; du hast Geschmack.«
    »Ich weiß, daß du sie gesehen hast; allerdings hast du nicht gewagt, mit ihr zu sprechen, und ich will, daß du nicht wagst, auch nur von ihr zu sprechen.«
    »Du bist noch ein kleiner Junge, und sie macht sich über dich lustig – das ist es! Wir hatten so eine wandelnde Tugend in Moskau: Wie die die Nase hoch trug! Und wie die ins Zittern kam, als wir drohten, alles ans Licht zu bringen, und wie sie sofort klein beigab; und wir bekamen sowohl das eine wie auch das andere, sowohl das Geld als auch das Gewisse – du weißt doch, was? Und jetzt ist sie wieder in der Gesellschaft unnahbar – pfui Teufel, wie sie hoch oben schwebt, in was für einer Kutsche, aber hättest du nur die Besenkammer gesehen, wo das war! Du hast noch nicht gelebt; wenn du nur wüßtest, vor welchen Besenkammern sie nicht

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