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Ein grüner Junge: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Ein grüner Junge: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Ein grüner Junge: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fjodor M. Dostojewskij
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Kabinett bestellt hätte. Und sie – sie lag währenddessen halb ohnmächtig in ihrer Gesindekammer …
    VI
    Doch genug der Fragen und peinlichen Details. Werssilow kaufte meine Mutter von Makar Iwanowitsch frei, verreiste bald darauf und, wie bereits oben erwähnt, schleppte sie überallhin, mit Ausnahme jener Gelegenheiten, da er besonders lange wegblieb; dann vertraute er meine Mutter der Fürsorge der Tante an, das heißt Tatjana Pawlowna Prutkowa, die stets in solchen Fällen zur Stelle war. Er lebte mit meiner Mutter bald in Moskau, bald auf verschiedenen anderen Gütern und Städten, sogar auch im Ausland und schließlich in Petersburg. Davon später, wenn es sich denn lohnt. Hier sei nur zu bemerken, daß ich ein Jahr nach dem Abschied von Makar Iwanowitsch das Licht der Welt erblickte, ein Jahr darauf meine Schwester und dann erst – nach zehn oder elf Jahren – ein kränklicher Knabe, mein jüngster Bruder, der nach wenigen Monaten starb. Die schwere Geburt dieses Kindes kostete meine Mutter ihre Schönheit – so wurde mir jedenfalls erklärt: Sie kränkelte und alterte zusehends.
    Aber die Beziehung zu Makar Iwanowitsch riß niemals ab. Wo sich die Werssilows auch aufhielten, ob sie mehrere Jahre an einem Ort blieben oder umzogen, Makar Iwanowitsch ließ in jedem Falle der »Familie« eine Nachricht zukommen. Es bildete sich ein seltsames Verhältnis heraus, das zum Teil feierlich und beinahe ernst zu nehmen war. Im gutsherrschaftlichen Alltag hätte dieses Verhältnis einen komischen Beigeschmack erhalten, das weiß ich; aber hier war das nicht der Fall. Die Briefe trafen zweimal jährlich ein, nicht öfter und nicht seltener, und waren alle außerordentlich ähnlich. Ich habe sie gesehen; sie enthielten kaum etwas Persönliches; im Gegenteil, sie beschränkten sich nach Möglichkeit auf feierliche Schilderungen allgemeinster Ereignisse und allgemeinster Gefühle, wenn man Gefühle so nennen darf: Sie begannen mit der Schilderung der eigenen Gesundheit, dann folgten Fragen nach unserem Wohlbefinden, dann gute Wünsche, feierlichste Grüße und Segenswünsche – das war alles. Aber gerade diese Allgemeinheit und das Unpersönliche bedeuteten, schien es, den höchsten Anstand und die wahre Kenntnis der Umgangsregeln in seinem Milieu. »Unserer höchst liebenswerten und ehrsamen Gattin sende ich unseren ergebensten Gruß« … »Unseren liebenswerten Kindlein sende ich den väterlichen Segen, der in alle Zeit währt«. Die »Kindlein« wurden alle namentlich aufgeführt, in der Reihenfolge ihres Erscheinens, und fingen mit mir an. Hierbei sei angemerkt, daß Makar Iwanowitsch klug genug war, niemals »Sein Hochwohlgeboren, unser ehrenwerter Herr Andrej Petrowitsch«, seinen »Wohltäter« zu nennen, wiewohl er in jedem Brief ihm unablässig seinen ergebensten Gruß sandte und ihn um seine Wohlgeneigtheit bat, für ihn selbst aber Gottes Segen herbeiflehte. Die Briefe Makar Iwanowitschs wurden von meiner Mutter postwendend beantwortet, und zwar immer auf die gleiche Art. Es war selbstverständlich, daß sich Werssilow an diesem Briefwechsel nicht beteiligte. Die Briefe Makar Iwanowitschs kamen aus den verschiedensten Gegenden Rußlands, aus Städten und aus Klöstern, in denen er sich manchmal länger aufhielt. Er war ein Strannik, das heißt ein Pilger, geworden. Er hatte nie um irgend etwas gebeten, pflegte aber alle drei Jahre einmal zu Hause zu erscheinen, das heißt bei meiner Mutter, die, wie es sich so ergab, in einer eigenen Wohnung logierte, separat von der Wohnung Werssilows. Darüber werde ich später etwas zu sagen haben. Hier will ich nur erwähnen, daß Makar Iwanowitsch es sich niemals im Salon auf dem Sofa bequem machte, sondern einen bescheidenen Platz, irgendwo in einem Kämmerchen, bezog. Er blieb nicht lange – manchmal fünf Tage, manchmal eine Woche.
    Ich vergaß zu sagen, daß er seinen Familiennamen »Dolgorukij« über alles liebte und achtete. Selbstverständlich, das war lächerlich und dumm. Das Dümmste war, daß ihm sein Familiennamen gerade deshalb gefiel, weil es das Fürstenhaus Dolgorukij gab. Eine seltsame Vorstellung, richtig auf den Kopf gestellt!
    Auch wenn die ganze Familie, wie ich gesagt habe, immer beisammen blieb, war ich die Ausnahme. Ich war der Ausgestoßene und wurde fast gleich nach meiner Geburt bei fremden Menschen untergebracht. Dahinter steckte aber keine besondere Absicht, es geschah irgendwie so, gleichsam von selbst. Als meine Mutter mich

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