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Ein Haus geteilt durch 8

Ein Haus geteilt durch 8

Titel: Ein Haus geteilt durch 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Lippen ein und wachte damit auf.
    »Und wenn mir jemand einen Hund schenkt, Mutti?«
    »Niemand verschenkt einen Hund, Anna«, sagte Frau Holldorf mit einem kleinen, scharfen Hüsteln, und dieses Hüsteln und der Umstand, daß sie Anna und nicht wie gewöhnlich Anni oder Annerl sagte, war ein Zeichen dafür, daß der Wind schärfer zu wehen begann und in den Nerven summte.
    »Aber wenn doch jemand einen verschenkt?«
    »Mir kommt kein Fixköter ins Haus, hörst du. Und ein guter Hund, ein Spaniel oder Pudel oder Terrier, kostet so viel, daß wir es uns nie leisten können - ganz abgesehen von der teuren Hundesteuer! Vierzig Mark! Davon leben wir eine Woche. Also hör schon auf und mach, daß du mit Peter in die Schule kommst.«
    Sie setzte sich, als die Kinder gegangen waren, an die Nähmaschine und begann für eine Schürzenfabrik, die Heimarbeiten vergab, Achsel- und Schließbänder an die fertigen Teile zu nähen. Damit beschäftigte sie sich zwei Stunden am Vormittag und drei am Nachmittag. Wenn ihr die Arbeit flott von der Hand ging, brachte das im Monat einen Zusatzverdienst von fünfzig bis sechzig Mark ein.
    Um die gleiche Zeit, wenn Frau Holldorf die Kinder weckte, erhob sich mit einem Ruck und hellwach, wie sich das für einen alten Soldaten gehört, Oberst a. D. Aurelius von Krappf von seinem harten Lager, griff nach der Stielglocke auf seinem Nachttisch und läutete ein paar helle Schwünge. Damit gab er seiner Schwester, Fräulein Elfriede von Krappf, das Zeichen, das Badewasser einzulassen; kalt natürlich, sommers und auch winters, denn dieses allmorgendliche Untertauchen diente der Abhärtung und der Förderung des Blutkreislaufs. Nur Feiglinge benutzten die Dusche. Während das Wasser in die Wanne lief, machte er im Nachthemd an den Ringen zehn Klimmzüge bis ans Kinn, schwang aus, um die verklemmten Rückenwirbel zu lockern, und begab sich dann an den Ruderapparat, um sich zehn Minuten lang auf Form zu bringen. Und er war auf Draht! Seine siebzig Jahre sah ihm kein Mensch an. Derweil deckte Fräulein von Krappf den Frühstückstisch für ihren Bruder, ein Kännchen mit zwei Tassen Kaffee, ein Stück Schwarzbrot mit Honig und eine halbe Semmel mit abgekochtem Schinken, und legte die Zeitung in Griffnähe, aber nicht allzu nah, rechts an den Teller. Der Geruch der Druckerschwärze bereitete dem Oberst Unbehagen - vom Inhalt des Generalanzeigers ganz zu schweigen. Ziemlich pazifistische Tendenzen... Kurz vor acht stieß der Oberst einen scharfen Pfiff aus, er galt dem Dackel Waldmann, der in einem Korb neben dem Bett seines Herrn schlief und sich schwerhörig stellte oder tatsächlich schwerhörig geworden war, denn mit seinen dreizehn Hundejahren hatte er, aufs Menschenleben umgerechnet, das stattliche Alter von einundneunzig Jahren erreicht. Er gähnte laut und sah seinen Herrn vorwurfsvoll an. Wenn es der Oberst seiner Gesundheit schuldig zu sein glaubte, von acht bis elf mit durchgedrücktem Kreuz spazierenzulaufen, für einen alten Hund, dem die schönsten Gerüche allmählich gleichgültig wurden und der außerdem schwer an Rheumatismus litt, was das kein Vergnügen.
    Wenn oben beim Oberst von Krappf der Ruderapparat zu quietschen begann, richtete sich im ersten Stockwerk Frau Mallzahn im Bett empor und lauschte angstvoll auf die Atemzüge ihres Mannes. Andere Frauen klagten, daß ihre Männer sie durch ihr furchtbares Schnarchen zur Verzweiflung, ja zum halben Selbstmord brächten. Sie hatte sich oft gewünscht, daß ihr Paul ein wenig schnarchen möge. Es war schrecklich, immer befürchten zu müssen, er könne eines Morgens kalt und starr neben ihr liegen. Prokurist Mallzahn hatte seit Jahren ein Herzleiden, und nur die Ärzte, die ihn behandelten, und Frau Mallzahn wußten, wie schwer dieses Leiden tatsächlich war. Weder Nauheim noch Bad Orb brachten ihm alljährlich wesentliche Erleichterung. Seit Monaten war er auf strengste Diät gesetzt und lebte völlig salzlos. Ein Schlangenfraß! Sie mußte das Salz vor ihm wegsperren, er hätte es sonst fertigbekommen, daran zu lecken wie ein naschhaftes Kind an der Zuckerdose. Dabei machte sie sich Sorgen, ob er nicht heimlich ausbrach und in Gasthäusern gelegentlich in einer Art Freßorgie genau das hineinschlang, was ihm zu essen streng verboten war. Geräucherte Mastochsenbrust, fettes Schweinefleisch, einen Matjeshering mit jungen Kartoffeln und Butter...
    Um halb acht verließ auch Oberregierungsrat Nikolaus Pünder mit seinen beiden Söhnen

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