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Ein Haus geteilt durch 8

Ein Haus geteilt durch 8

Titel: Ein Haus geteilt durch 8 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Biernath
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Sterne«, seufzte sie verzückt. »Ach, liebe Frau Fröhlich, ich habe es nie so schwer empfunden wie jetzt, wenn ich Ihr Kindchen sehe, daß meinem Paul und mir Kinder versagt geblieben sind. Es ist ein Unglück...«
    Auch Frau Oberregierungsrat Pünder kam ab und zu für ein paar Minuten, um sich nach Gabys Gewichtszunahme, ihrem Appetit und dessen Ergebnis in den Windeln zu erkundigen.
    »Thomas gedieh ja prächtig, er wuchs sozusagen von selbst, ja? Aber Otmar. Ein Sorgenkind. Dabei wog er acht Pfund, als er geboren wurde. Aber dann schrie er sich den Nabel heraus, daß wir ein Geldstück darauf legen mußten. Und immer hatte er es mit der Verdauung. Das Kind ist mit schwarzem Tee groß geworden, wahrhaftig mit schwarzem Tee, Löffelchen für Löffelchen. Nun ja, liebe Frau Fröhlich, so geht’s. Kleine Kinder - kleine Sorgen, große Kinder - große Sorgen. Man macht schon etwas mit. Aber man übersteht mit Geduld alles.«
    Eine der eifrigsten Besucherinnen war Fräulein Elfriede von Krappf. Sie konnte stundenlang an Gabys Bettchen sitzen, sich an den winzigen Fingernägeln entzücken und auf den Augenaufschlag des Kindes warten.
    »Wahrhaftig, als ob sich der Himmel öffnet.«
    Und sie konnte in stummer Verzückung dabeistehen, wenn Gabriele gebadet, gesalbt, gepudert und frisch gewickelt wurde.
    Ihr höchstes Glück war es, wenn Sabine Besorgungen machen mußte und ihr die kleine Gaby für eine Stunde überließ. Dann saß sie, das Engelchen in den Armen wiegend, in ihrem Zimmer, summte Gabriele etwas vor und weinte auch ein bißchen, wenn sie an den Leutnant von Knobelsdorff dachte, der kurz nach der Verlobung im Ersten Weltkrieg vor Verdun gefallen war. Herr von Krappf, der sie einmal in ihrem Zimmer überraschte, wie sie das Kind in ihren Armen wiegte, bekam tellergroße Augen.
    »Erbarm dich um alles in der Welt, Aurel«, sagte Fräulein von Krappf, »bist du total übergeschnappt? Aber ich wünschte, es wäre meins.«
    Der Oberst trat einen Schritt näher, besah sich das kleine Menschenkind, holte seine goldene Uhr aus der Westentasche, hielt sie an Gabys Ohr und machte, da sie auf Ticktack nicht reagierte, mit dem Zeigefinger kieks. Er sagte auch >Kieks<, aber so laut, daß Gaby zu weinen begann. Darauf wies ihn seine Schwester aus dem Zimmer.
    Auch Frau Professor Dr. Clothilde Leghun kam zweimal zu Besuch. Sie brachte eine Klapper mit, die sie als Andenken an Roderich treu gehütet hatte. Sie deutete auf den Zelluloidring, in dem ein paar Steinchen schepperten.
    »Und hier - sehen Sie die kleine Dalle, Frau Fröhlich? Hier hat Roderich mit seinem ersten Zähnchen hineingebissen.«
    An Frau Lindbergs Wohnung kam Sabine nie vorbei, wenn sie mit Gaby zum Einkäufen oder zu einem Besuch der Schwiegereltern ausfuhr. Zwischen den beiden Frauen hatte sich, da der Altersunterschied nicht gar so groß war, fast eine Freundschaft entwickelt. Besonders, wenn Gaby gebadet wurde, war Frau Lindberg immer oben. Und wenn Sabine ihr Töchterchen stillte, saß die junge Frau dabei und schaute mit einem Ausdruck, der fast andächtig zu nennen war, der >Fütterung des kleinen Raubtiers< zu.
    »Jetzt kann ich es Ihnen sagen, Frau Sabine. Als Sie damals das erstemal zum Kaffee zu mir kamen und mir erzählten, daß etwas Kleines unterwegs sei, da begann ich die Kinderwäsche, die ich noch von meiner kleinen Christine hatte, nachzusehen, auszubessern, um sie Ihnen bei Gelegenheit für Ihr Kindchen zu schenken.«
    »Wie lieb von Ihnen«, sagte Sabine herzlich und schaute auf, denn Frau Lindberg schien noch nicht zu Ende gesprochen zu haben.
    »Wie ich Sie damals beneidet habe«, sagte Frau Lindberg und lächelte in ihren Schoß hinab, »und jetzt kann ich Ihnen die kleinen Sachen nicht mehr geben. Verstehen Sie?«
    »Wie ich mich freue«, rief Sabine und gab Frau Lindberg über Gabys Köpfchen hinweg einen Kuß, »daß Sie es endlich überwunden und neuen Mut gefunden haben!«
    »Eigentlich habe ich es Ihnen zu verdanken, Sabine. Denn wenn Sie nicht in dieses Haus eingezogen wären...«

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