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Ein Held unserer Zeit

Ein Held unserer Zeit

Titel: Ein Held unserer Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Lermontow
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erwartete. Plötzlich riß ich den Fensterladen auf und stürzte mich mit dem Kopf nach unten in die Stube. Es fiel ein Schuß, eine Kugel flog dicht an meinem Ohr vorbei und zerriß meine Epaulette. Aber der Pulverdampf, der die Stube erfüllte, hinderte meinen Gegner, sofort seinen neben ihm liegenden Säbel zu finden. Ich hielt ihm die Hände fest, die Kosaken stürzten sich auf ihn, und nach drei Minuten war der Verbrecher gebunden und unter Bedeckung abgeführt. Die Menge zerstreute sich und die Offiziere beglückwünschten mich ... In der That, sie hatten Grund dazu.
     
    Nach solchen Vorfällen sollte Einer nicht Fatalist werden! Aber wer weiß wirklich, ob er von etwas überzeugt ist oder nicht? ... Wie oft halten wir für eine Ueberzeugung, was nur Sinnestäuschung oder ein Irrthum des Verstandes ist! ... Ich liebe es, an Allem zu zweifeln. Diese Neigung beeinträchtigt die Entschiedenheit des Charakters nicht; im Gegentheil; wenigstens was mich betrifft, ich gehe immer kühner vorwärts, wenn ich nicht weiß, was mich erwartet. Etwas Schlimmeres als den Tod kann es nicht geben – und dem Tode entgeht man nicht.
     
    In das Fort zurückgekehrt, erzählte ich Maxim Maximitsch Alles, was mir begegnet war und den Auftritt, wovon ich Zeuge gewesen; ich wollte wissen, was er über die Vorherbestimmung denke. Anfangs begriff er dieses Wort nicht, aber ich erklärte es ihm, so gut ich konnte, und da schüttelte er bedeutsam den Kopf und sagte:
     
    "Ja, ja ... freilich ... das ist ein sehr wunderlicher Vorfall! ... Uebrigens versagen diese Hähne aus asiatischen Werkstätten sehr häufig, wenn sie schlecht geschmiert sind oder man nicht stark genug darauf drückt. Ich gestehe, mir gefallen diese tscherkessischen Büchsen nicht. An eine solche Waffe kann sich Unsereins nicht gewöhnen; der Kolben ist zu klein – und wenn man sich nicht in Acht nimmt, verbrennt einem das Zündpulver die Nase ... Was dagegen ihre Säbel betrifft – alle Achtung, alle Achtung!"
     
    Nach kurzem Schweigen setzte er hinzu:
     
    "Ja, es thut mir leid um den armen Burschen ... Aber was zum Teufel plagte ihn auch, des Nachts einen Betrunkenen anzureden! ... Uebrigens war es ihm ohne Zweifel schon in der Wiege so bestimmt!" ...
     
    Mehr konnte ich aus ihm nicht herausbringen; er war überhaupt kein Freund von philosophischen Erörterungen.
     
     
    Ende.
     
     
    Fußnoten
     
     
    1 Kosakenhauptmann.
     
     
     
     

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