Ein Herz bricht selten allein
Augenweide war. Trotzdem hätte ich den Rausschmiß natürlich eleganter gestalten können.«
»Du hast dich sehr verändert, Bettina, wirklich sehr«, sagte er tadelnd und mit Betrübnis in der Stimme und hängte ein.
Bettina warf den Hörer auf die Gabel. So, das wäre fürs erste überstanden. Dann kleidete sie sich an. Der Sekt hatte inzwischen die richtige Temperatur bekommen, und sie fand eine Dose Gänseleberpastete im Kühlschrank, Vorschußlorbeeren auf Bernhards beruflichen Erfolg. Wann hatte er je Gänseleberpastete oder etwas Ähnliches nach Hause gebracht? Ganz am Anfang vielleicht hatte er sich zu kleinen Aufmerksamkeiten hinreißen lassen, aber das war sehr bald eingeschlafen. Sie ordnete die Pastete, den Sekt, Toast, Butter, eine Birne und zwei Scheiben Schinken auf einem Tablett an und trug alles zu dem kleinen Tisch vor der Couch. Die Gänseleberpastete war reichlich getrüffelt und schmeckte, dick auf dünnen Toast aufgetragen, herrlich. Bettinas Stimmung, zwischen Ingrimm und Wohlbehagen schwankend, festigte sich allmählich. Sie ließ sich von der Auskunftsstelle der Bundesbahn die Vorortzüge nach Freising durchsagen und beschloß, den Vier-Uhr-Zug zu nehmen. Sollte sie sich bei der Schwiegermutter anmelden oder als mehr oder weniger freudige Überraschung erscheinen? Sie neigte mehr zu einem Überraschungsmanöver.
Nach dem zweiten Glas Sekt fühlte sie sich in der Lage, von Frau zu Frau mit der betrügerischen, betrogenen Freundin Lisa zu sprechen. Sie rief sie in ihrem Büro an. »Hallo, Lisa. Ich bin’s. Bettina.«
»Bettina! Seit wann bist du da?«
»Seit zwei Stunden.«
»Wie gut, daß du da bist! Ich muß mit dir so viel besprechen, Liebste. Bernhard hat den Verstand verloren. Wir müssen etwas tun für ihn, du und ich gemeinsam. Er muß zu einem Psychiater. Du weißt ja nichts, nichts...« Sie fing an zu heulen.
Bettina wartete, bis der erste Schwall vorbei war. Dann sagte sie ruhig: »Das sogenannte Mäuschen habe ich vor einer Stunde hinausgeschmissen, vor die Tür gesetzt, wenn es das ist, was du meinst.«
Genau das war es. »Hinausgeschmissen, die kleine, tückische Schlampe? Da hast du recht.« Lisa begann auszupacken. Sie überschlug sich in ihren Greuelberichten. »Und weißt du, wo er sie aufgegabelt hat? Beim Kegeln, in einer Bowling Hall, du weißt schon.«
»Kegeln ist ein sauberer Sport.«
»Aber sie ist gleich am ersten Abend mit ihm nach Hause gegangen. Ich war übers Wochenende bei meiner Cousine, und als ich wiederkam... Er hat mich abserviert wie einen alten Putzlappen. Wie einen Putzlappen! Ich hätte so was nie für möglich gehalten, bei Bernhard, diesem zuverlässigen, integren Mann.« Wieder ein paar Schluchzer. Bettina ließ sie eine Weile weiterklagen. Sie legte den Hörer neben sich auf die Couch und genehmigte sich ein drittes Glas Sekt. So integer, wie Lisa ihn hinstellte, war Bernhard nicht. Und wie kam Bettina dazu, die Geliebte ihres Mannes zu trösten, die durch eine weitere Geliebte ausgebootet worden war? Als sie den Hörer wieder aufnahm, war Lisa gerade dabei, Julia zu analysieren. »Kenntnisse muß dieses Früchtchen haben, Kenntnisse! Da ist alles dran. Ich kann mir genau denken, was die so treibt, weil nämlich...«
»Bitte keine Details«, unterbrach sie Bettina. »Ich wollte mich zunächst nur zurückmelden und mal sehen, ob du überhaupt noch am Leben bist. Denn allenfalls brauche ich dich.«
»Jederzeit«, sagte Lisa eifrig. »Jederzeit, ich bin immer für dich da.«
»Als Scheidungsgrund oder wie man das nennt. Falls nämlich Bernhard mir etwa böswilliges Verlassen aufhalsen wollte, müßte ich angeben, wieso es dazu gekommen ist.«
Lisa wollte sich nicht gern daran erinnern lassen, daß sie durch ihr Verhältnis mit Bernhard Bettina aus dem Haus getrieben hatte.
»Und die andere?« fragte sie schließlich.
»Die kommt auch dran, beruhige dich. Aber zunächst möchte ich reinen Tisch machen und es mit Bernhard noch mal versuchen.«
»Schatz, wir müssen uns sehen. Bitte! Wir müssen zusammenhalten, es muß wieder wie früher zwischen uns werden«, flehte Lisa bewegt.
Verlogenes Stück. Noch vor ein paar Wochen hast du Bernhard den Floh von der Seelenverwandtschaft ins Ohr gesetzt und ihn mir abspenstig gemacht. Aber es gelang Bettina, ihren Unmut niederzukämpfen. »Erst muß ich mal sehen, wie ich mich hier wieder zurechtfinde«, sagte sie. »Wenn’s absolut nicht klappt, gehe ich zu Mama. Sie hat auf Elba einen
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