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Ein Herz bricht selten allein

Ein Herz bricht selten allein

Titel: Ein Herz bricht selten allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gitta von Cetto
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Franzi sich letzten Endes als recht vernünftig entpuppt hatte, merkte davon nichts. Er schlief wie ein Bär.

    An dem Tag, an dem Poldi vom Packer und Beifahrer in die Abteilung für Reklamationen emporstieg, war er mit Nancy in einem der Broadwaytheater verabredet. Er holte sie in ihrer Wohnung ab. Sie wartete bereits fix und fertig angezogen auf ihn. Ihre Pünktlichkeit war imponierend. Er hatte bisher nur Mädchen gekannt, die zur verabredeten Zeit nie fertig waren, die noch an ihrem Haar herumfummelten oder mit dem Lippenstift arbeiteten oder in letzter Minute entdeckten, daß sie ungleiche Strümpfe trugen oder daß die Augenschatten zu groß geraten waren.
    Poldi besaß einen Schlüssel zu Nancys Wohnung. Er durchquerte rasch die kleine, rundum tapezierte Diele, die wie ein lustiger Hutkarton wirkte, und fand Nancy in ihrem geliebten tiefen, mit Lammfell bezogenen Ohrensessel. Nancy hob ihr Gesicht, und sie küßten sich zärtlich.
    »Reicht es noch für einen Drink?« fragte Poldi.
    Nancy nickte, und Poldi mixte zwei Manhattan. Er berichtete von seinem Aufstieg. »Ich bin jetzt bereits auf der zweiten Hälfte zum Wirtschaftskapitän.«
    »Was mußt du denn in deiner neuen Abteilung machen?«
    »So gut wie gar nichts. Kärtchen einsammeln und von einem Platz zum anderen tragen. Ich bin der Handlanger eines kleinen, schlitzäugigen Portorikaners, der noch weniger zu tun hat als ich. Er heißt Joe und riecht nach Knoblauch. Die eigentliche Arbeit macht die Maschine. Sie wird von morgens bis abends mit Karten gefüttert, registriert die bemängelten Fehler und erteilt gegebenenfalls der Versandabteilung einen Anpfiff. Fabelhaft.«
    »Du faulenzt also.«
    »Ich arbeite mich in die Organisation des modernen Wirtschaftslebens ein«, sagte er empört.
    »Und ich muß mir die Finger krumm tippen und mein Gehirn zermartern für meine Brötchen.«
    »Brötchen mit Porsche«, korrigierte er.
    Nancy sah heute wieder phantastisch aus. Poldi bewunderte die Sicherheit, mit der sie ihre durch Unauffälligkeit auffallenden Kleider wählte. Er bewunderte schlechthin alles an ihr. Er liebte sie, er liebte ihre Stimme, ihren Gang, ihre gescheiten, manchmal allzu nachdenklich und kühl erscheinenden Augen, er liebte ihre Gedanken, das, was sie schrieb und was sie sagte, und wie sie lachte. Nancy war für ihn perfekt, und er sagte sich, daß sein bisheriges verschludertes Leben nichts anderes gewesen war als die Suche nach Nancy.
    Selbstverständlich hatte man sich gegenseitig jede nur erdenkliche Freiheit zugesichert. Worte wie >Treue< oder >auf ewig dein< fanden in dem Vokabular von Nancy und Poldi keinen Platz. Daher war sich Poldi keineswegs darüber klar, ob Nancy sich ebenso rückhaltlos engagiert hatte wie er. Manchmal kamen ihm Zweifel. Aber er schob sie von sich. Doch noch an diesem Abend geschah etwas, was seine Zweifel zu rechtfertigen schien.
    Nach dem Theater sagte Nancy: »Hör zu, ich habe Armand versprochen, daß wir noch in sein Studio kommen.«
    »Wer ist denn Armand?«
    »Ein Freund.«
    »Den kenne ich ja gar nicht«, sagte Poldi, der sich durch Nancys weitverzweigten Bekanntenkreis völlig durchgearbeitet zu haben glaubte.
    »Du kannst ihn auch gar nicht kennen. Er ist ein halbes Jahr in Peru herumgestrolcht und erst gestern zurückgekommen. Ich möchte die Bilder sehen, die er mitgebracht hat, und bin neugierig, nach welcher Richtung er sich entwickelt.«
    »So, er malt.« Das sollte ganz natürlich klingen, aber irgendwie mußte Poldi seine Stimme nicht ganz hingekriegt haben, denn Nancy sah ihn fragend an.
    »Hast du was gegen Maler?«
    »Ich? Nein, um Gottes willen, im Gegenteil«, versicherte Poldi übereifrig.
    Armands Studio lag im Künstlerviertel von New York. Immer wenn Poldi den Fuß nach Greenwich Village setzte, hatte er ein seltsames Gefühl in der Magengegend, so als betrete er heimlich durch die Hintertür ein Land, aus dem er sich freiwillig ausgesperrt hatte. Hier lebten die Künstler, die Nichtstuer und die Fleißigen, die Erfolgreichen, die Denker und Umdenker und Andersdenker, die Unabhängigen, die Könner und die Großmäuler, diejenigen, die sich abzappelten, um eine Rolle in der Gesellschaft zu spielen, und jene anderen, die bei jeder Gelegenheit proklamierten, daß ihnen die ganze Gesellschaft den Buckel ‘runterrutschen könne. Es war die Welt, in der Poldi einst zu Hause war und die er dann, Nancy zuliebe, wieder verlassen hatte. Jetzt trug er Schlips und weißes Hemd und grauen

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