Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Herz bricht selten allein

Ein Herz bricht selten allein

Titel: Ein Herz bricht selten allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gitta von Cetto
Vom Netzwerk:
exerzieren.«
    »Aber du brennst darauf, es zu wissen, ich spüre es doch. Also gut, wir hatten natürlich was miteinander. Das sieht doch ein Blinder.«
    »Und warum ist es aus?« fragte Poldi gelassen.
    Nancys Antwort klang erstaunt. »Wer sagt dir denn, daß es aus ist? Du hörst ja, Armand hat sich eine Ewigkeit in Peru herumgetrieben. Er war nicht da.«
    »Du denkst also an eine Kombination von Armand und mir.«
    »Ich denke nur an mein Bett. Ich bin hundemüde, ich werde mir nicht einmal mehr die Zähne putzen«, entgegnete sie schläfrig.
    »Gut, Darling, vielleicht erzählst du es mir morgen abend«, meinte Poldi und bettete Nancys Kopf von der Schulter in seinen Arm um.
    »Morgen nicht. Vielleicht übermorgen. Morgen bin ich mit Armand verabredet«, sagte sie. »Du hast es doch gehört: Wir schauen uns den polnischen Film an von dem Dingsbums. Ich weiß nicht, wie er heißt.«
    »Nein, verzeih, ich habe es eben nicht gehört. Sonst hätte ich nicht gefragt. Ihr habt auch nur immer im Flüsterton miteinander gesprochen.«
    »Nächstens werde ich ein Megaphon mitnehmen, damit du alles verstehen kannst«, sagte Nancy mit leisem Auflachen.
    Poldi fand das absolut nicht zum Kichern. Er hatte nichts zu erwidern. Es hätte auch gar keinen Zweck gehabt, denn Nancy schlief schon wieder. Er kannte das an ihr. Wenn die große Müdigkeit sie überfiel, konnte sie sich dagegen beim besten Willen nicht zur Wehr setzen.
    Sie waren angekommen. »Bring mich ins Bett, Darling«, lallte sie mehr, als sie sprach, während Poldi die Wohnungstür aufschloß.
    Die Wohnung war überheizt. Er öffnete die Fenster und ließ die kühle Dezemberluft herein. Dann zog er Nancy, die sich wie ein Igel auf ihrem Bett zusammengerollt hatte, aus, fädelte ihre Arme in das weiße Spitzennachthemd, bettete den Kopf auf das winzig kleine Daunenkissen, das sie auf allen ihren Reisen mitschleppte, und zog ihr die Füße lang. Sie merkte von alldem nichts mehr. Sie lag da mit einem völlig entspannten Gesicht, über das nur ein flüchtiges Lächeln irrte, als Poldi sie leise auf die Stirn küßte. Vielleicht denkt sie nicht an mich, sondern an Armand, durchzuckte es ihn. Ihre Haut, noch mit einer leichten Färbung von Sonne und Meer, schimmerte wie dunkler Bernstein.

    Poldi brannte vor Eifersucht, er war unglücklich und verwirrt. Sein Verstand hatte schlecht gearbeitet. Alles, was er sich da mit Nancy ausgeknobelt hatte, die volle Freiheit des Partners in seinem Handeln, Denken und Empfinden, dieser ganze fürsorglich zusammengeschaufelte Plunder zum Schutz gegen die überholten Gefühle der Großmütter brach angesichts der friedlich schlummernden Nancy, die es mit Armand getrieben hatte und vielleicht noch weiter treiben würde, zusammen.
    Poldi lief durch die kalten, gleichgültigen Straßen des nächtlichen New York. Ein eisiger Wind riß ihm den Hut vom Kopf. Er mußte wie ein Narr hinter seiner Sechsdollarfünfzig-Kopfbedeckung herjagen. Entwürdigend. Ganz Amerika war entwürdigend samt dem grinsenden Joe und der Elektronenmaschine, dem im Superformat malenden Armand und der kaltschnäuzigen, überheblichen Nancy. Was will ich überhaupt hier, fragte sich Poldi. Ich haue ab, ich lasse mich doch nicht zum Narren halten von diesem arroganten Kontinent und seinen Menschen.

    Aber Poldi blieb noch. Das war er schon Frank schuldig. Er konnte nicht Hals über Kopf davonrennen. Nancy teilte ihre Zeit redlich zwischen ihm und Armand. Wenn sie sagte: »Armand hat für heute Konzertkarten besorgt«, blieb ihm wenigstens noch, vor der Carnegie Hall in irgendeinem finsteren Winkel zu lauern, bis das Konzert zu Ende war, nur um Nancy an Armands Arm strahlend und in glanzvoller Aufmachung in ein Taxi verschwinden zu sehen. Manchmal gelang es ihm, sich das nächste Taxi zu erkämpfen und den beiden nachzufahren, um festzustellen, in welchem Lokal die beiden saßen und ob sie überhaupt ein Lokal aufsuchten oder in Nancys oder Armands Haus verschwanden. Dann wartete er, bis oben die Lichter angingen, schlug sich mit den Fäusten auf die Knie und knirschte: »Ich Trottel, ich Trottel, ich hirnverbrannter Idiot.«
    Nancy kam Poldi weicher und gelöster vor. Auch das noch! Er verübelte ihr ihre Liebenswürdigkeiten und manchmal, wenn sie den Arm zärtlich um ihn legte und sagte: »Du bist so bissig in letzter Zeit, du hast doch hoffentlich nichts auf der Galle?« Dann hüllte er sich in verstocktes Schweigen oder bemerkte hämisch: »Es kann eben nicht

Weitere Kostenlose Bücher