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Ein Herz bricht selten allein

Ein Herz bricht selten allein

Titel: Ein Herz bricht selten allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gitta von Cetto
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und Mutter erwartet. Es hat mich daher nicht erstaunt, daß mein Sohn nach einer sich schon lange abzeichnenden Ehekrise die Flinte ins Korn geworfen hat.«
    Hier beschloß Anna, den Brief erst später zu Ende zu lesen. Es war empfehlenswert, den Grimm auf einige Stunden zu verteilen, um daran nicht zu ersticken.
    Noch am selben Tag verfaßte sie einen Antwortbrief. Sie warf darin die Frage auf, was die Gegenschwiegermutter unter >Flinte ins Korn werfen< verstand. »Spielst Du damit auf Bernhards unoriginellen Einfall an, Bettina mit ihrer Freundin zu betrügen?« schrieb sie. »Ich gebe zu, daß meine Tochter kein Engel ist. Aber die Ehe mit Deinem Sohn war so, als hätte man sie in einen Pappkarton eingesperrt.« Dies war aber nur die milde Einleitung zu einem sehr unfreundlichen, teilweise auch ungerechten Brief. Als sie sich allen Zorn vom Leib geschrieben hatte, überkam Anna die wohltuende Ruhe der Löwin, die ihr Junges verteidigt und dabei eine andere Löwenmutter zerfleischt hat. Sie las den Brief noch einmal durch, setzte hier und da ein Komma, faltete ihn millimetergenau zusammen und verbrannte ihn dann an einer der beiden Kerzen, die ihr als Licht dienten.

    Das Telegramm aus Rom brachte Patrizia. Patrizia war Salvatores Enkelkind, Tochter des Maurers Renato Buonamico, den Anna in Gedanken zu ihrem Baumeister erkoren hatte. Patrizia hatte dicke schwarze Zöpfe und einen viel zu großen Kopf für ihren mageren kleinen Körper. Anna hatte sich angewöhnt, Patrizia jedesmal mit ein paar Tropfen Kölnisch Wasser zu besprengen. Patrizia, die Anna für eine heilige Frau hielt, hatte anfangs das Kreuzzeichen gemacht, aber Anna hatte es ihr ausgeredet und ihr gesagt, daß das Besprengen mit Kölnisch Wasser eine Beschwörung gegen schlechten Duft sei. Dennoch blieb die Signora für Patrizia, die sie mit Kaugummi, Schokolade und leeren Farbbandspulen beschenkte, eine wundertätige Frau.
    In ihrem Telegramm gab Bettina eine Telefonnummer an und bat um Annas Anruf. Anna setzte sich augenblicklich in ihren kleinen Wagen und fuhr in den Ort. Patrizia kniete neben ihr auf dem Sitz und ließ das Handschuhfach ununterbrochen auf- und zuklappen. Aber das machte Anna nicht nervös, es rief nur Sehnsucht nach ihrer kleinen Enkelin hervor. Bernhardine durfte nicht bei den Hallers bleiben, in dieser Pappschachtelfamilie. Sie würde sie ihnen aus dem Rachen reißen! Die Löwenmutter war wieder wach.
    Die öffentliche Telefonzentrale befand sich in einem Schreibwarenladen. Die bucklige Gasse war von alten Frauen und Männern, die ihre Tage auf den Stufen ihrer Häuser verdösten, von mageren Katzen und streunenden Hunden bevölkert. Sie nannte sich stolz Via Roma. Die Besitzerin des Schreibwarenladens besah sich das Telegramm und begann dann, an ihrem braunen Apparat, der die Zierde jedes städtischen Antiquitätenladens gewesen wäre, energisch herumzukurbeln. Anna kaufte sich ein paar nicht mehr ganz aktuelle deutsche Zeitungen und Illustrierte und richtete sich auf eine längere Wartezeit ein. Aber der alte Zauberkasten mit der großen Kurbel stellte die Verbindung mit Rom in erstaunlich kurzer Zeit her.
    Anna stolperte in die finstere Telefonzelle, die nach Zigaretten und staubigen Stiefeln roch, und dann vernahm sie Bettinas helle Stimme.
    »Mama? Das ist ja wahnsinnig schnell gegangen!«
    »Warum hast du mir nicht geschrieben? Ich war in Sorge.«
    »Ach, Mamutschka!« Bettina seufzte. »Immer in Sorge, ich kenne dich gar nicht anders. In Sorge um mich, in Sorge um Poldi, in Sorge um Franzi, in Sorge um deine Steuern.«
    »Wie geht es dir?« schnitt ihr Anna ungeduldig das Wort ab.
    »Wunderbar. Jean und ich wollen heiraten.«
    »Du bist noch gar nicht geschieden. Ich habe einen höchst unerfreulichen Brief von deiner Schwiegermutter bekommen. So geht es wirklich nicht weiter. Ich begreife dich nicht. Ich möchte wissen, wozu ich mir den Mund ein halbes Leben lang fusselig geredet habe, um dir beizubringen, was man tut und was man eben nicht tut.«
    Anna holte Atem, und in diesem Augenblick sagte Bettina: »Hallo, Mama? Bist du noch da?«
    »Natürlich bin ich noch da.«
    »Ah, ja, jetzt höre ich dich wieder«, kam es vergnügt zurück. »Vorhin warst du ganz weit weg. Ich habe kein Wort verstanden. Was hattest du gesagt?«
    »Ich schreibe es dir. Aber bilde dir keinesfalls ein, daß du mit einem Skandal eine große Filmkarriere beginnen kannst!« sagte Anna.
    »Der Film ist sowieso geplatzt. Es war eine

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