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Ein Herz bricht selten allein

Ein Herz bricht selten allein

Titel: Ein Herz bricht selten allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gitta von Cetto
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pilgerte in ihr Stammcafé, kaufte die Apfelschnitte und ließ sie sich einpacken. Dann begab sie sich in die Telefonzelle, sicherte dabei nach rechts und links, als gehe sie lasterhaften Vorhaben nach. Ihre Knie zitterten. Sie rief sich zur Ordnung. War sie nicht mehr ganz richtig? Was war denn los mit ihr? Sie rief den aus Basel stammenden netten und gefälligen Ludwig Seggelin an, um ein bißchen bla-bla zu machen. War das ein Grund zur Aufregung? Und schon wählte sie die Nummer.
    Seggelin meldete sich fast augenblicklich, und das gab Bettina kaum Zeit, ihre Stimme einigermaßen zu ordnen.
    »Bettina Haller, erinnern Sie sich noch?« sagte sie eher aufgeregt als lässig.
    »Ja, Grüetzi, freilich erinnere ich mich«, rief er erfreut. »Sitzen Sie wieder in der Patsche? Brauchen Sie ein bißchen Kleingeld für ein Taxi oder ein Hotel?« Im Hintergrund war Gepolter, vermengt mit Radio und Kinderstimmen. »Hélène, bitte Tür zu! Man versteht ja sein eigenes Wort nicht. Also, was ist? Sie wissen ja! Seggelin — stets zu Ihren Diensten.«
    »Nein, ich brauche kein Geld.« Bettinas Stimme fror ein.
    »Schade. Das war so ein netter Anknüpfungspunkt. Aber vielleicht können wir uns auf einen anderen einigen. Woher wissen Sie überhaupt, daß ich hier bin?«
    »Ich habe Sie gesehen. Und da dachte ich... Na ja, ich habe eben mal nachgeguckt im Telefonbuch.«
    »Sicher, dafür ist das Telefonbuch ja da«, half er ihr über die Klippen. »Ich habe hier ein Chalet, wissen Sie. Im Winter ist es immer vollgestopft mit Freunden. Sie vermehren sich wie die Karnickel, wenn man ein Häuschen in einem Skigebiet hat. Wenn der Rummel vorbei ist, gibt’s dann endlich Platz für mich und meine Familie. Meine Kleine, die Sibyll, hat sich den Fuß gebrochen. Da war’s mit dem Skifahren sowieso nichts.«
    »Ah, ja.« Bettina wußte nicht, was sie eigentlich noch wollte. Aber schließlich hatte sie ja diese Sache angekurbelt, und sie konnte sie jetzt nicht einfach wieder abblasen. Sie scharrte mit ihrer Fußspitze den Staub vom Boden der Telefonzelle auf. »Es ist schön hier in Davos, ich bin zum erstenmal hier«, sagte sie. »Obwohl — um diese Jahreszeit ist es eher eintönig.«
    »Sind Sie denn allein hier?«
    »Ja. Eigentlich bin ich nur auf der Durchreise hier«, log sie. Warum mußte sie eigentlich immer lügen, wenn sie mit Seggelin zusammentraf? Vielleicht, weil es so aussah, als renne sie ihm nach. Kein anderer Mann brachte sie so leicht in Verlegenheit wie dieser Seggelin.
    »Ich kenne Sie nur auf Durchreisen, Bettina. Sind Sie eigentlich je irgendwo seßhaft? Ich habe Sie doch damals zu Ihrem Mann und Ihrem Kind heimgeschickt. Haben Sie mir auch gefolgt?«
    »O ja, ich schulde Ihnen noch Dank und eine Menge Geld.«
    »Unsinn.«
    »Es war eine herrliche Heimkehr.«
    »Na, sehen Sie. Alles wendet sich zum Besten. Die dramatische Sache mit Ihrem Bruder hat sich auch aufgeklärt. Nur mit Freund Rindlende hat es noch böse Überraschungen gegeben, haben Sie es gelesen?«
    »Nein.«
    »Ach ja, Sie lesen ja keine italienischen Zeitungen. Drei Länder bemühen sich um seine Auslieferung. Seien Sie nur heilfroh, daß Sie aus der Sache ‘raus sind oder gar nicht erst richtig ‘reingekommen sind. Aber ich fürchte, daß Sie irgendwann mal auf die Zeugenbank müssen. Oder Sie müssen zum mindesten die Art, wie er Sie nach Rom gelockt hat, zu Protokoll geben. Bricht Ihnen das Herz noch, wenn Sie an ihn denken?«
    »Mein Herz ist aus Gußeisen.«
    »Das habe ich mir gedacht. Rauchen Sie noch so viel?«
    »Och, eigentlich nicht mehr so viel.« Wann hatte sie die letzte Zigarette geraucht? Das lag Ewigkeiten zurück, und sie war noch keineswegs ganz darüber weg, über die Raucherei. Jetzt zum Beispiel hätte sie sich für ihr Leben gern eine Zigarette angesteckt.
    Bei Seggelins begannen die Kinder wieder zu toben. Jemand mußte die Tür aufgemacht haben.
    »Hélène, geht’s nicht für einen Augenblick leiser?« bat Ludwig Seggelin dringlich, doch sehr liebenswürdig.
    Natürlich liebenswürdig. Voll Nachsicht gegen die schmucke Neuerwerbung, die schöne Helena, Lenchen. Bettina rang nach einer Möglichkeit, das Gespräch rasch zu beenden. Denn was hatte es für einen Sinn, wenn im Hintergrund die andere wie die Spinne im Netz lauerte? Ich werde immer von demselben Frauentyp ausgestochen, sagte Bettina sich. Ich bin nicht begabt, Männer zu angeln oder sie gar zu halten. Mein Aussehen arbeitet gegen mich, man hält mich für eine

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