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Ein Herz bricht selten allein

Ein Herz bricht selten allein

Titel: Ein Herz bricht selten allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gitta von Cetto
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zweiter Ehe sind bessergestellt als die geschiedene Frau. Sie haben größere Rechte, ihre Ansprüche sind im Gesetz schärfer umrissen. Die geschiedene Frau mußte unter Umständen wegen jedem Pips zum Vormundschaftsgericht rennen, immer wieder klagen, Nachweise über Sonderausgaben beibringen und einstweilige Verfügungen erwirken. Eine ewige Mühsal.
    Bettina las Bernhards Brief zum drittenmal, ausgestreckt zwischen Mary Croon und Frau Laastrek, die wieder mal über die schönen Tulpen und die böse Stiefschwester diskutierten. Alles ging über Bettinas Kopf hinweg. Ich werde ihm seine Scheidung geben, dachte sie. Vom finanziellen Standpunkt aus ist es sicher nachteilig für mich, aber man kann sein Leben nicht mit dem Rechenschieber meistern. Ich könnte mich hinter Paragraphen verschanzen und ihn noch ewig, vielleicht sogar sein ganzes Leben lang, hinhalten. Aber das wäre schäbig von mir.
    Zwei Tage nach Erhalt seines Briefes schrieb sie ihm sachlich und ohne es als eine besondere Heldentat herauszustreichen, sie gebe seinem Wunsch nach, aber hoffe, daß es ohne großes Tauziehen und Schachern abgehen würde. Einen Durchschlag schickte sie an Anna mit der Bitte, sich in München um einen vernünftigen Anwalt zu bemühen und ihr nicht böse zu sein, daß sie diesen Schritt getan hatte, ohne sich mit ihr vorher zu besprechen. »Ich werde Dir bestimmt nicht auf der Tasche liegen, Mama. Ich lasse mir schon was einfallen, sobald ich wieder auf dem Damm bin. Der Professor hat mir heute gesagt, daß die >Stelle< am Vernarben ist. Was jetzt noch an Herumliegen und Mästen kommt, gilt, eigentlich schon als Nachkur. Man will auf Nummer Sicher gehen. Schlimm ist, daß in diesem Jahr nicht an Elba zu denken ist. Ich hätte Dir so gern geholfen, Deinen Palazzo zu bauen. Als Mörtelträgerin vielleicht. Auch kann ich vorzüglich anstreichen (ich habe doch meine Küche selbst gestrichen in München, erinnerst Du Dich?). Doch, wie gesagt, ist das leider, leider Essig. Keine starke Sonnenbestrahlung, sagt Burrli. Küß Bibi von mir, wenn Du sie erwischst«, schrieb sie.
    Von Anna traf ein Telegramm ein. »Schrecklich unklug aber richtig Gruß Mama.«
    Sechs Wochen waren vergangen, und Bettina durfte jetzt, wie Professor Burrli es ausdrückte, schon >ganz frei< herumlaufen. Sie spazierte viel in den Ort, kaufte sich Zeitschriften, setzte sich damit in ihre Konditorei, verzehrte Nußtorte mit Schlagsahne, arbeitete die Heiraten, Scheidungen und Skandale der Filmstars, die Morde, die Unwetterkatastrophen und die Fürstenhochzeiten durch und landete schließlich beim genauen Studium der Modeseiten. Eigentlich durfte sie sich überhaupt nicht mehr unter die Leute wagen. Sie stellte fest, daß sie in ihrer Weltabgeschiedenheit unversehens eine von gestern geworden war. Ihre Freunde fehlten ihr, die Telefonanrufe, der kleine Klatsch. Und Bibi! Die Sehnsucht nach Bibi trieb ihr manchmal Tränen in die Augen.
    Mary Croon war vor zehn Tagen heimgeschickt worden zu ihrer bösen Stiefschwester, die Gute! Frau Laastrek, die wieder etwas Temperatur bekommen hatte, wurde noch zurückgehalten. »Mein Schwager ist jetzt dabei, eine olivfarbene Tulpe zu züchten«, erzählte sie. »Stellen Sie sich das vor!«
    »Oh, wie aufregend«, sagte Bettina höflich. Sie würde nie mehr im Leben eine Tulpe in ihrer Nähe dulden. Nie mehr Tulpen, nie, nie... Rosen mußten es sein. »Ich möchte auf Rosen gebettet sein«, malte sie in Druckschrift auf ihre Fiebertabelle, die längst keine beunruhigenden Kurven mehr zeigte. Schwester Ina würde empört sein über die Entweihung der Tabelle, sie würde daran herumradieren, damit der Chef diese Verunstaltung nicht wahrnahm.
    »Ich langweile mich hier zu Tode, Schwester Ina«, klagte Bettina.
    Schwester Ina drohte mit ihrem langen, roten Zeigefinger. »Sie sollten das Wort Tod nicht in den Mund nehmen. Wir haben Sie hier gesund gemacht. Und was wollen Sie überhaupt, Sie gehen ja jeden Tag aus.«
    »Aus!« sagte Bettina verächtlich. »Ich gehe wie ein dummes Schulkind in eine Konditorei, weil mir nichts Besseres einfällt. Was soll ich Ihnen heute mitbringen? Nuß- oder Schokoladentorte?«
    »Eine Apfelschnitte, bitte.«
    »Oh?« Bettina horchte auf. »Keine Nußtorte heute?« Sollte auch in der alten, flachgebügelten Brust der Schwester Ina der Frühling sein ruchloses Unwesen treiben und ihre immer gleichbleibenden Wünsche aus der Reihe tanzen lassen? Die Apfelschnitte war nur ein Symbol. Wahrscheinlich

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