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Ein Herz bricht selten allein

Ein Herz bricht selten allein

Titel: Ein Herz bricht selten allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gitta von Cetto
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kürzester Zeit zum Schreck seiner Umgebung und
Liebling der Familie empor. Als Seggelins Frau bei einer Fahrt nach Modena
gegen den Betonpfeiler einer Autobahnbrücke gerast war, hatte man den herrenlos
umherirrenden blutenden Hund erst nach Tagen gefunden.
    Ludwig Seggelin war erschüttert
gewesen, daß seine Frau so entsetzlich hatte umkommen müssen. Es war für ihn
ein harter Schlag gewesen. Aber es hatte ihn nicht gebrochen. Er war
schließlich erst fünfunddreißig Jahre alt. Seine Kinder nahm seine Schwester,
die bereits sechs eigene besaß, an ihr mütterliches Herz. Auch Lackel nahm sie
auf, weil Seggelin seine Villa mit dem großen Garten gegen eine Stadtwohnung
tauschte.
     
    Ludwig Seggelin blickte auf das
zerwühlte Bett und überlegte seinen nächsten Schritt. Stellte sich diese Frau
schlafend, oder schlief sie wirklich? Und warum war dieses weiße
Batistnachthemd verrutscht? Warum bettete sie den Kopf auf die Hand ihres nach
oben gebogenen Armes? Man sah viel zuviel von ihrer jungen, wohlgeformten
Brust. Zum Teufel mit diesem ganzen Busenkult, dachte er ärgerlich.
    Er riß seinen Blick los, lenkte
ihn zu dem Rosenmuster der zerschlissenen Tapete und räusperte sich. Doch
Bettina rührte sich nicht.
    Schließlich berührte er sie an
der Schulter und sagte: »Ich hatte draußen gewartet. Ich dachte, Sie wollten
sich anziehen.«
    Jetzt war Bettina sofort
hellwach, und alles fiel ihr wieder ein.
    »Gehen Sie noch mal ‘raus, ich
bin in zehn Minuten fertig«, sagte sie. Es wäre so wunderbar gewesen, bis tief
in den Mittag hinein zu schlafen, aber zunächst mußte sie sich diesen
übergeschnappten Eidgenossen vom Halse schaffen.
    Sie sprang aus dem Bett und zog sich an.
    »Wenn Sie meine Bekanntschaft
gesucht haben, warum haben Sie mich dann nicht einfach im Hotel angesprochen?«
Sie hatte vom kalten Duschen einen leidlich klaren Kopf.
    »Es tut mir leid, daß ich Sie
enttäuschen muß. Ich suche nicht Ihre Bekanntschaft. Ich suche meine Million
Lire. Das sind über sechstausend Schweizer Franken«, entgegnete er trocken.
    Bettina trug ihr schickstes
Kleid aus schwarzer, dicker Noppenseide, ganz einfach gearbeitet. In der Hand
hatte sie eine schwarz-rot-grüne Tasche von Roberta, und in dieser Tasche
befanden sich siebenhundertfünfzig Lire, nicht ganz fünf Mark.
    »Daß Ihr Paß gefälscht ist und
Sie gar nicht Haller heißen, war mir von Anfang an klar. Auch dem
Hoteldetektiv.«
    »So? Ach?« sagte Bettina
abwesend. Ich bin total abgebrannt, dachte sie, irgendwo muß ich Geld
auftreiben. Ob ich meine Uhr, mein goldenes Armband und meinen Ring versetzen
soll?
    Sie schob sich an den beiden
Jungen vorbei, die auf dem Treppenabsatz herumlungerten. Die grelle Sonne tat
ihr weh, als sie auf die Straße hinan
    »Wie heißen Sie denn nun
wirklich?« fragte der Fremde.
    »Seit wann muß eine Frau sich
zuerst vorstellen? Ist Schweizer Sitte?«
    »Ludwig Seggelin«, sagte er.
    »Frieda Plus.« Sie hatte diesen
komischen Namen vor ein paar Wochen in der Zeitung gelesen und ihn sich
gemerkt.
    »Plus?«
    »Ja, das Gegenteil von Minus.«
    »Wann sind Sie mit Ihrem —
Ihrem Komplicen verabredet?«
    Sie überquerten die Straße. An
der Kreuzung stand ein Polizist mit prachtvollem Cäsarenschädel und bewegte mit
überlegener Eleganz die Arme, als dirigiere er nicht ein Heer ungeduldiger,
lärmender, Gestank verbreitender Autos, sondern ein Sinfonieorchester. Bettina
widerstand nur schwer der Versuchung, sich ihm in die Arme zu werfen und ihn zu
bitten, sie von Herrn Seggelin zu befreien. Sie war jetzt ganz sicher, daß er
verrückt war. Dieses immer wiederkehrende Aufblitzen seiner blauen Augen war
bestimmt nicht normal.
    »Hier ist mein Wagen«, sagte
Seggelin und wies auf einen finster aussehenden, uralten Citroen. Solche Autos
hatten nichts mehr auf dieser Welt zu suchen! Sie kommen nur noch in alten
Gangsterfilmen vor. Bettina sah sich von einer Maschinenpistole durchlöchert am
Rand eines Olivenhaines liegen; ihr schönes junges Leben war ausgehaucht, und
in ihrem roten Haar turnten Ameisen. Geschieht! Mama ganz recht, dachte sie
schadenfroh. Dann begann sie zu laufen. Sie bahnte sich mit den Ellenbogen
ihren Weg zwischen Fußgängern hindurch und stolperte fast über eine schwarze Katze,
die ihr vor die Füße lief. Sie rannte um ihr Leben. Um keinen Preis der Welt
wäre sie in dieses Vehikel eingestiegen. Hatte sie den Irren abgeschüttelt? Sie
wagte nicht, sich umzusehen. Sie mußte so schnell wie möglich zu

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