Ein Hoffnungsstern am Himmel Roman
war hinausgeflüchtet und ging jetzt langsam auf die Sanddünen zu.James war entsetzt über den Anblick der winzigen, öden Stadt, doch Estella schien hier inmitten von Menschen zu leben, die sie aufrichtig schätzten und ihr helfen würden, über den Verlust des Kindes hinwegzukommen. Diese Gewissheit minderte James’ Schuldgefühle ein wenig. Er verstand allerdings sehr gut, dass Caroline es in Kangaroo Crossing nicht ausgehalten hatte – ein so heißer, staubiger, schrecklich primitiver Ort ...
Während er dahinstapfte, versuchte er die Erinnerung an Estellas Verzweiflung zu verdrängen. In einiger Entfernung entdeckte er Eingeborene und deren nackte Kinder. Als sie näher kamen, sah er, dass den Kindern Fliegen übers Gesicht liefen, und ihn schauderte. Er versuchte sich vorzustellen, wie sein Sohn oder seine Tochter mit diesen Kindern im Staub spielte, doch der Gedanke war zu schrecklich. Dann sah er sein Kind vor sich, wie es in Davinias gepflegtem Heim spielte, umgeben von allem denkbaren Luxus.
»Ich tue das Richtige«, murmelte er vor sich hin, während er die Eingeborenen über die Dünen davonziehen sah.
Er stand noch immer dort, beeindruckt von der Stille der Wüste um ihn herum, und blickte auf die Dünen, als er plötzlich schwere Schritte hinter sich hörte. Als er sich umwandte, sah er einen Mann, der ihn mit so viel Hass anstarrte, dass er unwillkürlich zurücktrat.
»Da hier keine andere gelbbäuchige Schlange herumkriecht, nehme ich an, dass Sie James Lawford sind«, fuhr Murphy ihn an und musterte ihn verächtlich.
»Darf ich fragen, wer Sie sind?«, fragte James nervös. Immerhin schien sein Gegenüber nicht bewaffnet zu sein.
»Ich bin Michael Murphy. Merken Sie sich diesen Namen gut, denn ich werde im traurigen Rest Ihres Lebens eine sehr wichtige Rolle spielen.«
James war nicht sicher, ob er richtig gehört hatte, doch das Blut gefror ihm in den Adern.
37
U nd jetzt noch einmal, Estella – streng dich an!«, drängte Kate, die ohne Umschweife zum vertraulichen Du übergegangen war.
»Ich kann nicht«, stieß Estella hervor. »Ich ... bin so müde ...« Es kam ihr so vor, als presse sie schon seit Stunden, und sie hatte kaum noch Kraft.
»O doch, du kannst. Ich sehe schon den Kopf! Wenn du noch ein paar Mal kräftig presst, kannst du dein Baby im Arm halten!«
Estella richtete sich mit Mühe so weit auf, dass sie sich auf die Ellbogen stützen konnte. Kylie nahm das feuchte Kissen unter ihrem Kopf fort und tauschte es gegen ein trockenes aus. Trotz des Ventilators, der sich an der Decke drehte, war Estella in Schweiß gebadet. Kylie hatte ihr schon zwei Mal ein neues Nachthemd angezogen, sogar ihre Haare waren nass. »Ist der Kopf wirklich schon da?« Sie blickte Flo an, die neben ihr saß und vor Rührung nicht sprechen konnte, doch sie nickte.
Flo, die selbst keine Kinder besaß und niemals eine Geburt miterlebt hatte, war entsetzt und freudig erregt zugleich. Auch Stolz erfüllte sie, weil sie dabei sein konnte, wie Estella ihr erstes Kind zur Welt brachte. Flo wusste, dass auch Caroline alles dafür gegeben hätte, ihr erstes Enkelkind auf die Welt kommen zu sehen.
Wieder kam eine Wehe, und Estella zog die Knie an und hielt ihre Fersen fest, um besser pressen zu können. Katewurde nicht müde, sie zu ermutigen. »Ja, pressen, Estella – stärker!«
Wieder holte Estella tief Luft und drückte mit aller Macht. Ihr Gesicht lief von der Anstrengung rot an. Flo tupfte ihr den Schweiß von der Stirn. Sie litt so sehr mit ihrer Nichte, dass sie sich selbst körperlich vollkommen erschöpft fühlte.
»Der Kopf ist da«, verkündete Kate. »Noch einmal, dann sind auch die Schultern heraus.«
Estella umklammerte Flos Hand und presste noch einmal, so kräftig sie konnte. Kate sorgte dafür, dass zuerst die eine, dann die andere Schulter kam, und dann glitt der kleine Babykörper auf die Welt.
»Ein Junge!«, rief Kate voller Freude. »Estella, du hast einen Sohn!«
Estella fiel in die Kissen zurück und begann vor Erschöpfung und Erleichterung zu schluchzen. Ihre Freudentränen mischten sich mit dem Schweiß auf ihrem Gesicht. »Ein Sohn ...« Sie konnte es nicht glauben.
Kate hielt das Baby hoch, und es stieß einen kräftigen Schrei aus. Es war das schönste Geräusch, das Estella je gehört hatte, und sie lachte und weinte zugleich. »Ist alles in Ordnung mit ihm?« Durch einen Tränenschleier hindurch betrachtete sie den kleinen Körper, um sich zu vergewissern, dass ihr
Weitere Kostenlose Bücher