Ein Hoffnungsstern am Himmel Roman
stimmt. Und James schätzt das gesellschaftliche Leben sehr. Ich glaube nicht, dass er darauf verzichten will. Aber als Mutter werde ich nicht so viele Partys und Bälle besuchen können, wie wir es jetzt tun, nicht einmal, wenn wir jemanden einstellen.«
»Es ist ein sehr schöner Tag, Estella. Sie sollten einen Picknickkorb packen und James im Büro mit der Nachricht überraschen. Gehen Sie mit ihm in den Hyde Park, und erzählen Sie ihm die große Neuigkeit. Dann werden Sie sehen, dass Ihre Sorgen völlig unbegründet waren.«
Estella stand auf. »Ich nehme an, früher oder später werde ich es ihm sagen müssen.«
»Allerdings. Und was fühlen Sie selbst in dieser Sache? Freuen Sie sich auf Ihr erstes Kind?«
Estella legte eine Hand auf ihren Leib und versuchte sich das Leben vorzustellen, das in ihr heranwuchs. Ein zaghaftes Lächeln legte sich auf ihre schönen Züge, gepaart mit einem Ausdruck des Erstaunens. Dr. Blake liebte diesen Ausdruck auf den Gesichtern von Frauen, die ein Kind erwarteten. Es waren die Momente, in denen er seine Arbeit am liebsten tat.
In Gedanken verloren schlenderte Estella unter dem Glasdach der Burlington-Arkaden entlang. Irgendwann blieb sie stehen, um ein hübsches Tweedkostüm zu bewundern, das ihr ins Auge fiel. Der wadenlange graue Rock und die passende hüftlange Jacke hätten ihre schlanke Figur gut zur Geltung gebracht. Der Gedanke, dass ihre Körperformen sich bald verändern würden, zauberte ein nachdenkliches Lächeln um ihre Mundwinkel. Sie fragte sich, ob sie wirklich bereit war für alles, was mit ihr geschehen würde.
Als sie sich umwandte, sah sie ihr Spiegelbild in der Schaufensterscheibe. Sie trug ein cremefarbenes wadenlanges Kleid, dessen weit schwingender Rock mit roten Rosen bedruckt war; dazu rote Schuhe und einen passenden Hut mit breiter Krempe. Sie versuchte, sich ihren schwangeren Leib vorzustellen, die geschwollenen Füße ... Würde James sie unattraktiv finden?
»So ein Unsinn!«, murmelte sie ärgerlich. »James liebt dich, und er wird auch unser Kind lieben.« Obwohl James dazu neigte, seinen Schwächen und Leidenschaften nachzugeben, war Estella sicher, dass er ein wunderbarer Vater sein würde. Sie hoffte, einen Sohn zu bekommen, mit dem James im Park Fußball spielen konnte. Er war immer sehr sportlich gewesen, besonders während seines Studiums; deshalb zweifelte sie nicht daran, dass auch er gern einen Sohn hätte.
Estella öffnete die Tür zu James’ Büro, das er in einem Gebäude am Grosvenor Square gemietet hatte – und blieb verwundert stehen: Statt wie erwartet Miss Frobisher zu sehen, die Sekretärin ihres Mannes, stand sie vor einer Frau mit breiten Schultern, kräftigen Armen und einschüchterndem Blick, die eher für den Posten der Leiterin des Obdachlosenasyls in Ealing geeignet schien. Nach einem Blick auf den Berg von Sandwiches und Kuchen auf dem Tisch, der Estella seltsam fremd vorkam, wurde ihr klar, dass sie die Frau beim Mittagessen störte. »Entschuldigen Sie, wo ist Miss ... Frobisher?«
»Wer ist Miss Frobisher?«, fragte die Frau, die eben in ein dickes Sandwich hatte beißen wollen, unfreundlich zurück.
»Die Sekretärin meines Mannes. Ist sie krank?«
»Ich arbeite für Mr. Cook, und Sie sind ganz sicher nicht seine Frau.«
Estella wurde von einem eisblauen Augenpaar mit durchdringendem Blick gemustert. Normalerweise hätte sie sich jetzt kerzengerade aufgerichtet, doch so, wie sie sich im Moment fühlte, hätte sie sich am liebsten umgedreht und die Flucht ergriffen. »Ich bin Mrs. Lawford«, sagte sie leise. »Und ich kenne keinen Mr. Cook.«
»Und ich kenne keinen Mr. Lawford.« Die eisigen blauen Augen wurden schmal, als die Frau ihr Sandwich widerstrebend auf den Tisch legte. Sie erhob sich und kam auf Estella zu. Ihre ganze Haltung drückte aus, dass sie die Besucherin am liebsten auf nicht eben freundliche Art hinauskomplimentiert hätte. »Sind Sie sicher, dass Sie im richtigen Büro sind, Mrs. Lawford?«, fragte sie mit kaum verhohlener Ungeduld.
»Ich weiß doch, wo mein Mann arbeitet!«, entgegnete Estella mit einem Blick auf die Mattglasscheibe in der Tür. Alarmiert stellte sie fest, dass das Schild mit der Aufschrift JAMES LAWFORD RECHTSANWALT verschwunden war, und brach mit einem Mal in Tränen aus. Sie kam sich albern vor, konnteaber nichts dagegen tun. Wie war es möglich, dass sie das Büro ihres Mannes nicht fand?
Sofort entdeckte Edwina McDonald ihre mütterliche Ader. »O je, was
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