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Ein Jahr in Andalusien

Titel: Ein Jahr in Andalusien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Frenzel
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müssen zuerst zu den Bildern, danach versammeln
sie sich im Innenhof bei einem Becher Wein. Das Stimmengewirr übertönt bald die Klavierklänge von Valdés und die Flamencostimme von el Cigala.
    Langsam bricht die Dämmerung herein. Jaime und ich verlassen den vollen Innenhof und ziehen hinaus in die menschenleeren Gassen. Wir sind erst ein paar
Schritte gegangen, schon ertönt auch von anderer Seite Stimmengewirr. Je näher wir dem Dorfplatz rücken, umso lauter wird es. Hier haben sich die
geladenen Künstler und die Dorfbewohner versammelt, an einem Ende des Platzes ist eine kleine Bühne aufgebaut. Noch ist aber kein Musiker zu sehen,
weshalb wir weiter zu dem Aussichtspunkt ziehen, an dem wir zuvor mit Barbara waren. Dort setzen wir uns nebeneinander auf den von den Sonnenstrahlen
aufgewärmten Terrakottaboden und blicken aufs Tal, über dem gerade die Sonne untergeht. Ich lehne meinen Kopf an seine Schultern, er legt seinen Arm um
mich. Das intensive Aroma eines nahen Jasminstrauchs weht zu uns herüber.
    „Sag mal, bist du nicht zufrieden, wie bisher alles gelaufen ist?“, fragt mich Jaime. Ich bin nicht sicher: Meint er unsere Beziehung oder meine
Arbeit? Aber weil ich mit beidem glücklich bin und den romantischen Moment nicht zerstören will, sage ich schnell: „¡Claro que sí! Klar!“ „Du weißt ja,
dass ich die Wohnung renovieren will“, setzt er dann an. „Und da wollte ich dich fragen, was du von meinenPlänen hältst. Schließlich
ist es jetzt auch dein Zuhause.“ Wir lösen uns aus der Umarmung und er setzt sich vor mir im Schneidersitz hin. Bedächtig dreht er sich eine Zigarette,
den ersten Zug inhaliert er tief ein. Auch ich sage nichts, sondern sehe ihn nur erwartungsvoll an. Dann beginnt er voller Eifer, mir jedes Detail
seiner Umbaupläne zu erzählen. Dabei malt Jaime mit einem Finger die einzelnen Zimmer der Wohnung auf den Boden. Die eingezogenen Decken der Dachwohnung
möchte er entfernen, den Dachstuhl freilegen, so dass wir zwei Stockwerke unterbringen. Er will einen Terrakottaboden verlegen und Dachfenster einbauen,
damit das obere Geschoss genutzt werden kann. Als Jaime zu Ende erzählt hat, blickt er mich mit großen Augen an. Während ich seinen Ausführungen
gelauscht habe, habe ich mir Gedanken gemacht, was das alles für uns bedeutet. Wir würden beide viel Energie und Zeit in ein gemeinsames Projekt
stecken. „Das wird eine echte Probe für unsere Beziehung, es wird bestimmt viele Spannungen geben, denn so ein Umbau ist vor allem Stress“, kommt Jaime
mir zuvor. „Aber dafür wissen wir danach mehr über uns.“
    Ich empfinde tiefe Bewunderung für Jaime. Es ist toll, dass er so genau weiß, was er will, und die Zukunft zielstrebig angeht. Nur einen Einwand habe
ich: „Heißt das, dass wir jetzt immer in Málaga wohnen bleiben?“ „Auf diese Frage habe ich schon gewartet. Mittlerweile kenne ich dich doch ziemlich
gut“, sagt er und lächelt. „Natürlich können wir die Wohnung auch vermieten, wenn wir mal woanders hingehen wollen.“ Jetzt lächele auch ich und sage:
„Ja, ich will mit dir unsere Wohnung renovieren.“ Jaime setzt sich wieder an meine Seite, umarmt mich mit beiden Armen. Und für einen langen Moment
bleiben wir so auf den warmen Kacheln sitzen, die Sterne leuchten am Nachthimmel. Nachdem wir in einer der Bars ein paar Tapas und ein Bier zu uns
genommen haben, ziehen wir uns in unseren Buszurück, wo Jaime wieder unser Nachtlager aufgeschlagen hat. Geparkt hat er ihn unter
einem Kastanienbaum, damit am nächsten Morgen die Sonnenstrahlen erst spät auf das Dach treffen.

    In den Gassen herrscht wieder reges Treiben, als wir gegen zehn Uhr vormittags aus dem Bus klettern. Die geladenen Künstler sind
anscheinend, kaum angekommen, sofort zur Tat übergegangen. Auf dem Weg zur Frühstücksbar treffen wir auf eine Fotografin, die nach Motiven sucht, einen
Bildhauer, der an einer Brüstung den geeigneten Untergrund für seine Skulptur schafft, und einen Maler, der sein Werk an eine weiß gekalkte Hauswand
skizziert. Alle drei sind umringt von neugierigen Dorfbewohnern, die einfach nur zusehen, aber auch mal kritische Kommentare liefern.
    In der Bar fragen wir den Kellner gleich, was er von dem Trubel hält. „Ich finde es toll“, antwortet er sofort. „Am meisten mag ich es, wenn die
Künstler uns mit einbeziehen. Ein Fotograf hat uns mal gebeten, ihm unsere Lieblingsmotive zu zeigen. Die hat er dann wunderschön in Szene gesetzt. Und
ein Maler

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