Ein Jahr ohne Juli (German Edition)
das kein Fußballspieler ist!«
Ich lege die Hand auf Mums Bauch und spüre einen kleinen Stoß. Mein Herz geht auf bei dem Gedanken, dass da ein kleines Leben drin ist. Mein kleiner Bruder. Ich kann es kaum erwarten, ihn zu sehen.
Juli legt ihre Hand neben meine. »Wahnsinn!« , kreischt sie. Dann beugt sie sich runter und redet direkt mit Mums Bauch. »Hallo, kleiner Bruder von Jen«, sagt sie. »Kannst du Mrs Green bitte davon überzeugen, dass Jenny und ich reiten gehen dürfen?«
»Wie bitte?«, fragt Mum.
Juli zeigt ihr die Broschüre. »Reiten! Da gehen wir morgen mit!«, verkündet sie. Es ist nicht Julis Art, um etwas zu bitten. Das wäre auch Unsinn, denn keiner sagt jemals Nein zu ihr.
»Das ist morgen?«, sage ich zögernd. »Aber ich habe mich gerade für den Ausflug ins …« Meine Stimme erstirbt.
»Reiten wird nur am Sonntag angeboten«, sagt Juli und studiert die Broschüre. Sie hat dieses Jahr mit Reitstunden angefangen und ist völlig begeistert davon. Einmal bin ich mitgegangen. Mir hat es nicht so gut gefallen, auch wenn sich das ungewöhnlich anhört. Alle Mädchen in meinem Alter sind verrückt nach Pferden, aber ich finde einfach, sie sind so … na ja, so groß! Meine Lieblingstiere sind meistens solche, mit denen man schmusen kann, ohne Angst haben zu müssen, dass sie einem auf die Füße treten und einem die Zehen zerquetschen. Süße kleine Tiere wie Hundebabys oder Kätzchen.
»Mum, wir dürfen doch, oder?«, bohrt Juli.
»Ich wüsste nicht, was dagegen spricht«, erwidert ihre Mutter mit einem Blick auf den Zeitplan für den Reitausflug. »Wenn ihr jemanden findet, der euch abholt. Wir können euch hinbringen, aber Dad hat uns später beide zur Aromatherapie und Massage angemeldet.« Sie dreht sich zu Mum um. »Könntet ihr sie abholen?«
»Ich dachte, du willst ins Kerzenmuseum, Jenny?«, sagt Mum.
Juli bricht in Gelächter aus und ich werde ganz rot.
»Das habe ich nur dir zuliebe gesagt«, stottere ich. »Geh du doch mit Craig. Ich möchte lieber reiten gehen.« Und das stimmt sogar. Plötzlich kommt mir das Kerzenmuseum auch langweilig vor. Selbst wenn mir Reiten tatsächlich ein bisschen Angst macht – mit Juli zusammen, das weiß ich, wird es mehr Spaß bringen als alles andere, was ich mir vornehmen könnte.
Und überhaupt, wir beide wollen diese Woche so viel wie möglich zusammen sein, weil wir uns nicht mehr so häufig sehen, wenn wir nach Hause kommen. Es steht nämlich der Schulwechsel an. Ich komme auf die Schule in unserem Ort, aber Juli wird eine Schule in der nächsten Stadt besuchen. Juli hat sich monatelang mit der Entscheidung gequält. Sie wollte mit mir zusammenbleiben, aber ihr Traum ist es, eine berühmte Künstlerin zu werden. Da hat jeder gesagt, sie soll die Fahrstrecke in Kauf nehmen und auf diese besondere Schule gehen, weil sie dort einen so genialen Kunstzweig haben. Sogar ich war der Meinung – widerwillig. Abgesehen davon, dass wir uns fehlen werden, sind wir jetzt beide mit unserer Wahl zufrieden.
Wir haben uns immer versprochen, dass sich zwischen uns nichts ändert und wir für immer beste Freundinnen bleiben. Bisher scheint das ja auch zu klappen. Aber jetzt, wo bald das neue Schuljahr anfängt, mache ich mir doch ein bisschen Sorgen. Schließlich kann man ja nie genau voraussagen, was passiert, oder?
Wäre es nicht super, wenn man das könnte? Wenn man wenigstens einen winzigen Blick darauf werfen könnte, was einem die Zukunft bringen wird? Damit man beruhigt ist. Das wäre doch echt so cool.
»In Ordnung, Schätzchen. Dad kann euch abholen«, sagt Mum lächelnd. »Ich bin sicher, dass er auch keine Lust hat, durch ein langweiliges Museum geschleift zu werden.«
»Danke, Mum«, sage ich. Juli packt mich am Arm und zieht mich fort.
Als wir hinausgehen, kommt Dad gerade mit Craig zurück. »Komm nicht zu spät nach Hause«, ruft er mir nach. »Ich dachte, wir könnten noch alle zusammen Monopoly spielen, ehe Craig ins Bett muss.«
Juli lacht beim Hinauslaufen. »Ehrlich, Jen, Monopoly? Nervenkitzel ohne Ende bei euch in der Familie!« Dann zwickt und kitzelt sie mich, bis ich vor lauter hysterischem Lachen auf den Boden falle.
Als wir zusammen den Weg entlangrennen, schlendern uns zwei Mädchen entgegen: Christine und Sally. Sie kommen auch schon so lange her wie wir und sind ungefähr in unserem Alter. Allerdings sind sie komplett anders als wir. Beide perfekt gestylt und hübsch, mit langen blonden Haaren und kleinen
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