Ein Kampf um Rom
Königssohn sein werde, wie Siegfried, der den Drachen schlug! Nun wolle er bald ausziehen auf
Abenteuer und auch Drachen schlagen und wilde Riesen. Da kam der Nachbar von Rom zurück. Ich merkt’ es wohl, daß er noch finstrer
sah und neidischer als je, und hütete dir Haus und Stall. Aber das Kind hüten – wer hätte daran gedacht, daß Kinder nicht
mehr sicher!«
Witichis schüttelte schmerzlich das Haupt.
»Der Knabe konnte nicht erwarten, daß er seinen Vater sehen solle im Kriegslager und all die Tausende von gotischen Heermännern,
und daß er Schlachten solle in der Nähe sehen. Er warf sein Holzschwert weg von Stund an, und sagte: ein Königssohn müsse
ein eisernes tragen, zumal in Kriegszeiten. Und ich mußte ihm ein Jagdmesser suchen und schleifen dazu. Mit diesem seinem
Schwert nun rannte er Frau Rauthgunden jeden Morgen früh davon. Und fragte sie, ›wohin?‹ so lachte er: ›auf Abenteuer, lieb’
Mutter!‹ und sprang in den Wald. Dann kam er mittags müd und zerrissnen Gewandes heim: und ausgelassen stolz. Aber er sagte
kein Wort und meinte nur, er habe Siegfrid gespielt.
Ich hatte aber meine eignen Gedanken. Und als ich gar einst an seinem Schwert Blutflecken bemerkte, schlich ich ihm nach zu
Walde. Richtig, es war, wie ich gedacht. Ich hatte ihm einst warnend eine Höhle im schroffen Felsgeklüft gezeigt, das steil
über den Gießbach hangt, weil dort die giftigen Vipern zu Dutzenden nisten. Er fragte mich damals nach allem aus: und als
ich sagte, jeder Biß sei tödlich, und gleich gestorben sei eine arme Beerensammlerin, welche der Beißwurm in den nackten Fuß
gestochen, da zog er flugs sein Holzschwert und wollte mitten darunter springen. Mit Mühe und schwer erschrocken hielt ich
ihn damals ab.
Und jetzt fielen mir die Vipern ein, und ich zitterte, daß ich ihm eine Eisenwaffe gegeben. Und bald fand ich ihn im Walde,
mitten im Steingeklüft, unter Dornen und Gestrüpp: da holte er einen mächtigen Holzschild hervor, den er sich selbst gezimmert
und dort versteckt hatte. Und eine Krone war frisch draufgemalt. Und er zog sein Schwert und sprang laut jauchzend in die
Höhle. Ich sah mich um: da lag das riesige Gewürm zu halben Dutzenden von frühern Schlachten her mit zerhauenen Häuptern umhergestreut:
ich folgte, und so besorgt ich war, ich konnt’ ihn nicht stören, wie er so heldenmütig focht! Er trieb eine dickgeschwollne
Natter mit Steinwürfen aus ihrem Loch, daß sie sich züngelnd aufringelte: gerade wie sie zischend gegen ihn sprang, warf er
blitzschnell den Schild vor und hieb sie mit einem Streich mitten entzwei. Da rief ich ihn an und schalt ihn herzhaft aus.
Er aber sah gar trotzig drein und rief: ›Sag’s nur der Mutter nicht! denn ich tu’s doch! bis der letzte der Drachen tot ist!‹
Ich sagte, ich würde ihm sein Schwert nehmen. ›Dann fecht’ ich mit dem hölzernen, wenn dir das lieber ist!‹ rief er. ›Und
welche Schmach für einen Königssohn!‹
Da nahm ich ihn die nächsten Tage mit mir zum Einfangen der Rosse auf die Wildweide. Das vergnügte ihn sehr: und nächstens,
dacht’ ich, brechen wir auf. Aber eines Morgens war er mir wieder entschlüpft, und ich ging allein an die Arbeit. Den Rückweg
nahm ich den Fluß entlang, gewiß, ihn an der Felshöhle zu finden. Aber ihn fand ich nicht. Nur das Gehäng seines Schwertes,
zerrissen, an den Dornen hangen und seinenHolzschild zertreten auf der Erde. Erschrocken sah ich umher und suchte, aber –«
»Rascher, weiter«, rief der König.
»Aber?« fragte Hildebad.
»Aber in den Felsen war nichts zu sehen. Da gewahrte ich große Fußspuren eines Mannes im weichen Sande. Ich folgte ihnen.
Sie führten bis an den steilen Rand des Felsens. Ich sah hinab. Und unten –«
Witichis wankte.
»Ach, mein armer Herr! Da lag am Ufer des Flusses hingestreckt die kleine Gestalt. Wie ich die steilen Felsschroffen hinabkam,
ich weiß es nicht, im Flug war ich unten – Da lag er, das kleine Schwert noch fest in der Hand, von den Felsspitzen zerrissen,
das lichte Haar von Blut überströmt –«
»Halt ein«, sprach Teja, die Hand auf seine Schultern legend, indes Hildebad des armen Vaters Hand faßte, der stöhnend auf
sein Lager sank.
»Mein Kind, mein süßes Kind, mein Weib!« rief er.
»Ich fühlte das kleine Herz noch schlagen. Wasser aus dem Fluß brachte ihn noch mal zu sich. Er schlug die Augen auf und erkannte
mich. ›Du bist
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