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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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König; aber da dieser noch bewußtlos unter Hildebrands Pflege lag, nahm
     ihn Graf Teja in sein Zelt und beantwortete seine unwilligen Fragen. Nach einiger Zeit trat der alte Waffenmeister ein, mit
     einem Ausdruck in den Zügen, daß Hildebad erschrocken von seinem Bärenfell, das ihm zum Lager diente, aufsprang und auch Teja
     hastig fragte:
    »Was ist mit dem König? Seine Wunde? Stirbt er?«
    Der Alte schüttelte schmerzlich sein Haupt: »Nein, aber wenn ich richtig rate, wie ich ihn kenne und sein wackres Herz, wär’
     ihm besser, er stürbe.«
    »Was meinst du? was ahnest du?«
    »Still, still«, sprach Hildebrand traurig, sich setzend, »armer Witichis! es kommt noch, fürcht’ ich, früh genug zur Sprache.«
    Und er schwieg.
    »Nun«, sagte Teja, »wie ließest du ihn?«
    »Das Wundfieber hat ihn verlassen, dank meinen Kräutern. Er wird morgen wieder zu Roß können. Aber er sprach wunderbare Dinge
     in seinen wirren Träumen – ich wünsche ihm, daß es nur Träume sind, sonst: weh dem treuen Manne.«
    Mehr war aus dem verschlossnen Alten nicht zu erforschen.
    Nach einigen Stunden ließ Witichis die drei Heerführer zu sich rufen. Sie fanden ihn zu ihrem Staunen in voller Rüstung, obwohl
     er sich im Stehen auf sein Schwert stützen mußte; seitwärts auf einem Tisch lag sein königlicher Kronhelm und der heilige
     Königsstab von weißem Eschenholz mit goldner Kugel. Die Freunde erschraken über den Verfall dieser sonst so ruhigen, männlich
     schönen Züge. Er mußte innerlich schwer gekämpft haben. Diese kernige, schlichte Natur aus Einem Guß konnte ein Ringen zweifelvoller
     Pflichten, widerstreitender Empfindungen nicht ertragen.
    »Ich hab’ euch rufen lassen«, sprach er mit Anstrengung, »meinen Entschluß in dieser schlimmen Lage zu vernehmen und zu unterstützen.
     Wie groß ist unser Verlust in diesem Sturm?«
    »Dreitausend Tote«, sagte Graf Teja sehr ernst.
    »Und über sechstausend Verwundete«, fügte Hildebrand hinzu.
    Witichis drückte schmerzlich die Augen zu.
    Dann sprach er: »Es geht nicht anders. Teja, gib sogleich Befehl zu einem zweiten Sturm.«
    »Wie? Was?« riefen die drei Führer wie aus Einem Munde.
    »Es geht nicht anders«, wiederholte der König.
    »Wie viele Tausendschaften führst du uns zu, Hildebad?«
    »Drei, aber sie sind todmüde vom Marsch. Heut können sie nicht fechten.«
    »So stürmen wir wieder allein«, sagte Witichis, nach seinem Speer langend.
    »König«, sagte Teja, »wir haben gestern nicht einen Stein der Festung gewonnen, und heute hast du neuntausend weniger   –«
    »Und die Unverwundeten sind matt, ihre Waffen und ihr Mut zerbrochen.«
    »Wir müssen Ravenna haben!«
    »Wir werden es nicht mit Sturm nehmen!« sagte Graf Teja.
    »Das wollen wir sehen!« meinte Witichis.
    »Ich lag vor der Stadt mit dem großen König«, warnte Hildebrand: »er hat sie siebzigmal umsonst bestürmt: wir nahmen sie nur
     durch Hunger – nach drei Jah ren.« –
    »Wir müssen stürmen«, sagte Witichis, »gebt den Befehl.«
    Teja wollte das Zelt verlassen. Hildebrand hielt ihn.
    »Bleib«, sagte er, »wir dürfen ihm nichts verschweigen. König! die Goten murren: sie würden dir heut nicht folgen: der Sturm
     ist unmöglich.«
    »Steht es so?« sagte Witichis bitter. »Der Sturm ist unmöglich? Dann ist nur eins noch möglich: der Weg, den ich gestern schon
     hätte einschlagen sollen – dann lebten jene dreitausend Goten noch. Geh, Hildebad, nimm dort Krone und Stab! Geh ins Lager
     der Rebellen, lege sie dem jungen Arahad zu Füßen: er soll sich mit Mataswintha vermählen; ich und mein Heer, wir grüßen ihn
     als König.« Und er warf sich erschöpft aufs Lager.
    »Du sprichst wieder im Wundfieber«, sagte der Alte.
    »Das ist unmöglich!« schloß Teja.
    »Unmöglich! Alles unmöglich? der Kampf unmöglich? und die Entsagung? Ich sage dir, Alter: es gibt nichts andres nach der Botschaft
     aus Ravenna.«
    Er schwieg. Die drei warfen sich bedeutende Blicke zu. Endlich sagte der Alte:
    »Wie lautet sie? vielleicht findet sich doch ein Ausweg? Acht Augen sehen mehr als zwei.«
    »Nein«, sagte Witichis, »hier nicht, hier ist nichts zu sehen: sonst hätt’ ich’s euch längst gesagt: aber es konnte zu nichts
     führen. Ich hab’s allein erwogen. Dort liegt das Pergament aus Ravenna, aber schweigt vor dem Heer.«
    Der Alte nahm die Rolle und las: »Die gotischen Krieger und das Volk von Ravenna an den Grafen Witichis von Fäsulä   –«
    »Die

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