Ein Kapitän von 15 Jahren
zu Theil wurden. An den Pfahl geknebelt, stand er hier in Erwartung des Todes, im Herzen nur noch mit der Hoffnung auf ein anderes, besseres Leben.
Noch war indeß der Augenblick, den Damm zu durchstechen, nicht gekommen.
Auf ein Zeichen der Königin wurde die vierte Gemalin, welche ihren Platz zu Füßen des Königs hatte, von dem Nachrichter in Kazonnde hingeschlachtet und ihr Blut floß in die Grube hin. Das war der Anfang einer geradezu entsetzlichen Blutscene. Fünfzig Sklavinnen fielen unter dem Messer ihrer Mörder. Das Bett füllte sich mit Menschenblut.
Eine halbe Stunde hindurch mischte sich das Geschrei der Opfer mit den Ausrufungen der Zuschauer, vergebens aber hätte man unter dieser Menge nach einem Zeichen des Abscheus oder des Mitleids gesucht.
Endlich gab Königin Moina ein weiteren Zeichen, worauf der Verschluß, welcher das obere Wasser zurückhielt, langsam geöffnet wurde. Mit ausgesuchter Grausamkeit ließ man das Wasser nur allmälig ansteigen, statt es durch eine plötzliche Oeffnung des Dammes herabstürzen zu lassen. Der langsame Mord statt des schnellen Todes!
Das Wasser erreichte zuerst die Schicht Sklaven, welche den Grund der Grube bedeckte. Mit schrecklichen Anstrengungen und Verrenkungen arbeiteten die Unglücklichen gegen den Erstickungstod. Dick Sand stand schon bis zu den Knieen im Wasser und versuchte noch eine letzte Anstrengung, seine Fesseln zu sprengen.
Doch das Wasser stieg höher. Die letzten Köpfe verschwanden unter dem Strome, der wieder seinem alten Laufe folgte, und nichts verrieth, daß in seinem Grunde ein Grab war, in dem zu Ehren des Königs von Kazonnde hundert unglückliche Opfer hingemordet wurden.
Die Feder sträubt sich vor solcher Schilderung, wenn nicht die Verpflichtung, bei der Wahrheit zu bleiben, es verlangte, auch diese Scenen in ihrer ganzen Abscheulichkeit wiederzugeben. In jenen traurigen Ländern steht der Mensch leider noch auf so niedriger Stufe. Man bessert solche Verhältnisse nicht, indem man sich ihrer Erkenntniß verschließt.
Fußnoten
1 Man macht sich gar keine zureichende Vorstellung von den furchtbaren Hekatomben, wenn es bei den Stämmen Central-Afrikas sich darum handelt, das Andenken eines mächtigen Häuptlings würdig zu ehren. Cameron erzählt, daß bei dem Leichenbegängniß des Vaters des Königs von Kassongo weit über hundert Opfer hingeschlachtet wurden.
Dreizehntes Capitel.
Das Innere der Factorei.
Harry und Negoro hatten gelogen, als sie sagten, daß Mrs. Weldon und der kleine Jack todt seien. Sie befanden sich vielmehr mit Vetter Benedict Alle in Kazonnde.
Nach Erstürmung des Termitenbaues waren sie von Harris und Negoro, welche etwa ein Dutzend eingeborner Soldaten begleiteten, von dem Lager an der Coanza weggeführt worden.
Ein Palankin, die landesübliche »Kitonda«, nahm Mrs. Weldon und den kleinen Jack auf. Weshalb diese Fürsorge seitens eines Mannes wie Negoro? Mrs. Weldon wagte gar nicht, sich das zu erklären.
Schnell und ohne Anstrengung ward der Weg von der Coanza bis Kazonnde zurückgelegt. Vetter Benedict, auf den alle Strapazen keinen Einfluß zu haben schienen, wanderte raschen Schrittes dahin. Da man ihn links und rechts umherschweifen ließ, dachte er gar nicht daran, sich zu beklagen. Acht Tage vor Ibn Hamis’ Karawane langte die kleine Gesellschaft in Kazonnde an. Mrs. Weldon wurde nebst ihrem Kinde und Vetter Benedict in dem Etablissement des Händlers Alvez eingeschlossen.
Es sei hier gleich im Voraus erwähnt, daß der kleine Jack sich weit besser befand. Nach dem Verlassen der sumpfigen Gegend, wo er sich früher das Fieber zuzog, genaß er allmälig wieder und erfreute sich jetzt des besten Wohlseins. Die Anstrengungen der Karawane hätten freilich weder er, noch seine Mutter auszuhalten vermocht. Bei den Verhältnissen aber, unter welchen sie diese Reise zurücklegten, während welcher sie auch nach keiner anderen Seite Noth litten, befanden sie sich, wenigstens physisch, Alle in leidlich gutem Zustande.
Von ihren Gefährten erhielt Mrs. Weldon keinerlei Nachrichten. Nachdem sie Herkules hatte in das Dickicht entfliehen sehen, wußte sie nicht, was aus ihm geworden war. Bezüglich Dick Sand’s hoffte sie, daß seine Eigenschaft als Weißer ihn vor zu rücksichtsloser Behandlung schützen werde, da Harris und Negoro ja nicht in seiner Nähe waren, um ihn zu quälen. Nan, Bat, Tom. Austin und Acteon waren freilich Schwarze, und es schien nur zu gewiß, daß sie auch als solche behandelt
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