Ein Kerl macht noch keinen Sommer
klar, aber sie hatte ihn schließlich dazu getrieben. Und jetzt stand sie da wie ein Unschuldsengel und machte vorwurfsvolle Bemerkungen.
»Nein«, sagte Malcolm mit einem aalglatten Lächeln. »Haben Sie denn etwas für mich?«
»Nein«, sagte Christie.
»Aber ich«, sagte Anna. Sie ging rasch die zwei Schritte vor, die sie voneinander trennten, und riss einmal kurz ihr Knie hoch, sodass sie Malcolms Hoden zusammenquetschte. Beflügelt wurde dieses Tun von einer Mischung starker femininer, östrogengesteuerter Emotionen, die durch ihren Organismus schwappten – alle zusammengefasst in einer kreisförmigen, schwungvollen Beinbewegung voller Adrenalin.
»Ich denke, damit spreche ich für uns alle«, sagte sie und klatschte einmal in die Hände, wie um zu zeigen, dass sie gute Arbeit geleistet hatte, während sich Malcolm stöhnend vor Schmerz auf dem Boden krümmte.
»Schnell, verschwinden wir von hier.« Christie rief ihre Truppe zusammen und scheuchte sie rasch durch die Tür. »Oh, Anna, warum in aller Welt hast du das getan? Dafür wird er dich mit Sicherheit melden.«
»Nach all dem, was ihr in den letzten Monaten für mich getan habt, war ich euch das schuldig«, sagte Anna, während sie sich insgeheim vornahm, ihr Knie auf der Toilette der Setting Sun mit starker Seife gründlich abzuwaschen.
Sie aßen ein thailändisches Bankett, wie an dem Abend, an dem sie Annas Geburtstag gefeiert hatten, und kicherten wieder über die Namen der Gerichte. Und sie tranken ein Glas Champagner auf Dawn und wünschten ihr von Herzen, dass sie wusste, was sie tat. Ausnahmsweise einmal gab sich Dawn alle Mühe, fröhlich über ihre Hochzeit zu plaudern, und erzählte den anderen, wie entzückend ihr Kleid sei und dass ihre Brautjungfern versprochen hätten, nüchtern zu bleiben, zumindest während der Trauzeremonie. Sie blickte unnatürlich fröhlich.
»Hast du es denn auf den letzten Drücker noch geschafft, eine Hochzeitsreise zu organisieren?«, fragte Grace, während sie Dawn den letzten Rest Champagner einschenkte.
»Nein«, sagte Dawn. Dieser neue, aufmerksame Calum war leider zu spät geboren worden, um eine zu organisieren, und ohnehin war die Hälfte von Tante Charlottes Geld inzwischen bereits aufgebraucht. Außerdem hatte Muriel über die Stränge geschlagen und die halbe Welt und ihre Bingo-Leute zu dem Hochzeitsempfang eingeladen, wofür morgen der Rest des Geldes draufgehen würde, wenn sie die Abschlussrechnung beglich. Ihren Gewinn vom Pferderennen, den sie eben erst angebrochen hatte, hatte Dawn nicht mit in den Topf geworfen. Dieses Geld würde sie verwenden, um nach der Hochzeit ein paar gefährliche offene Leitungen im Haus verputzen zu lassen. Wie aufregend. Im Augenblick lag es sicher verwahrt auf ihrem Bankkonto, zusammen mit der anderen Hälfte von Tante Charlottes Geld, die Calum bis jetzt noch nicht in die Finger bekommen hatte.
»Calum sagt, er wird sich nächsten Monat ein bisschen frei nehmen, und wir werden sehen, ob wir übers Wochenende in einen Butlin’s-Ferienpark oder so fahren können«, plapperte sie fröhlich weiter.
»Hast du dich schon von deinem Cowboy verabschiedet?«, fragte Anna.
Das brachte das Fass zum Überlaufen.
Dawn vergrub den Kopf in den Händen und brach in ein gequältes Schluchzen aus.
»Ach, Dawny«, sagte Anna.
Dadurch wurde alles nur noch schlimmer. Er hatte sie immer Dawny genannt. Und morgen würde er abfahren. Für immer. Aus ihrem Leben verschwinden.
Christie nahm ihre Hand. »Du weißt, wenn du morgen am Eingang dieser Kirche stehst und die Hochzeit nicht durchziehen willst, dann werden wir alle da sein und dir zur Seite stehen. Du musst keine Angst haben.«
Dawns Gedanken huschten zurück zu Freya. Selbst nach dem, was sie ihr erzählt hatte, wusste Dawn, dass sie morgen zu diesem Traualtar schreiten würde, egal, wie viele Zweifel sie hatte. Sie wusste, dass sie erbärmlich war.
»Entschuldigung.« Dawn riss sich zusammen und versuchte, wieder ein Lächeln aufzusetzen, aber der Klebstoff hielt nicht mehr, und es wollte ihr nicht gelingen. Sie dachte sich einen Grund für ihre Tränen aus, ohne damit irgendjemanden zu überzeugen. »Es ist nur, weil Mum und Dad nicht da sein werden. Sie hätten sich so gefreut, dass ich eine große Hochzeit in Weiß feiere.«
»Süße, ich bin sicher, deine Mum und dein Dad hätten nur gewollt, dass du glücklich bist, ob mit oder ohne Baiserkleid«, sagte Grace. Sie wusste besser als alle anderen, wie schwer
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