Ein Kerl macht noch keinen Sommer
ich«, sagte Freya. »Aber ich habe mir selbst etwas vorgemacht. Ich wollte niemanden enttäuschen. So viel Geld war schon ausgegeben worden, die Kirche war voll besetzt, die Gäste waren von weither angereist und hatten Geschenke mitgebracht; ich konnte den Gedanken nicht ertragen, dass die Leute über mich reden würden, wenn ich die Sache im letzten Moment platzen lassen würde – daher habe ich sie einfach durchgezogen.«
Sie begann, den Reißverschluss von Dawns Kleid aufzuziehen und half ihr heraus.
Dawn wagte es kaum, sie zu fragen.
»Und ist letztendlich alles gut geworden?«
»Nein«, kam die Antwort von hinten. »Nichts ist gut geworden. Jedenfalls nicht in dieser Ehe.«
»O mein Gott«, sagte Dawn. Das war nun wirklich nicht das, was sie hören wollte.
»Aber dann habe ich die große Liebe meines Lebens getroffen«, sagte Freya lächelnd. »Und ich wurde die glückliche Braut, die dieses Kleid als Erste getragen hat.«
»Es war Ihres?«, fragte Dawn.
»Ja«, gab Freya zu. »Es war meines. Und als ich erfahren habe, wie viel wahres Glück die Liebe bringen kann, habe ich beschlossen, nie wieder eine andere unglückliche Braut zu sehen.«
Bis jetzt.
» Die Liebe ist der beste Zauber von allen«, sagte Freya, während sie begann, das Kleid am Tisch behutsam zwischen Schichten aus Seidenpapier zusammenzulegen. Sie sah nicht auf, während sie es in die Schachtel packte. »Wenn man verliebt ist, kann man alles schaffen. Nichts kann einen erschüttern. Seien Sie tapfer, und lassen Sie sich von der Liebe Kraft verleihen. Wenn Sie sie in Ihr Herz lassen, können Sie auf die andere Seite der Welt fliegen, oder?«
Einundachtzigstes Kapitel
A m Donnerstag stattete Dawn ihren künftigen Verwandten einen Pflichtbesuch ab, um festzulegen, wann genau die Wagen eintreffen sollten. Seit wann ist es eigentlich eine lästige Aufgabe, hierherzukommen?, dachte sie, während sie den Fußweg hochging, wobei sie nur knapp einem eingetrockneten Kothaufen des Windhunds auswich. Das Leben war so viel unkomplizierter gewesen, als sie sich noch zu der Familie gehörig gefühlt und sich nach ihrer Liebe gesehnt hatte. Warum zum Teufel musste sie das alles jetzt mit einer Hochzeitstorte zementieren? Andererseits war Calum seit seinem Junggesellenabschied untypisch zärtlich gewesen. Vielleicht war an jenem Abend, als er an diesen Laternenpfahl gefesselt gewesen war, tatsächlich etwas Blut in die Teile seines Gehirns geflossen, die für Bekundungen von Zuneigung zuständig waren.
»Ich weiß, ich war ein kleiner Idiot in letzter Zeit, Dawn«, hatte er an jenem Abend im Bett gesagt. »Aber ich liebe dich. Und ich weiß, dass dir das Heiraten wichtiger war als mir und ich nur eingewilligt habe, aber jetzt will ich wirklich heiraten. Stell dir vor, in weniger als achtundvierzig Stunden werden wir Mann und Frau sein.«
Dieser neue, nette Calum weckte in Dawn erst recht das Gefühl, mit ihm zum Altar schreiten zu müssen. Sie wünschte fast, er würde sie wieder schlagen – diesmal richtig hart –, damit sie eine Ausrede hätte, einfach davonzulaufen, aber das tat er nicht. Stattdessen hatten sie Sex, und sie ließ die Augen geschlossen und täuschte ihr Vergnügen vor, während die Tränen unter ihren Augenlidern gefangen blieben.
Zweiundachtzigstes Kapitel
S ind wir alle so weit?«, fragte Christie.
»Und ob«, sagte Grace.
»Na dann, auf in den Pub für den Junggesellinnenabschied der Braut!« Christie ging mit großen Schritten den Gang hinunter. Sie alle hörten Malcolms lautes »Na, na, na«, als Christie auf einer Höhe mit ihm war. Er stand mit verschränkten Armen neben seinem Schreibtisch, und der Ärger strömte ihm aus jeder Pore.
Sie wandte sich langsam zu ihm um. »Wollten Sie mir irgendetwas ins Gesicht sagen, Mr. Spatchcock?«, fragte sie. »Oder möchten Sie es mir vielleicht lieber in einem anonymen Brief schreiben?«
Malcolm zog die Augenbrauen zu zwei unschuldigen, buschigen Bögen hoch. Er hasste diese Frau, die da vor ihm stand. Er war an diesem Nachmittag in einer Besprechung mit McAskill gewesen, und der Mann hatte jeden einzelnen seiner Vorschläge in der Luft zerrissen und rundheraus abgelehnt. Malcolm wusste, dass er es getan hatte, da er ihn im Verdacht hatte, diesen Brief an seine Frau geschrieben zu haben. Es gab zwar keinen Beweis dafür, aber er spürte das Gift von McAskill dennoch in Wellen auf sich zu schwappen. Er hätte diesen Brief nicht abschicken sollen, das war ihm inzwischen
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