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Ein Kerl macht noch keinen Sommer

Ein Kerl macht noch keinen Sommer

Titel: Ein Kerl macht noch keinen Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Milly Johnson
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losging.
    Er stand auf, wandte sich zu allen um und riss seine spindeldürren Arme auseinander. »Entschuldigung, Leute«, sagte er und schaltete sein Handy aus. »Killer, du Vollidiot«, brüllte jemand aus der Mitte, womit er ein leises Gelächter auslöste.
    Raychel war sich nicht sicher, ob sie dafür hätte beten sollen, Dawn möge zur Vernunft kommen und mit diesem kanadischen Gitarristen durchbrennen, aber jetzt tat sie es insgeheim doch.
    Dann setzte die Orgel mit voller Lautstärke ein, und die vier Freundinnen erhoben sich, die Herzen erfüllt von allen möglichen gemischten Gefühlen, und wandten sich um, um eine verschleierte, wunderschöne, hochgewachsene Dawn in einem hinreißenden Kleid und mit einem tränenförmigen Strauß pfirsichfarbener Blumen langsam zum Altar schreiten zu sehen. Tränen traten ihnen in die Augen. Sie versuchten, nicht die zwei Brautjungfern in Satsuma-Orange hinter ihr anzusehen, eine mit einem Dekolletee, das so weit hoch- und vorragte, dass es fast noch vor der Braut den Altar erreicht hätte.
    Sie sahen, wie Dawn sie durch den Schleier anlächelte. Es war das Lächeln einer Frau, die sagte: »Danke fürs Kommen.«, kein Lächeln, das sagte: »Heute ist der schönste Tag in meinem Leben.«
    Als sie den Altar erreichte, erwiderte Dawn Calums Lächeln, aber sie wollte am liebsten schreien. Sie wünschte, sie hätte gestern Abend den Mut aufgebracht, vor ihren Freundinnen mit der Wahrheit herauszuplatzen, als sie angefangen hatte, in ihren Jasminreis zu schluchzen. Warum hatte sie sie nicht angefleht, ihr zu helfen, als sie noch die Gelegenheit dazu gehabt hatte? Jetzt blieb ihr keine andere Wahl mehr, als die Sache durchzuziehen und zu heiraten, denn wenn sie bis jetzt nicht beherzt und mutig genug gewesen war, um die Sache abzublasen, dann würde sie es in diesem Moment auch nicht mehr tun können. Wenn es ihr doch nur jemand abnehmen könnte. Biiitte!
    »Wenn einer der hier Versammelten einen Grund zu nennen weiß, weshalb diese beiden nicht im heiligen Bund der Ehe vereint werden sollten, so möge er jetzt sprechen oder für immer schweigen«, lispelte der Pfarrer.
    Auf der Seite des Bräutigams wurde ein paarmal amüsiert gehüstelt. Der Pfarrer blickte finster, als Calum sich zu ihnen umwandte und ihnen den Mittelfinger zeigte, bevor ihm wieder einfiel, wo er war, und er sich entschuldigte.
    Hätte eine von Dawns Freundinnen den Blick gesenkt, so hätte sie gesehen, dass alle vier ihr die Daumen drückten. Jede von ihnen wünschte oder betete oder flehte zu einer kosmischen Kraft, wenn diese Hochzeit glücklich werden solle, dann möge sie jetzt über die Bühne gehen. Und wenn nicht, bitte, Gott, dann lass jetzt sofort irgendetwas dazwischenfahren .
    Während sich die Stille hinzog, wartete Dawn darauf, dass Al Holly die Kirchentür aufreißen, zum Altar schreiten, sie hochheben und mit ihr hinausrennen würde. Aber das tat er nicht. Der Pfarrer ergriff wieder das Wort. Calum und Dawn knieten sich vor den Altar. Irgendjemand hatte » SH « auf Calums linke Schuhsohle und » IT !« auf seine rechte geschrieben, was für etliche Lacher sorgte. Aber Dawn lachte nicht. Sie hatte ihren inneren Autopiloten eingeschaltet, spulte ein Ehegelübde ab, das ihr nichts mehr bedeutete, und war an dem Punkt angelangt, an dem ihr sowieso schon alles egal war. Ihr Kleid konnte eben doch nicht zaubern. Wie hatte sie diesen Schwachsinn bloß glauben können, den Freya da von sich gegeben hatte?
    Braut und Bräutigam tauschten die Ringe, die sie aus dem Argos-Katalog ausgesucht hatten, und Jubel brach in der Kirche aus, als Calum und Dawn zu Mann und Frau erklärt wurden. Ihre vier Freundinnen tauschten freudlose Blicke. Das war’s also. Dawn war verheiratet. Ungeachtet der möglichen Folgen. Es war erledigt. Während Braut und Bräutigam, gefolgt von dem mandarinenfarbenen Gespann, in die Sakristei hinausgingen, um die Urkunden zu unterzeichnen, setzte die Musik zu der Hymne Leite mich, o mein Erlöser an.
    Grace’ entzückende Stimme durchschnitt die misstönende Kakofonie so klar wie die einer Nachtigall. Es war ihre Lieblingshymne. Grace, insgeheim eine Christin, betete jeden Abend und bezweifelte nie, dass Er ihr durch ihre schwersten Stunden hindurchgeholfen hatte. Sie hoffte nur, dass Er dasselbe auch für die junge Dawn tun würde. Annas Kehle war von Tränen verstopft, sodass sie nur lautlos die Lippen bewegen konnte. Und es wurde auch nicht besser dadurch, dass Dawn kreidebleich

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