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Tödliches Wasser: Roman (German Edition)

Tödliches Wasser: Roman (German Edition)

Titel: Tödliches Wasser: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Qiu. Xiaolong
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    DA STAND OBERINSPEKTOR Chen Cao vom Shanghaier Polizeipräsidium nun also vor dem Eingang des Erholungsheims für Kader in Wuxi.
    Der Urlaub in dieser Stadt hatte ihn völlig unerwartet getroffen. Am vergangenen Sonntagmorgen hatte Chen in Zhenjiang an einem politischen Kompaktseminar für aufstrebende Parteifunktionäre mit »neuen Aufgabenbereichen« teilgenommen, als er plötzlich einen Anruf vom Genossen Parteisekretär Zhao erhielt, dem ehemaligen Leiter der Disziplinarbehörde der Partei. Trotz seiner Pensionierung war Zhao nach wie vor eine der einflussreichsten Figuren in Peking. Zu beschäftigt, um den für ihn arrangierten Erholungsaufenthalt in Wuxi anzutreten, schickte er Chen an seiner statt in die Ferien. Und dieser hätte natürlich nie gewagt, ein so wohlgemeintes Angebot aus der Verbotenen Stadt abzulehnen.
    Noch am selben Tag verließ er das Fortbildungszentrum und nahm den Überlandbus nach Wuxi; vom Bahnhof brachte ihn ein Taxi zum Erholungsheim.
    Er hatte schon viel von diesem Ort gehört; eine Mischung aus Kurheim und Sanatorium, landschaftlich reizvoll gelegen und bekannt für seine Spezialangebote für höchste Kaderkreise, zu denen Chen allerdings längst noch nicht gehörte. Ihm war klar, dass er das alles nur Zhao zu verdanken hatte.
    In Anbetracht des Sonntags und der kurzfristigen Änderung des Arrangements, war Qiao Longxing, der Direktor des Erholungsheims, bei Chens Ankunft nicht zugegen. Die Dame vom Empfang brachte den Oberinspektor zu einer europäisch anmutenden Villa mit hohen Marmorsäulen, die sich hinter einem gusseisernen Zaun mit Goldspitzen und einem funkelnden Stahltor verbarg. Das freistehende Gebäude lag auf einem von Bäumen beschatteten Hügel. Die Empfangsdame behandelte ihn zwar mit ausgesuchter Höflichkeit, ließ ihn aber dennoch spüren, dass die Einquartierung in der Villa seinen Status ausmachte und nicht umgekehrt. Mangels konkreter Anweisungen von Qiao blieb ihr nichts anderes übrig, als Chen mit den üblichen einführenden Hinweisen in dem Luxusquartier unterzubringen.
    »Unser Haus liegt im Yuantouzhu, dem Schildkrötenkopfpark, dessen Name auf einen in den See ragenden Felsvorsprung zurückgeht. Er wurde im Jahr 1918 angelegt und umfasst fünfhundert Hektar einschließlich der landschaftlich reizvollen Halbinsel am Nordwestufer des herrlichen Taihu. Umgeben von grünen Hügeln und dem klarem Wasser des Sees ist sie das beste Erholungsgebiet in Wuxi. Das Sanatorium im Süden der Halbinsel wurde Anfang der fünfziger Jahre für hohe Kader errichtet.«
    Beim Zuhören wurde Chen bewusst, dass die Kommunisten sich bereits bei der Eroberung des Landes nach geeigneten Orten umgesehen hatten, an denen Parteifunktionäre sich in luxuriöser Umgebung erholen konnten. Und dieses Privileg galt in China bis heute als eine Selbstverständlichkeit.
    »Unsere Hausgäste haben freien Zugang zum Park, während die Touristen das Erholungsheim natürlich nur durch das Tor betrachten können. Genießen Sie Ihren Aufenthalt hier«, schloss die Empfangsdame ihre Ausführungen und legte den Schlüssel sowie eine Dauerkarte für den Park auf den Mahagonitisch in der Diele, bevor sie leise die Tür hinter sich zuzog.
    Chen trat zum Fenster an der Vorderseite des Hauses, das den Blick auf die geschwungene, von Koniferen eingefasste Auffahrt und den Weg zu einer kleineren, unterhalb gelegenen Villa freigab. Ebenfalls zu sehen war eine Reihe mehrstöckiger Gebäude mit identischen, wie Streichholzschachteln ausgerichteten Balkonen, die den Häusern das Aussehen eines modernen Hotelkomplexes gaben. Von seinem Standort aus konnte Chen das Erholungsheim zwar nicht völlig überblicken, aber diese Unterkunft war zweifellos den höchsten Funktionärsrängen vorbehalten.
    Dennoch fühlte Chen sich nicht wohl, so allein in dieser schönen großen Villa, die auf zwei Stockwerken über insgesamt neun Räume verfügte. Während er ein Zimmer nach dem anderen inspizierte, fragte er sich, was er mit so viel Platz anfangen sollte.
    Schließlich brachte er seinen kleinen Koffer in das größte Schlafzimmer im Parterre, das eine herrliche Aussicht auf den Taihu bot. Gleich daneben lag das geräumige Wohnzimmer, mit offenem Marmorkamin und einem Schutzgitter aus verziertem Kupfer. Ausgestattet war es mit einer Sitzgruppe aus schwarzem Leder und einem Fernseher mit LCD-Bildschirm. Eine Seite des Raums bestand fast vollständig aus Panoramafenstern mit Seeblick.
    Ebenfalls im Parterre befand

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