Ein kleiner Biss
Widerworte tat, was Alex von ihm verlangt hatte, und so fand ich mich wenige Minuten später in einem luxuriösen Badezimmer wieder, mit Handtüchern und frischer Kleidung in der Hand, die mir laut Marius passen müsste.
Tat sie auch, stellte ich fest, als ich mich nach einer sehr ausgiebigen Dusche anzog und dann die Treppe hinunterging. Ich hielt mich rechts, wie Marius mir gesagt hatte und fand die Küche ohne Probleme, wo Alex bereits einen Teller Sandwichs gemacht hatte und sich gerade eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank nahm.
„Setz' dich und iss, Lukas. Danach bringt Marius dich nach Hause“, erklärte Alex und ich nickte schweigend, wenn auch mit fragendem Blick in Marius' Richtung, der allerdings nichts sagte, sondern lieber die Tischplatte anstarrte. „Und falls du dich gerade fragst, warum der werte Herr da drüben, der sich mein Neffe schimpft, kein Wort dazu zu sagen hat, ich habe es ihm untersagt.“
„Warum?“, wollte ich wissen und nahm mir ein Sandwich. Ich hatte wirklich Hunger, mein Magen hing förmlich in den Kniekehlen.
„Weil er weiß, dass er seine Zähne unter Kontrolle halten soll. Den Grund dafür kennst du.“
Aha, alles klar. Marius hatte ja gesagt, dass Alex ihm dafür die Hölle heiß machen würde und der hatte das scheinbar umgehend in die Tat umgesetzt. „Okay“, meinte ich, weil mir nichts Besseres dazu einfiel, denn ich wollte mich auf keinen Fall in einen Disput zwischen den beiden einmischen. Das war ein Familiending und ging mich nichts an.
„Es liegt an dir, ob du ihm verzeihst.“
Ich sah überrascht zu Alex. Marius verzeihen? Wie meinte er das denn nun wieder? „Ähm...“
Alex winkte grinsend ab. „Das könnt ihr später klären. Ich werde jetzt schlafen gehen und Marius wird dich heimfahren. Nehmt deinen Wagen. Marius kann zu Fuß zurückgehen. So hat er genügend Zeit, um darüber nachzudenken, was er getan hat. Mach's gut, Lukas. Ich würde mich übrigens freuen, dich wiederzusehen.“
Er war so schnell aus der Küche verschwunden, dass ich gar keine Gelegenheit hatte, darauf etwas zu erwidern und in der folgenden Stunde, die Marius und ich mit essen, trinken und schlussendlich in meinem Wagen verbrachten, als er mich zurückfuhr, sagten wir auch nicht viel. Mir fehlten irgendwie die Worte und Marius war ungewohnt zurückhaltend. Alex musste ihm ganz schön die Leviten gelesen haben.
„Willst du nicht doch meinen Wagen haben?“, fragte ich, als wir bei mir angekommen waren, denn die Vorstellung, dass er den ganzen Weg zu Fuß gehen sollte, behagte mir nicht.
Marius schüttelte den Kopf. „Ich habe Mist gebaut und stehe dazu. Das ist schon in Ordnung, Lukas.“
„Hm“, machte ich, weil mir schon wieder nichts Besseres einfiel. Was war das auf einmal bloß für eine merkwürdige Stimmung zwischen uns? Ich sollte mich wohl verabschieden. Irgendwie. „Mach's gut?“
„Du auch.“
Marius lächelte mir nochmal zu und wandte sich dann ab. Ich sah ihm nach, wie er langsam die Straße hinunterging. Er sah wirklich gut aus, war ein netter Kerl und sein Lächeln vermisste ich jetzt schon. Verdammt. Ich war doch echt nicht ganz dicht. Es war das Beste, wenn er ging und für immer aus meinem Leben verschwand, was er ja gerade tat. Wieso wollte ihn eigentlich nochmal loswerden? Ach ja, die, 'Ich heule ab und zu den Mond an'-Geschichte, die ich ohnehin niemals jemandem erzählen konnte. Seufzend drehte ich mich um, um in meine Wohnung zu gehen. Dabei streifte mein Blick den Himmel, der mittlerweile in morgendlichen Blau gefärbt war. Blau. Wie Marius' Augen.
'Ach, was soll's', dachte ich und drehte mich wieder zurück. „Hey Marius?“ Ich grinste, als er abrupt stehenblieb und mich über seine Schulter hinweg fragend ansah. „Gilt dein Angebot mit Kanada noch?“ Seine Antwort war ein Nicken. „Was hältst du von Frühstück im Bett, während wir den Trip planen?“
Und da war es wieder. Sein umwerfendes Lächeln. „Eine Menge.“
Mein Grinsen wurde breiter, denn die Gelegenheit, ihn zu necken, war einfach zu günstig. „Aber wehe, du haarst mir das Laken voll.“
„Lukas!“
Ich prustete los.
Weitere Kostenlose Bücher