Ein Königreich für die Leidenschaft
Mannes, und nickte zögernd.
„Gut. Dann entschuldige uns bitte, Mutter.“
„Aber selbstverständlich.“ Priia strahlte. Alles lief nach Plan.
Während Lani mit AJ den Saal durchquerte, versuchte sie, eine neutrale Miene aufzusetzen. Erwarteten all diese Menschen tatsächlich, dass sie den Mann an ihrer Seite heiratete? Sahen sie schon den künftigen König vor sich, während der alte gerade erst gestorben war? Das heißt, vielleicht war er gar nicht tot. Schließlich war sein Leichnam nie gefunden worden. Oder sein Boot.
„Ich muss mich für meine Mutter entschuldigen“, murmelte AJ, als sie in den weiten kühlen Gang traten und ihre Schritte auf den weißen Marmorfliesen widerhallten. Behutsam löste er Lanis Arm von seinem.
Was ging in ihm vor? Leicht verwirrt sah sie ihn an. „Sie hat sicher nur die besten Absichten.“
„Meinst du denn, dass das wirklich das Beste ist?“ Fragend richtete er die braunen Augen auf sie.
„Ich weiß es nicht“, stieß sie leise hervor. „In diesen Dingen habe ich keine Erfahrung.“ Und einem rahirischen Prinzen gegenüber würde sie es nicht wagen, die Richtigkeit dieser alten Tradition anzuzweifeln. Denn wenn er seinem Bruder ähnelte, würde er sie sofort streng zurechtweisen.
„Aber du bist doch eine erwachsene Frau mit einer eigenen Meinung. Findest du es normal, jemanden zu heiraten, den du nicht kennst?“
„Vanu habe ich auch nur dreimal gesehen, bevor ich ihn geheiratet habe“, sagte sie, rot vor Verlegenheit.
„Dann hat meine Mutter das Ganze arrangiert, oder?“
„Ja.“ Am liebsten wäre Lani davongerannt und hätte sich in ihrem Zimmer eingeschlossen. Sie war den Tränen nahe. Aber nicht, weil ihr Mann nicht mehr da und aller Wahrscheinlichkeit nach tot war. Sondern weil sie eine trostlose Zukunft vor sich hatte. Entweder musste sie jemanden heiraten, den sie nicht kannte und deshalb auch nicht liebte. Oder sie fiel bei Hofe in Ungnade, weil sie sich der Tradition verweigerte. Schnell wandte sie das Gesicht ab, weil sie spürte, dass sie die Tränen nicht länger zurückhalten konnte.
„Nun wein doch nicht, Lani, bitte. Komm, wir setzen uns auf die Terrasse. Die frische Luft wird uns guttun.“
Kurz warf Lani ihm einen Blick zu. Wie meinte er das? An frischer Luft mangelte es nun wirklich nicht, denn der breite Gang war zum Garten hin nur durch offene Arkaden getrennt. Aber selbst die frische Luft empfand Lani als bedrückend. Wahrscheinlich wegen der Erwartungen, die darin hingen und die sie als Last empfand.
Da AJ über einen Meter achtzig groß war, reichte Lani ihm kaum bis zur Schulter. Und wegen des langen Gewandes hatte sie Schwierigkeiten, mit ihm Schritt zu halten. Als er das bemerkte, blieb er stehen. In dem dunklen Anzug und bei den tropischen Temperaturen muss ihm doch warm sein, dachte sie und fragte leise und mit gesenktem Blick: „Möchtest du etwas Kaltes trinken?“
„Nein, danke. Lani, bitte, glaub mir, ich habe wirklich nichts gegen dich. Du bist ein sehr nettes Mädchen. Aber ich bin in den Staaten zu Hause. Ich bin Regisseur und …“
„Ich weiß“, warf sie eifrig ein. „Deine Mutter ist sehr stolz auf dich. Mindestens einmal im Monat sieht sie sich die ganze Drachenjäger – Serie an.“
„Was? Davon hat sie noch nie etwas gesagt.“
„Doch. Sie ist dein größter Fan.“ Unwillkürlich musste Lani lächeln, als sie AJs Verblüffung bemerkte.
„Das ist wirklich eine Überraschung. Fast genauso groß wie die, dass ich dich heiraten soll.“
„Ich weiß.“ Betreten blickte Lani zu Boden. Sollte sie sich dafür entschuldigen? Aber es war doch wirklich nicht ihre Schuld. Und vielleicht würde er sie missverstehen. Auch wenn er seinem Bruder nicht ähnlich sah, so konnte er doch den gleichen bösen Charakter haben. Und auf sie losgehen, wenn sie es nicht erwartete.
„Tut mir leid, ich hätte nicht davon anfangen sollen“, sagte er schnell, als er ihre Befangenheit bemerkte. „Es ist nur alles so unsinnig. Außerdem habe ich am Dienstag ein wichtiges Treffen mit einem Geldgeber in Los Angeles.“
Dann hatte er wirklich nicht vor, hierzubleiben und sie zu heiraten? Bei diesem Gedanken wurde Lani leichter ums Herz. Dass er sie nicht wollte, sollte sie eigentlich als Beleidigung auffassen. Aber sie war nur erleichtert. An die wahre Liebe glaubte sie sowieso nicht mehr, und die eine Ehe reichte ihr vollkommen.
Von der Terrasse aus hatte man einen atemberaubenden Blick über das bewaldete Haialia-Tal.
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